Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung von Nachlassverbindlichkeiten, Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten des Erblassers, um deren Bestehen am Stichtag ein Rechtsstreit geführt wird, sind nachträglich wertbeeinflussende Umstände wie z.B. eine spätere Vergleichsregelung zu berücksichtigen.

2.) Eine Vorfälligkeitsentschädigung, die infolge vorzeitiger Ablösung eines Nachlasskredits durch die Erben zu zahlen ist, kann nicht als sonstige Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG berücksichtigt werden, wenn nicht feststellbar ist, dass die vorzeitige Kreditablösung dem erkennbaren oder zumindest mutmaßlichen Erblasserwillen entsprochen hat.

 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 5 Nrn. 3, 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen als Nachlassverbindlichkeiten streitig.

Der Kläger war aufgrund privatschriftlichen Testaments seines Vaters, des Erblassers, vom 00.00.0000 neben seinem Bruder zum hälftigen Erben eingesetzt worden. Der Erblasser verstarb am 00.00.0000.

In seinem Testament hatte der Erblasser verfügt, dass neben der Erbeinsetzung der Söhne zu je ½ die Ehefrau des Erblassers zwei Grundstücke als Vermächtnis erhalten sollte.

Das restliche Vermögen, zu dem mehrere Grundstücke gehörten, sollten seine beiden Söhne, somit auch der Kläger, je zur Hälfte erhalten. Die Söhne sollten des weiteren auch alle Schulden des Erblassers übernehmen. Dabei handelte es sich in überwiegendem Umfang um Hypotheken, die auf dem Grundbesitz des Erblassers eingetragen waren.

Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid vom 28. Dezember 2005 wurde der Kläger zunächst zu einer Erbschaftsteuer in Höhe von 292.315 EUR herangezogen. Aufgrund mehrerer durchgeführter Grundbesitzwertfeststellungen änderte der Beklagte den Erbschaftsteuerbescheid am 24. April 2006 und erhöhte nunmehr die Erbschaftsteuer auf 357.105 EUR.

Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte insgesamt 19 Schuldpositionen als noch zu berücksichtigende Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Darunter befanden sich u.a. auch Vorfälligkeitsentschädigungen für die vorzeitige Ablösung von Darlehen gegenüber der Bank I.

Der Erblasser hatte im Frühjahr 1999 drei Darlehen in Höhe von zweimal 500.000 DM und einmal 2,5 Millionen DM aufgenommen und für die Dauer von zehn Jahren einen Festzins von 4,65 % per annum vereinbart. Während der Festzinsperiode war nach diesen Darlehensverträgen eine außerplanmäßige Tilgung ausgeschlossen.

Im Rahmen der Auseinandersetzung der zwischen dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft nahmen der Kläger und sein Bruder eine vorzeitige Ablösung dieser Kreditverträge vor und teilten sodann den nunmehr lastenfreien Grundbesitz zwischen sich auf. Für die vorzeitige Beendigung der drei Kreditverträge mussten der Kläger und sein Bruder Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 66.968, 40 EUR, 9.702,09 EUR sowie 11.908,22 EUR bezahlen. Hiervon machte der Kläger den jeweils hälftigen Betrag entsprechend seinem hälftigen Erbanteil in Höhe von 33.484,20 EUR, 4.851,05 EUR sowie 5.954,11 EUR als Nachlassverbindlichkeiten geltend.

Hinsichtlich dieser Vorfälligkeitsentschädigungen vertrat der Kläger im Einspruchsverfahren die Auffassung, dass es sich insoweit um Kosten zum Zwecke der notwendigen Bereinigung von Nachlassschulden zur Erbauseinandersetzung handele. Diese seien als nachlassmindernd zu berücksichtigen.

Weiterhin machte er eine vom Landgericht der Stadt B mit Urteil vom 7. Juli 2002 gegenüber dem Erblasser festgestellte Zahlungsverpflichtung gegenüber der Firma G-GmbH geltend. Danach war der Erblasser zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 9.874,57 EUR Zug um Zug gegen Durchführung der in der Anlage zum Urteil aufgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten verurteilt worden. Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt des Einspruchs noch beim Oberlandesgericht der Stadt L in der Berufung anhängig und ruhte wegen eines über das Vermögen der Firma G-GmbH eröffneten Insolvenzverfahrens.

Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte aus für das vorliegende Verfahren nicht bedeutsamen Gründen am 10.08.2006 noch einmal den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid, die Erbschaftsteuer wurde nunmehr auf 361.627 EUR festgesetzt.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurden die vom Kläger geltend gemachten Schuldpositionen bis auf die Vorfälligkeitsentschädigungen sowie die Forderung der Firma G-GmbH vom Beklagten anerkannt.

In der Anlage zur Einspruchsentscheidung erging sodann ein geänderter Erbschaftsteuerbescheid, der nunmehr die Erbschaftsteuer auf 354.882 EUR herabsetzte.

In seiner Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass der Begriff der Kosten zur Regelung des Nachlasses im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) von der Rechtsprechung seit jeher weit ausgelegt werde. Darunter würden...

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