Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Voraussetzung der allgemeinen Interessenvertretung für die Annahme eines Berufsverbandes i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Besteht die Tätigkeit einer Körperschaft ausschließlich darin, alle ihr bekannt werdenden Fälle zu untersuchen, in denen Verstöße gegen die Provisionsabgabeverbote der Versicherungswirtschaft bekannt werden, und festzustellen, ob in den geprüften Fällen tatsächlich Verstöße vorliegen, handelt es sich nicht um einen steuerfreien Berufsverband i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

 

Normenkette

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.06.2003; Aktenzeichen I R 45/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein am 08.07.1971 gegründeter, nichtrechtsfähiger Verein.

Der Zweck der Vereinigung ergibt sich gemäß § 1 Abs. 1 der Satzung in der Fassung vom 23.10.1985 aus einem Abkommen der Versicherungsunternehmen zur Durchführung rechtlich begründeter Provisionsregelungen in der Fassung vom 11.10.1978, das Bestandteil der Satzung ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung kann der Klägerin jedes in der Bundesrepublik tätige Versicherungsunternehmen als Mitglied beitreten. 1993 waren 206 Versicherungsgesellschaften mit einem Marktanteil von zusammen 90% Mitglied der Klägerin.

Anlass für die Gründung der Klägerin war, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) auf der Grundlage des § 81 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) Erlasse und Verordnungen herausgegeben hatte, auf Grund deren es Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern verboten war, Versicherungsnehmern Sondervergütungen, also unmittelbare oder mittelbare Zuwendungen neben den Leistungen auf Grund des Versicherungsvertrages, insbesondere Provisionsabgaben, zu gewähren. Damit sollte verhindert werden, dass einzelne Versicherungsnehmer durch Gewährung von Sondervergütungen auf Kosten der übrigen bevorzugt werden. Die Belange der Versicherten sollten vor Gefahren aus einer übermäßigen Belastung der Versicherungsunternehmen mit Provisionskosten infolge Sondervergütungen an Einzelne geschützt und insoweit gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Wettbewerbern (Versicherungsunternehmen) geschaffen werden. Die Provisionsabgabeverbotsregelungen sollten somit grundlegende Belange der Gesamtheit der Versicherungsunternehmen und der Versicherungsnehmer schützen und insoweit eine grundlegende Funktion erfüllen.

Ein weiterer Anlass für die Gründung der Klägerin war die Tatsache, dass immer mehr Versicherungsvermittlungsunternehmen gegründet wurden. Diese wollten Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erzielen, waren aber keine selbstständigen Versicherungsvermittler, sondern Tochtergesellschaften von Unternehmen, die selbst Versicherungsschutz suchten. Sie waren also direkt mit bestimmten Versicherungsnehmern verbunden und wirkten praktisch als „Provisionsempfangsstellen”. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, den Provisionsabgaberegelungen gerade in diesen Fällen eine erhöhte Bedeutung beizumessen.

Das Abkommen wurde getroffen, um durch die Klägerin den gesamten Komplex der Provisionsabgabeverbotsregelungen behandeln zu lassen. Denn die Versicherungswirtschaft sah es als eine berufsständische Aufgabe an, selbst tätig zu werden, um befürchteten oder eingetretenen Missständen im Zusammenhang mit den Provisionsabgabeverboten entgegenzutreten. Dabei gaben die im Abkommen enthaltenen Bestimmungen lediglich die vom BAV aufgestellten Regelungen wieder.

In 1992 stellte die Klägerin einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 44 a Abs. 4 EStG für 1993.

Der Beklagte lehnte die Ausstellung dieser Bescheinigung mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nach dem Satzungszweck und der tatsächlichen Geschäftsführung nicht die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als Berufsverband gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

Die gegen diese Ablehnung gerichtete Klage (Az. 13 K 6584/93) hat der erkennende Senat durch Urteil vom 18.02.1999 als unbegründet abgewiesen, die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde wegen eines Vertretungsmangels als unzulässig verworfen.

Bereits während dieses Klageverfahrens erließ der Beklagte am 07.01.1994 einen Körperschaftsteuerbescheid für 1992 gegen die Klägerin. Der hiergegen eingelegte Einspruch ruhte im Einverständnis mit der Klägerin bis zum Abschluss des Klageverfahrens und wurde sodann durch Einspruchsentscheidung vom 04.04.2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin – wie bereits im früheren Klageverfahren – geltend macht, sie sei ein steuerbefreiter Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

Sie vertrete die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen der Versicherungswirtschaft, denn sie habe dafür zu sorgen, dass die Provisionsregeln zutreffend ausgelegt und angewendet würden.

Ihre Tätigkeit bestehe satzungsmäßig und tatsächlich ausschließlich darin, alle ihr bekannt werdenden Fälle zu untersuchen, in denen Verstöße gegen die Provisionsabgabeverbote bekannt würden, und fest...

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