Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung der ESt im Hinblick auf das StraBEG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte ordnungsgemäß erklärt haben, werden von dem Regelungszweck des StraBEG nicht erfasst, so dass die in dem Gesetz genannten Rechtsfolgen nicht auf sie ausgedehnt werden können.

2. Die Grenze verfassungskonformer Auslegung würde überschritten, wenn der nach dem Wortlaut des StraBEG begünstigte Personenkreis auf Stpfl. ausgedehnt würde, die weder im Wortlaut genannt sind noch sich durch Auslegung aus dem Wortlaut ermitteln lassen.

 

Normenkette

StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen VIII R 11/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einkommensteuer im Hinblick auf die Bestimmungen des Gesetzes über die strafbefreiende Erklärung – Strafbefreiungserklärungsgesetz, StraBEG – (Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23.12.2003, Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2003, 2928, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2004, 22) niedriger festzusetzen ist.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2001 Einkünfte aus selbständiger Arbeiter aus … in Höhe von insgesamt 409.074 DM. Außerdem erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 6.788 DM. Mit Bescheid vom 27.05.2003 wurde der Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2001 veranlagt.

Gegen diesen Bescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 01.09.2004 richtet sich die am 30.09.2004 erhobene Klage. Der Kläger macht geltend, dass eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bestehe. Seine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit würden vollumfänglich der Besteuerung unterworfen, wohingegen hinterzogene Einnahmen nur zu 60 v. H. besteuert würden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG) und bei einer Nacherklärung im Jahr 2004 einem Steuersatz von nur 25 v. H. unterlägen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 StraBEG). Dieser partielle Steuerverzicht bei Steuerunehrlichen stehe in krassem Widerspruch zur Behandlung steuerehrlicher Bürger. Auch der Bundesrat habe gegen das StraBEG erhebliche Bedenken gehabt, da der Steuerhinterzieher nicht nur straffrei ausgehe, sondern durch den pauschalierten Steuersatz und den Verzicht auf Zinsen nach §§ 233a, 235 Abgabenordnung 1977 (AO) erheblich besser gestellt werde (BR-Drucks. 15/1661). Da Maßstab der Gleichheitsprüfung das Leistungsfähigkeitsprinzip sei, so dass alle Steuerpflichtigen mit der gleichen Leistungsfähigkeit und nicht lediglich die gleich ehrlichen Steuerpflichtigen zu vergleichen seien, könne eine Ungleichbehandlung nicht mit dem Argument verneint werden, er werde wie alle anderen ehrlichen Steuerpflichtigen behandelt. Für die Ungleichbehandlung bestehe kein sachlicher Rechtfertigungsgrund. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) könne ein Amnestiegesetz aufgrund der im Zweck angelegten Ungleichbehandlung nur in äußerst engen Grenzen gerechtfertigt werden. Die Rechtfertigung einer Steueramnestie sei bereits in Bezug auf die Steueramnestie 1990 finanzgerichtlich beurteilt worden. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster (Urteil vom 17.01.1989, X 8251/86 E) sei der im StrbEG 1990 vorgesehene Verzicht auf eine Nachversteuerung verfassungswidrig gewesen, da der steuerehrliche Bürger keine steuerliche Begünstigung seiner Einkünfte verlangen könne. Nach Auffassung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 05.10.1986, VII 516/86) sei die über die Straffreiheit hinausgehende Steuerbefreiung eine Verhöhnung der Steuerehrlichen gewesen; das StrBEG 1990 habe Steuerhinterzieher begünstigt, ohne dass dies durch den Gesetzeszweck geboten gewesen sei.

Bei der Frage der Rechtfertigung der durch das StraBEG hervorgerufenen Ungleichbehandlung sei zwischen Kapitaleinkünften und anderen Einkunftsarten zu unterscheiden. Da Vollzugsdefizite aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden auf bestimmte Einkunftsarten beschränkt sein können, müsse sich eine Amnestie auf Bereiche beschränken, in denen krasse Vollzugsdefizite bestünden. Eine korrekturbedürftige Rechtslage in Form eines Vollzugsdefizits habe das BVerfG im Bereich der Kapitaleinkünfte für die Jahre vor 1990 (Urteil vom 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654) und bei den Einkünften aus Spekulationsgeschäften für die Jahre 1997 und 1998 (Urteil vom 09.03.2004, 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56) festgestellt. Die herrschende Auffassung in der Literatur und ein Teil der Rechtsprechung seien auch für die Zeit nach 1990 von einem strukturellen Erhebungsdefizit im Bereich der Kapitaleinkünfte ausgegangen. Zwar seien die Ermittlungsbefugnisse im Bereich der Kapitaleinkünfte erweitert worden, da es den Finanzbehörden ab 01.05.2005 vereinfacht möglich sei, Anhaltspunkten nach verschwiegenen Kapitaleinkünften nachzugehen. Wesentliche Ursache für das strukturelle Erhebungsdefizit sei jedoch die wegen § 30a AO fehlende Möglichkeit einer flächendeckenden Ermittlung. Das Vollzugsdefizit hätte daher nur beseitigt werden können, wenn entweder eine Abgeltungssteuer eingeführt oder § 30a AO ab...

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