rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

"Arbeitslosigkeit" des Kindes im Sinne von § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG und "Übergangszeit" zwischen Schulausbildung und Zivildienst im Sinne von § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b EStG in der ab 2002 geltenden Fassung begünstigt eine Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen Schulausbildung und Zivildienst. Wird der Zeitraum überschritten, so entfällt der Kindergeldanspruch auch für die Zeit von 4 Monaten.

2) Gegen die Beschränkung der Begünstigung bestehen auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Kind nicht mit einem Überschreiten der Übergangszeit von 4 Monaten rechnen musste.

3) Eine Analogie zu dem Fall, dass ein Kind mangels Ausbildungsplatzes eine Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c EStG), kommt mangels einer Gesetzeslücke nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Nrn. 1, 2 Buchst. b, c, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.08.2004; Aktenzeichen VIII R 101/03)

BFH (Urteil vom 24.08.2004; Aktenzeichen VIII R 101/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin das an sie für die Monate Februar und März 2003 gezahlte Kindergeld zurückzahlen muss.

Der im März 1983 geborene Sohn (S) der Klägerin hat am 31. Januar 2003 seine Schulausbildung mit der Fachhochschulreife abgeschlossen. Er ist anerkannter Kriegsdienstverweigerer. S bewarb sich bei verschiedenen Stellen um eine Zivildienststelle. Er erhielt Zusagen für die Zeit ab Juli bzw. August 2003. Das evangelische Krankenhaus in A-Stadt bestätigte ihm mit Bescheinigung vom

17. März 2003, ihn bereits ab Mai 2003 einsetzen zu können. Da die Klägerin somit von einer Übergangszeit von weniger als vier Monaten ausging, war sie der Meinung, das Kindergeld für die Monate Februar bis einschließlich April 2003 könne ohne weiteres weitergezahlt werden.

Mit Bescheinigung des Bundesamts für den Zivildienst vom 3. April 2003 wurde S aus Gründen der Kontingentierung erst für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis zum 30. April 2004 zum Zivildienst im evangelischen Krankenhaus A-Stadt einberufen. Dies war für die Klägerin nicht vorhersehbar. Daraufhin teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass S seine Schulausbildung im Januar 2003 beendet habe und im Juli 2003 seinen Zivildienst aufnehmen werde. Anschließend meldete sich S am 29. April 2003 beim Beklagten arbeitslos. Mit einem am 9. Mai 2003 beim Beklagten eingegangenen Antrag beantragte die Klägerin – erneut – Kindergeld (§ 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG; Kindergeld-Akte, Bl 214).

Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 wurde die Kindergeldfestsetzung für die Monate Februar und März 2003 aufgehoben, weil S seine Schulausbildung im Januar 2003 beendet, sich aber erst im April 2003 arbeitslos gemeldet habe. Gleichzeitig wurde die Klägerin zur Erstattung des nach Ansicht des Beklagten für diese Monate überzahlten Kindergelds von 308 EUR aufgefordert.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2003 aus: S habe die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG in den Monaten Februar und März 2003 nicht erfüllt. Er sei in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet gewesen und habe sich auch nicht in Ausbildung befunden. Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b EStG hätten in diesen Monaten nicht vorgelegen, weil die Übergangszeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung im Januar 2003 und der Aufnahme des Zivildienstes im Juli 2003 mehr als vier Monate betragen habe.

Die Klägerin macht geltend, der Anspruch auf Kindergeld für die Monate Februar und März ergebe sich aus § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG. Danach sei ein Kind auch dann zu berücksichtigen, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen könne. Diese Vorschrift sei entsprechend anzuwenden, wenn das Kind seine Berufsausbildung wegen eines bevorstehenden Zivildienstes nicht beginnen oder fortsetzen könne. So habe die Verwaltung auch im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der bis Ende 2001 gültigen Fassung eine Gleichstellung mit Übergangszeiten vor und nach Ableistung des Wehr-/Zivildienstes von bis zu vier Monaten befürwortet. Denn die Leistungsfähigkeit der Eltern sei in der Übergangszeit zwischen der Schulausbildung und dem Zivildienst/Wehrdienst genau so eingeschränkt sei, wie bei der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Aus eben dieser Erwägungen heraus sei eine Gleichstellung des Zivildienstes mit einem Ausbildungsabschnitt auch im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG geboten (Hinweis auf FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. August 2002 1 K 1365/02, EFG 2003, 47).

Die Klägerin beantragt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 28. Mai 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2003 aufzuheben, hilfsweise die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt, das Verfahren zum Ruhen zu bringen, hilfsweise die Klage abzuweisen, äu...

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