Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifizierung der Einkünfte eines RA aus Konkurs-, Vergleichs- und Insolvenzverwaltertätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Es gehört zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Nimmt die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellte erfordert, so beruht sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und ist steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren.

2) Soweit der Gesetzgeber Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit insbesondere von gewerblichen Einkünften unterscheidet und an diese Unterscheidung ungleiche Rechtsfolgen knüpft, bewegt er sich im Bereich verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; GG Art. 3; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte eines Rechtsanwalts aus seiner Tätigkeit als Konkurs-, Vergleichs-, Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverwalter als der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte zu qualifizieren sind.

Der Kläger ist Rechtsanwalt in einer Sozietät. Daneben ist er seit 0000 als Konkurs-, Vergleichs-, Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverwalter tätig und hat weit mehr als … Insolvenzfälle bearbeitet. Weiterhin übt er eine beratende Tätigkeit im Handels- und Gesellschaftsrecht aus. […] Seit 0000 ist er zusätzlich Lehrbeauftragter an der … und wurde am 00.00.0000 zum Honorarprofessor ernannt.

Für seine Insolvenzverwaltertätigkeit unterhält der Kläger u.a. Büros in B, D, N und seit 0000 auch in E. Für die Gestellung von Personal, Räumlichkeiten und Material im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltungstätigkeit erhält die Sozietät Kostenumlagen durch den Kläger.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren folgende Netto-Einnahmen:

1998

1999

2000

Tätigkeit als Insolvenzverwalter

… DM

… DM

… DM

Tätigkeit als Rechtsanwalt

… DM

… DM

… DM

Insolvenzverfahren, die dem Kläger von den Amtsgerichten zugewiesen wurden

Davon eröffnet

Für die Erledigung seiner Aufgaben setzt der Kläger 11 Mitarbeiter der Sozietät, die anteilig mit Insolvenztätigkeiten beschäftigt sind, und weitere freie Mitarbeiter ein. Neun der festangestellten Mitarbeiter haben eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte oder Anwaltssekretärin, die Mitarbeiter sind hochqualifiziert und einige haben als Tätigkeitsschwerpunkt das Rechtsgebiet der Insolvenzverfahren. Zwei angestellte Rechtsanwälte werden zu 50 % bzw. 20 % mit Tätigkeiten in Insolvenzverfahren betraut. Zusätzlich werden sechs freie Mitarbeiter – die alle wie der Kläger die Qualifikation als Rechtsanwalt besitzen – beschäftigt, die die Insolvenzfälle in Abstimmung mit dem Kläger bearbeiten. Einige dieser freien Mitarbeiter wurden in die Sozietät aufgenommen und/oder üben nunmehr eigenständig als Rechtsanwälte eine Tätigkeit als Insolvenzverwalter aus. Im Jahr 1998 wurden ca. … DM an freier Mitarbeitervergütung im Rahmen der Insolvenzbearbeitung aufgewendet. Im Jahre 1999 belief sich der Betrag auf ca. … DM und im Jahre 2000 auf ca. … DM.

Die Einkünfte erklärte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Der Beklagte führte für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Insolvenzverwalter den gewerblichen Einkünften zuzuordnen seien und setzte mit Bescheiden vom 04.03.2005 erstmalig Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von … DM für 1998, … DM für 1999 und … DM für 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) fest.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 23.03.2005 Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Umqualifizierung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Einkünfte aus Gewerbebetrieb richtete.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 12.12.2001 (XI R 56/00, BStBl II 2002, 202) die Auffassung, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Insolvenzverwalter Einkünfte aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und nicht § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellten, mit der Folge, dass es sich um gewerbliche Einkünfte handele, wenn die erbrachten Leistungen nicht auf der persönlichen Arbeitsleistung des Verwalters beruhten. Letzteres sei beim Kläger aber der Fall. Der Kläger übe seine Tätigkeit überregional aus und werde aufgrund seiner langjährigen Erfahrung auch für schwierige und sehr umfangreiche, arbeitsintensive Verfahren namhafter Unternehmen von den Amtsgerichten als Verwalter bestellt. Zudem bediene er sich einer Vielzahl von hoch qualifizierten Mitarbeitern. Aus der Anzahl der für den Kläger im Bereich der Insolvenzverwaltung tätigen Mitarbeiter und dem Umstand, dass insbesondere die freiberuflichen Mitarbeiter ebenfalls über die Qualifikation als Rechtsanwalt verfügten und, teilweise im Anschluss an ihre Tätigke...

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