Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldzinsen als Anschaffungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Schuldzinsen, die für einen Zeitraum vor Fälligkeit des Kaufpreises für den Erwerb eines Grundstücks geschuldet und gezahlt werden, sind Anschaffungskosten des Grundstücks und keine Finanzierungskosten.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, 1 Sätze 3, 3 Nrn. 1, 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.07.2004; Aktenzeichen IX R 32/01)

 

Tatbestand

Strittig ist die Abzugsfähigkeit von Zinsen, die vertraglich vereinbart und zu zahlen waren für den Zeitraum zwischen Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren eines Grundstücks bis zur Fälligkeit des Kaufpreises.

Die Kläger sind die Gesellschafter der im Oktober 1991 gegründeten … GbR, einer Verlustzuweisungsgesellschaft. Das Gesellschaftskapital beträgt 5,7 Mio. DM. Die Klägerin zu 5. hält ihre Beteiligung treuhänderisch für 17 Treugeber. Der Sitz der Geschäftsleitung der GbR befindet sich in …, im Zuständigkeitsbereich des Beklagten (Finanzamt –FA–).

Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb eines Grundstücks in …, dessen Bebauung mit einem Einkaufszentrum, sowie die Vermietung an gewerbliche Mieter.

Zu diesem Zweck erwarb die Gesellschaft mit Vertrag vom 04.10.1991 von der … GmbH das Grundstück … Straße in … nebst Aufbauten zu einem Kaufpreis von 4,3 Mio. DM. Bei den Aufbauten handelte es sich um Gebäude im Zustand der Bebauung. Diese Gebäude wurden erst zum 01.04.1992 bezugsfertig; Mieterträge wurden ab dem 16.04.1992 erzielt. Der Gesamtherstellungs- bzw. -anschaffungsaufwand betrug ca. 10,5 Mio. DM.

Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren des erworbenen Grundstücks gingen nach § 3 Ziff. 1 a des not. Kaufvertrages zum 01.11.1991 auf die GbR als Erwerberin über. Der Kaufpreis von 4,3 Mio. DM war jedoch später fällig, nämlich nach § 2 Ziff. 3 des Kaufvertrages frühestens binnen 5 Bankarbeitstagen ab Zugang der schriftlichen Mitteilung des Notars über die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (u.a. Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch, Vorliegen von Löschungsbewilligungen der Grundpfandrechtsgläubiger, von Bestätigungen der zuständigen Gemeinde über die Nichtausübung von Vorkaufsrechten sowie Vorliegen von Genehmigungen nach dem Grundstücksverkehrsgesetzes etc.). Nach einer schriftlichen Auskunft des beurkundenden Notars wurde der Kaufpreis danach erst mit Schreiben vom 16.12.1991 fällig gestellt und von der GbR am 27.12.1991 (1,8 Mio. DM) bzw. am 31.12.1991 (Restbetrag 2,5 Mio. DM) entrichtet.

Nach § 2 Ziff. 4 des Kaufvertrages hatte die GbR als Erwerberin an die Veräußerin auf den Kaufpreis von 4,3 Mio. DM jedoch bereits ab dem 01.11.1991 Zinsen zu zahlen, unabhängig von der tatsächlichen Fälligkeit des Kaufpreises. Der Zinssatz richtete sich nach dem Zinssatz, den die Veräußerin ihrerseits ihrem finanzierenden Kreditinstitut schuldete.

Demgemäß stellte die Veräußerin der GbR folgende Zinsen in Rechnung:

Für den Zeitraum

vom 01.11.1991 – 27.12.1991: 12 % von 1,8 Mio. DM

= 34.200,– DM

vom 01.11.1991 – 31.12.1991: 12 % von 2,5 Mio. DM

=50.000,– DM

Summe

84.200,– DM

Die GbR entrichtete die Zinsen mit 60.000,– DM im Jahre 1991 und mit 24.200,– DM im Jahre 1992 und zog die Beträge bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1991 und 1992 nach Maßgabe des Abflusses als Werbungskosten ab.

Dem folgte der Beklagte nach einer Betriebsprüfung durch das FA … (Beginn 03.11.1993; Bericht vom 20.04.1994) nicht. Er vertrat vielmehr die Auffassung, bei den strittigen Zinsen handele es sich nur insoweit um Werbungskosten, als sie auf den Zeitraum seit der Fälligkeit des Kaufpreises entfallen. Da das Schreiben des beurkundenden Notars vom 16.12.1991 vermutlich am 17.12.1991 bei der GbR einging, sei der Kaufpreis erst am 22.12.1991 (5 Tage später) fällig geworden. Dementsprechend errechnete er die Werbungskosten für das Jahr 1991 wie folgt:

Zinsen für den Zeitraum

vom 22.12.1991 – 27.12.1991: 12 % von 1,8 Mio. DM

= 3.600,– DM

vom 22.12.1991 – 31.12.1991: 12 % von 2,5 Mio. DM

=8.333,– DM

Summe = Werbungskosten 1991

11.933,– DM

Für das Jahr 1992 entfalle somit ein Werbungskostenabzug. Der Restbetrag von 72.267,– DM erhöhe als Anschaffungskosten die AfA-Bemessungsgrundlage.

Zur Begründung bezog sich das FA auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Februar 1981 VIII R 95/80, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1981, 466. Danach lägen eigene Finanzierungskosten des Erwerbers nur dann vor, wenn dieser unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Schuldner der entsprechenden Zinsen sei. Der Erwerber sei aber nur dann wirtschaftlicher Schuldner, wenn die Kosten in einem sachlichen Zusammenhang mit der Beschaffung der für einefällige Zahlung erforderlichen Mittel stünden. Bei Anfall der Finanzierungskosten müsse dem Erwerber eine bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Zahlung der Hauptschuld obliegen. Bei der Finanzierung eines Kaufpreises sei also die Fälligkeit desselben erforderlich. Vor der Fälligkeit des Kaufpreises bestehe für den Erwerber weder eine bürgerlich-rechtliche noch eine wirtschaftli...

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