Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahmefehler als offenbare Unrichtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Übernimmt der Veranlagungsbeamte einen in dem Außenprüfungsbericht enthaltenen Fehler, der als offenbare Unrichtigkeit zu beurteilen ist, so macht er sich diesen Fehler zu eigen, mit der Folge, dass der Bescheid, in den der Fehler eingeht, in der gleichen Weise nach §129 AO berichtigt werden kann, als ob der Veranlagungsbeamte den Fehler selbst begangen hätte.

 

Normenkette

KStG § 27; AO § 129

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bestandskräftige Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2006 mit der Maßgabe geändert werden kann, dass das steuerliche Einlagekonto mit einem Betrag von 5.625.000 Euro festgestellt wird.

Die Klägerin ist eine GmbH, die über ein Stammkapital von 25.000 Euro verfügt. Ihr Unternehmensgegenstand war im Streitjahr der Verkauf und Vertrieb von Gebraucht- und Neukraftfahrzeugen sowie von Kraftfahrzeugzubehör und -ersatzteilen, die Erbringung von Serviceleistungen im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen, insbesondere im Rahmen der Reparatur bzw. Unterhaltung von Kraftfahrzeugen, sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte.

Im Rahmen eines sog. „Asset Deals” mit englischsprachigem Vertrag vom 21./22. Dezember 2005 verpflichtete sich die damalige Verkäuferin „A Auto B GmbH” (A-GmbH) einen Betrag in Höhe von 5.625.000 Euro in die Kapitalrücklage der Klägerin einzustellen. Diese Verpflichtung wurde zum einen durch eine Barzahlung der A-GmbH vom 16. Januar 2006 (3.570.000 Euro) und zum anderen mittels der Verrechnung einer Kaufpreisforderung gegenüber der Klägerin (2.055.000 Euro) unstreitig im Jahr 2006 erbracht.

Demzufolge wiesen die geprüften und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehenen handelsrechtlichen Jahresabschlüsse der Klägerin, die der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt wurden, für die Geschäftsjahre 2006 bis einschließlich 2008 jeweils eine Kapitalrücklage über 5.625.000 Euro aus.

Die Klägerin reichte für das Streitjahr u.a. eine Erklärung zur gesonderten Feststellung i.S. der §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2006 ein. In der Zeile „Steuerliches Einlagekonto” erklärte sie einen Betrag von null. Der zugleich vorgelegte Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2006 und des Lageberichts der Klägerin (Prüfungsbericht 2006) berücksichtigte bei der Darstellung der Entwicklung des Zahlungsmittelbestandes die „Einzahlung in die Kapitalrücklage” in Höhe von 5.625.000 Euro als Mittelzufluss (vgl. Ziffer 5.3 –Finanzlage–des Prüfungsberichts 2006, „Cash-Flow aus Finanzierungstätigkeit”).

Mit Bescheid vom 22. Januar 2008 stellte der Beklagte das steuerliche Einlagekonto erklärungsgemäß fest und wies das steuerliche Einlagekonto ebenfalls mit null aus. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–). Zu diesem Zeitpunkt lag dem Beklagten der „Asset Deal”-Vertrag vor.

Mit Absetzungsverfügung vom 17. Februar 2009 teilte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C (FA GKBp.) dem Beklagten mit, dass die Klägerin aufgrund der Prüfungsvorbereitung für die Jahre 2005 und 2006 nicht prüfungsbedürftig sei, weil nur Anlaufverluste vorlägen. Nach der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung lasse sich keine Prüfungsbedürftigkeit erkennen. Daraufhin hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 6. März 2009 gemäß § 164 Abs. 3 AO auf.

Am 23. September 2009 beantragte die Klägerin die Korrektur der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 KStG dergestalt, dass das steuerliche Einlagekonto auf 5.625.000 Euro heraufgesetzt werden sollte. Sie fügte dem Schreiben u.a. einen Nachweis über die Bareinzahlung bei. Mit Bescheid vom 29. September 2009 lehnte der Beklagte die Änderung ab. Wegen der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sei eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO nicht möglich. § 173 AO scheide ebenfalls aus. Die Feststellungen seien antragsgemäß erfolgt. Der Bescheid zum 31. Dezember 2006 stelle für die Folgejahre einen Grundlagenbescheid dar, so dass auch keine Änderungen der Folgejahre erfolgen könne.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und verwies auf die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO. Der Ausweis der Kapitalrücklage deute auf einen entsprechenden Bestand des steuerlichen Einlagekontos. Dem Beklagten hätten die Verträge vorgelegen, aus denen sich die Einstellung in die Kapitalrücklage ergebe. Es liege ein offensichtliches Versehen bei der Erstellung der Feststellungserklärung vor, welches durch Übernahme seitens des Beklagten zu einem offenbaren Übernahmefehler führe. Ferner verwies die Klägerin auf das BFH-Urteil vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946. Bei der Kapitalrücklage in Höhe von 5.625.000 Euro handele es sich um eine Rücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgese...

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