Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung eines arbeitsunfähig erkrankten Kindes bei fehlender Meldung als arbeitssuchend

 

Leitsatz (redaktionell)

Für eine Berücksichtigung als arbeitssuchend i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG bleibt die Meldung als Arbeitssuchender auch dann Voraussetzung für eine Berücksichtigung, wenn das Kind aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.10.2017; Aktenzeichen V R 17/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Kindergeldanspruch für das am ….07.1991 geborene Kind L für den Zeitraum April 2010 bis Juli 2011.

L begann am 01.08.2009 eine Berufsausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Die Ausbildung wurde mit Aufhebungsvertrag vom …11.2009 zum 30.11.2009 beendet. In der Folge begann L am 01.12.2009 eine Berufsausbildung zum … im Betrieb seines Vaters. Dieses Ausbildungsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom …03.2010 zum 02.03.2010 beendet. Eine am 01.08.2011 begonnene Ausbildung zum Maler wurde ebenfalls mit Aufhebungsvertrag vom ….05.2012 zum 31.05.2012 beendet. Zum 01.06.2012 begann L eine erneute Ausbildung zum Maler und Lackierer.

Mit Schreiben vom 16.01.2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, unter anderem für April 2010 bis Juli 2011 Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ein Kindergeldanspruch ergäbe. Da darauf keine Reaktion erfolgte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 18.04.2013 für den Zeitraum April 2010 bis Juli 2011 die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld i.H.v. 3.040 € an.

Da auch hierauf keine Reaktion seitens des Klägers erfolgte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 20.09.2013 die Festsetzung des Kindergeldes für L gemäß § 70 Abs. 2 EStG ab April 2010 auf und forderte das für den Zeitraum von April 2010 bis Juli 2011 gezahlte Kindergeld i.H.v. 3.040 € zurück.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und legte die Ausbildungs- und Aufhebungsverträge zu den oben genannten Ausbildungsverhältnissen vor.

Mit Einspruchsentscheidung vom 03.02.2014 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines volljährigen Kindes hätten im Streitzeitraum nicht vorgelegen bzw. seien nicht nachgewiesen worden.

Hiergegen hat der Kläger am 03.03.2014 Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Er, der Kläger, und das Kind L hätten sich aufgrund eines plötzlichen Todesfalls innerhalb des engsten Familienkreises in einer besonderen Ausnahmesituation befunden. Dieses Ereignis habe beide traumatisiert und bei L dazu geführt, dass er in der Zeit vom 09.06.2010 bis 19.08.2010 in stationärer und vom 01.09.2010 bis 23.11.2010 in teilstationärer Behandlung im … Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik gewesen sei.

Eine entsprechende Bescheinigung der Klinik vom 21.02.2014 sowie ein Attest der Ärztin … vom ….02.2014 über eine festgestellte mittelgradige depressive Episode reichte der Kläger zur Gerichtsakte (Bl. 32 f.). Hierauf wird Bezug genommen.

Infolge dieser Umstände sei L weder in der Lage gewesen sich bei einer Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden noch ein Ausbildungsverhältnis oder eine sonstige Arbeitsstelle anzutreten oder fortzusetzen.

Nach der Dienstanweisung für die Familienkasse sei unter DA 63.3.1 Abs. 4 S. 1 geregelt, dass eine Berücksichtigung als Kind nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auch möglich sei, wenn das Kind wegen Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitssuchend gemeldet sei. Dies sei durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, was klägerseits erfolgt sei.

Zudem mache die Meldung als arbeitssuchend bei einer Agentur für Arbeit dann keinen Sinn, wenn das Kind zum einen krankheitsbedingt nicht in der Lage sei sich arbeitssuchend zu melden und zum anderen bei einer Meldung als arbeitssuchend krankheitsbedingt nicht in der Lage sei ein Ausbildungsverhältnis oder ein anderweitiges Arbeitsverhältnis einzugehen. § 32 Absatz 4 S. 1 Nr. 1 EStG sei daher teleologisch dahingehend auszulegen, dass es im andauernden Krankheitsfall für die Gewährung des Kindergeldes nicht auf die Meldung bei der Agentur für Arbeit ankommen könne.

Der vorliegende Sachverhalt sei, wenn man den Zustand des Kindes nicht bereits als Behinderung ansehen sollte, jedenfalls einer solchen sehr nahe, so dass auch ein Anspruch nach 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG vorliege.

Eine Änderung der Verhältnisse, die für die Aufhebung gemäß § 70 Abs. 2 EStG notwendig sei, habe es de facto nicht gegeben.

Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung verstießen mithin gegen die auch im Bereich der staatlichen Fürsorge geltenden Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 20.09.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.02.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen mit der Maßgabe, dass für den Monat Juli 2011 Kindergeld zu gewähren ist.

Das Kind L habe sich im Zeitraum April 2010 bis...

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