Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Prämien für Protection & Indemnity-Versicherungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ist der Sondertatbestand des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG bei einer „Haftpflichtversicherung für den Betrieb eines Seeschiffs” mangels Registereintragung der Schiffe in Deutschland nicht erfüllt, kann gleichwohl eine Steuerpflicht nach den Grundtatbestand des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG gegeben sein.

2) Mangels gemeinschaftsrechtlicher Regelungen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in zwei EU-Mitgliedstaaten wäre eine eintretende Mehrfacherfassung außerhalb der Regularien zur Versicherungsteuer aufzulösen.

 

Normenkette

VersStG § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.11.2020; Aktenzeichen V R 41/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob von der Klägerin an Kunden vermittelte Versicherungen im Zusammenhang mit Seeschiffen der Versicherungsteuerpflicht in Deutschland unterliegen, und hierbei konkret darum, unter welchen Voraussetzungen auf den Grundtatbestand nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG zurückgegriffen werden kann, wenn die Voraussetzungen des Sondertatbestandes nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG nicht erfüllt sind.

Die Klägerin ist als Versicherungsmakler tätig und vermittelt und betreut insbesondere eine Vielzahl von für Seeschiffe bestehende Protection & Indemnity-Versicherungen (P&I-Versicherungen) verschiedener Versicherer. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Haftpflichtversicherungen für den Betrieb von Seeschiffen. Vor diesem Hintergrund betreut die Klägerin Schiffseigentumsgesellschaften, die bei dem in Y ansässigen Versicherer R (nachfolgend: R) P&I Versicherungen abgeschlossen haben und für die sie, die Klägerin, die entsprechenden Versicherungsprämien für R einzieht.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Versicherungsteuer-Außenprüfung teilte der Beklagte mit, dass er aufgrund der mit dem Verkehrsteueränderungsgesetz 2012 erfolgten Gesetzesänderung in § 1 Abs. 2 VersStG hinsichtlich der aufgrund der bei R abgeschlossenen Versicherungen und der daraufhin durch die Klägerin vereinnahmten Versicherungsprämien von einer Versicherungsteuerpflicht ausgeht. Hinsichtlich dieser Versicherungen, die ausschließlich für in Schiffsregister außerhalb der EU bzw. des EWR (Drittland) eingetragene Schiffsgesellschaften abgeschlossen wurden, sei nicht § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG, sondern § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG einschlägig, sofern der Versicherungsnehmer im Inland einen Sitz unterhalte.

Vor diesem Hintergrund gab die Klägerin für den Streitzeitraum Februar 2014 am 13. März 2014, nachdem R der Klägerin die in diesem Anmeldungszeitraum fällig gewordenen Versicherungsprämien für P&I Versicherungen mitgeteilt hatte, eine entsprechende Versicherungsteueranmeldung über einen Versicherungsteuerbetrag von insgesamt … € (Bl. 37 der Gerichtsakte – GA –) beim Beklagten ab. Darin war ein Versicherungsteuerbetrag in Höhe von insgesamt … € enthalten, der sich auf P&I-Versicherungen für die nachfolgend genannten Schiffsgesellschaften bezog und wie folgt zusammensetzte:

Eigentumsgesellschaft

Schiff

Versicherungsteuerbetrag

A Shipping Corporation

A

… €

SP B Tanker Corporation

SP B

… €

SP C Tanker Corporation

SP C

… €

SP D Tanker Corporation

SP D

… €

SP E Tanker Corporation

SP E

… €

SP Fe Shipping Corporation

SP Fe

… €

SP G Shipping Corporation

SP G

… €

SP H Shipping Corporation

SP H

… €

SP I Shipping Corporation

SP I

… €

SP J Tanker Corporation

SP J

… €

SP K Tanker Corporation

SP K

… €

SP L Tanker Corporation

SP L

… €

SP O Shipping Company Limited

M

… €

P INC

N

… €

Die vorgenannten Schiffe werden durch die W GmbH als Vertragsreeder betreut. Die Schiffe sind in keinem deutschen Schiffsregister, sondern ausschließlich im Schiffsregister der Marschallinseln eingetragen. Seitens der Schiffsgesellschaften ist die Klägerin, die auch die Prämien für die abgeschlossenen Versicherungen einzieht, zur Anmeldung und Abführung der Versicherungsteuer bevollmächtigt worden.

Bezüglich dieser Versicherungen legte die Klägerin mit der Klagebegründung exemplarisch die Versicherungsscheine (certificates of entry) für drei der benannten Schiffe vor (vgl. Bl. 25 ff. der GA). Darin ist unter der Bezeichnung „Member” neben der jeweiligen Schiffsgesellschaft „Registered Owner”) auch die W GmbH „Manager”) benannt. Unter der Bezeichnung „Co-Assured” sind weitere, teilweise auch in Deutschland ansässige Gesellschaften als Bareboat Charterer, Beneficiary Owners, Crewing Manager, Operator, Commercial Manager und Technical Manager benannt.

Nach Punkt 45.1 „Joint members, Co-assureds, Affiliates and fleet entries” der Versicherungsbedingungen „Rules”) des Versicherers R haften alle in den Versicherungsscheinen (certificates of entry) aufgelisteten Personen gemeinsam und getrennt hinsichtlich sämtlicher Prämien, Zahlungsaufforderungen und anderer an den Schiffsverband hinsichtlich des beigetretenen Schiffes fälligen Beträge.

Hinsichtlich gleich oder ähnlich gelager...

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