Entscheidungsstichwort (Thema)

Neubegründung der doppelten Haushaltsführung bei Unterbrechung der Auswärtstätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine doppelte Haushaltsführung wird nicht nur dann neu begründet, wenn aufgrund der Aufnahme einer neuen Auswärtstätigkeit erstmals eine Wohnung am Beschäftigungsort bewohnt wird, sondern auch dann, wenn die doppelte Haushaltsführung längere Zeit unterbrochen worden ist und wieder am selben Ort begründet wird.

2) Dabei ist es unbeachtlich, dass der Steuerpflichtige wusste, dass er wieder im selben Tätigkeitsort eingesetzt sein wird, wenn es wirtschaftlich geboten und sinnvoll war, die bisherige doppelte Haushaltsführung zu beenden

3) Die Beendigung der bisherigen doppelten Haushaltsführung durch tatsächliche Aufgabe der Wohnung ist wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Unterbrechung 10 Monate dauern soll.

4) Dieses gilt auch, wenn der Steuerpflichtige die in seinem Eigentum stehende Wohnung während der Dauer von 10 Monaten nicht verkauft oder vermietet.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 Sätze 2, 5, 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.07.2010; Aktenzeichen VI R 15/09)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Dauer der ersten 3 Monate einer im Streitjahr 2006 unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zustehen.

Die Kläger sind verheiratet, wohnen in L und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; sie bezogen Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR.

Der Kläger ist seit 00.00.0000 als wissenschaftlicher Assistent bei der N-Gesellschaft nichtselbständig tätig. Er ist seit 00.00.0000 vom Arbeitgeber nach T an das Forschungsinstitut … abgeordnet.

Im Zeitraum 00.00.0000 bis 00.00.0000 hielt der Kläger auf der Basis unbezahlter Lehraufträge an der Hochschule … in T Lehrveranstaltungen und Prüfungen ab, die nicht zu seinen vertraglichen Verpflichtungen bei der N-Gesellschaft und dem Forschungsinstitut gehören. Während dieser Zeit führte er in T einen – vom Beklagten anerkannten – doppelten Haushalt. Seit … 0000 bewohnte der Kläger in T, P-Str. eine vom ihm gekaufte Eigentumswohnung.

Mit Schreiben vom 31.8.2005 beauftragte die Universität U den Kläger mit der Vertretung einer Professur für … im Zeitraum 1.10.2005 bis 31.7.2006. Das Forschungsinstitut … bei der Hochschule in T beurlaubte den Kläger mit Schreiben vom 1.6.2005 für den genannten Zeitraum und stimmte zugleich der Verlängerung der Beschäftigungszeit am Institut in T bis zum 28.2.2008 zu.

Während der Zeit in U hatte der Kläger dort zunächst ein Studio und sodann eine kleine Wohnung in der Studentenwohnanlage angemietet.

Unstreitig stand die Eigentumswohnung in T während der Tätigkeit des Klägers in U leer.

Die Arbeitsstelle des Klägers ist seit 1.8.2006 wieder bei dem Forschungsinstitut … in T. Er ist dort an die Arbeitszeiten des TVÖD gebunden (39 Stunden pro Woche) und hat eine normale Fünftageswoche.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 machte der Kläger u.a. als Werbungskosten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend, und zwar neben Familienheimfahrten und Kosten für die Eigentumswohnung auch Verpflegungsmehraufwand für 92 Tage zu je 24 EUR, also insgesamt von 2.208 EUR.

Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 30.11.2007 berücksichtigte der Beklagte keinerlei Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung. Er begründete dies im Bescheid damit, dass der Kläger ein Erörterungsschreiben vom 27.8.2007 unbeantwortet gelassen hatte. Darin hatte der Beklagte u. a. um eine Aufstellung über tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrten unter Angabe von Datum und Uhrzeit der jeweiligen Hin- und Rückfahrt gebeten sowie seine Auffassung dargelegt, dass die Mehraufwendungen für Verpflegung nicht anerkannt werden könnten, da der Kläger die Wohnung in T bereits seit 2004 selbst nutze.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie u. a. auch die Mehraufwendungen für Verpflegung weiter geltend machten.

Dazu führte der Kläger aus, er mache den Verpflegungsmehraufwand für die ersten 3 Monate der doppelten Haushaltsführung in T ab dem 1.8.2006 geltend. Da es sich bei der Wohnung dort um eine Eigentumswohnung handele, sei es nachvollziehbar, dass er diese nicht wegen seiner Gastprofessur in U und der damit verbundenen Verlegung der doppelten Haushaltsführung verkauft habe. Durch die Unterbrechung und Neubegründung der doppelten Haushaltsführung in T beginne die Dreimonatsfrist für die Gewährung der Mehraufwendungen für Verpflegung erneut zu laufen.

Während der Tätigkeit in U habe er – der Kläger – die Wohnung in T weder benutzt noch aufgesucht. Seine gesamten persönlichen Dinge sowie sämtliche Arbeitsmaterialien (Fachliteratur etc.) habe er dorthin verbracht. Die Wohnung in T habe er somit nach seinem Verständnis aufgelöst und aufgegeben. Das Beibehalten des Eigentums daran bedeute nicht, dass die Wohnung aus steuerrechtlicher Sicht beibeha...

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