Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos fortlaufender Rechnungsnummern bei § 4 Abs. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht keine Pflicht zur Vergabe numerisch fortlaufender und systembedingt und damit „nachprüfbarer” Rechnungsnummern. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus dem Vollständigkeitsgebot des § 146 AO noch aus den bestehenden umsatzsteuerlichen Pflichten (§§ 22, 14 UStG).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3; AO § 146; UStG §§ 14, 22; UStDV § 63; AO § 162

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2011 und 2013 über Hinzuschätzungen nach einer steuerlichen Außenprüfung. Zwischen ihnen ist im Kern streitig, ob die Buchführung formell und sachlich ordnungsgemäß ist, insbesondere ob Ausgangsrechnungen eine ordnungsgemäße (fortlaufende) Rechnungsnummer enthalten.

Der einzeln zur Einkommensteuer veranlagte Kläger betrieb in den Streitjahren das Unternehmen „P”, dessen Gegenstand die Durchführung von T, T1 u.ä. war. Das Unternehmen stellte in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb nach § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar, dessen Gewinne der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte und ermitteln durfte. Daneben wurde ein – hier nicht im Streit stehender – Internet-Versandhandel betrieben.

Die vom Kläger angebotenen Veranstaltungen wurden überwiegend auf der Website www.….com beworben, dort konnten auch Buchungen vorgenommen werden. Nach der Buchung wurde eine automatisiert erzeuge „Buchungsbestätigung und Rechnung” an den Kunden erstellt und versandt. Die erstellten Rechnungen weisen neben Bankverbindungen, Kontakt- und Steuerdaten (sowohl Steuernummer wie auch UStID-Nummer), Reisedaten und -preise auch eine „Buchungsnummer” aus. Die Buchungsnummer (beispielhaft siehe Rechnungsexemplar in der Rechtsbehelfsakte: „…”) war zusammengesetzt aus einer Veranstaltungsnummer (im Beispiel: „…”) und einer weiteren Ziffernkombination (im Beispiel: „…”). Letztere Ziffernkombination war – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – zwar eine eindeutig und einmalig vergebene Nummer, jedoch bezogen auf die vorhergehende Rechnung keine fortlaufende (numerisch um 1 oder eine andere feste Zahl erhöhte) Zahlenangabe. Die Nummer wurde vielmehr computergestützt durch eine Kombination aus Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt. Hierdurch bauen die Buchungsnummern nicht aufeinander auf. Auch besteht – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – kein anderes System mit einer fortlaufenden Nummerierung. Eine in der Buchführung angegebene „Vorgangsnummer” basiert auf Bankdaten im Onlinebanking und ist ebenso unstreitig nicht lückenlos fortlaufend. Eine anderweite lückenlose numerische Rechnungsnummer wurde vom Kläger nicht gesondert vergeben.

Die Rechnungsbeträge wurden vom Kläger ganz überwiegend über die benannten Girokonten vereinnahmt; unter 2 % des Gesamtumsatzes werden in bar vereinnahmt. Für in bar vereinnahmte Beträge erteilte der Kläger Quittungen (vgl. beispielhaft Kopie in Register 14 der Bp-Handakten), in welchem der Name des Reisenden, die Nummer der Reise (z.B. …) sowie die bezahlten Beträge unter Datumsangabe mit Unterschrift des Kläger bestätigt wurden.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2013 wurde der Kläger (ohne Vorbehalt der Nachprüfung) antragsgemäß bzgl. des Unternehmens „T2” mit einem Gewinn von 140.472 € zur Einkommensteuer 2011 veranlagt. Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 wurde er (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der AbgabenordnungAO –) mit einem Gewinn von 27.642 € zur Einkommensteuer 2013 veranlagt.

Im Jahre 2015 führte der Beklagte beim Kläger eine steuerliche Betriebsprüfung – Bp – bezüglich der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer der Jahre 2011 bis 2013 durch. Hierbei sichtete die Betriebsprüfung – neben anderen unstreitigen Prüfungsfeststellungen – auch die Rechnungen sowie die auf den Erlöskonten verbuchten Beträge. Konkrete Anhaltspunkte für nicht erfasste Einnahmen stellte die Betriebsprüfung nicht fest. Verprobungsrechnungen (z.B. Geldverkehrsrechnung oder Vermögenszuwachsrechnung) wurden nicht durchgeführt. Konkrete Einzelfälle einer Nichterfassung oder fehlerhaften Erfassung von Ausgangsrechnung sind von der Bp nicht benannt worden und nach Lage der Akten nicht ersichtlich.

Aufgrund der bloßen Angabe von Buchungsnummern auf den Rechnungen bei gleichzeitigem Fehlen eines lückenlosen numerischen Systems von Rechnungsnummern vertrat die Bp die Auffassung, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei und dieser auch sachlich schwerwiegende Fehler eine Hinzuschätzung rechtfertige. Auch bei einer Gewinnermittlung durch Überschussrechnung setze das Gesetz eine Einzelaufzeichnung der Einnahmen voraus. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdiene die Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in entsprechender Anwendung von § 158 AO das Vertrauen. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gälten auch die Aufzeichnungspflichten nach § 22 des UmsatzsteuergesetzesU...

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