rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung gegen Spontanauskunft an die finnische Steuerbehörde

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Nach §§ 1, 2 EG-AHG dürfen die deutschen Finanzbehörden der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats ohne Ersuchen Auskünfte erteilen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Vermutung rechtfertigen, dass Steuern des anderen Mitgliedstaats verkürzt worden sind oder zum Zweck der Steuerumgehung Geschäftsbeziehungen über dritte Mitgliedstaaten oder andere Staaten geleitet worden sind.

2) Alleine eine ungewöhnliche Gestaltung von Geschäftsbeziehungen reicht für das Vorliegen "tatsächlicher Anhaltspunkte" nicht aus.

3) Das Recht auf Wahrung des Steuergeheimnisses ist ausreichender Anordnungsgrund auf einstweilige Untersagung der Auskunft. Eine Bedrohung der wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz ist nicht erforderlich.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 30, 117 Abs. 1; EG-AHG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2; BGB § 1004; FGO § 114

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.02.2006; Aktenzeichen I B 87/05)

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten in einem Gesamtkomplex um die Zulässigkeit

  • eines Auskunftsersuchens des Antragsgegners an die tschechische Steuerbehörde (2 V 109405) – neben die Antragstellerin betreffend die Firma Fa. B, in Tschechien –
  • einer Mitteilung des Antragsgegners im steuerlichen Auskunftsaustausch (Spontanauskunft) an die finnische Steuerbehörde – neben die Antragstellerin betreffend die Firma A Corp. in, Finnland, dies ist das hier zu entscheidende Verfahren;
  • eines Auskunftsersuchens des Antragsgegners an die russische Steuerbehörde (2 V 1106/05) – neben die Antragstellerin betreffend die Firma C in Rußland, Herrn E sowie Herrn F, beiden ebenfalls Rußland.

I.

Die Antragstellerin ist eine GmbH mit Sitz in G, Deutschland. Geschäftsführer und Anteilsinhaber ist Herr Dipl.-Ing. X; die GmbH hat insgesamt 4 Beschäftigte.

Die Antragstellerin betreibt einen „Großhandel mit nn-maschinen und -einrichtungen”. Diese Wirtschaftsgüter stellt die Antragstellerin nicht selbst her, sondern vermittelt bzw. verkauft Produkte dritter Herstellerfirmen. Diese Vorlieferanten haben ihren Sitz überwiegend in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der Europäischen Union und der Schweiz.

Seit dem Jahr 1998 hatte sich die Exporttätigkeit der Antragstellerin auf Zulieferungen für den nn-bau in Russland erweitert. Hauptkunde die Antragstellerin in diesem Bereich ist der russische nn-konzern C, zu dem auch eine wie immer geartete vertragliche Rechtsbeziehung der Antragstellerin „Vertrag”) besteht.

Daneben bestehen weitere – offenbar untergeordnete – Geschäftsbeziehungen zu russischen nn-gesellschaften.

Zur Herstellung und Abwicklung der Geschäftskontakte in Russland – insbesondere mit der Firma C – existiert eine „Repräsentanz” der Antragstellerin in Moskau.

Hierbei handelt es sich um ein selbständiges russisches Unternehmen, welches „sämtliche” in Russland anfallenden Arbeiten koordiniert und erledigt. Betrieben wird dieses Unternehmen – mit insgesamt 8 Mitarbeitern – durch die Herren Dipl.-Ing. E und F.

Bei Herrn eE handelt es sich um den ehemaligen – langjährigen – Leiter der Konjunkturabteilung der früheren Moskauer Außenhandelsfirma L-Z. Nach Angaben der Antragstellerin „steht” Herr E zudem „hinter” der Firma K-R Corp. in Panama. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich nach Erkenntnissen des Antragsgegners (Informationszentrale Ausland) um eine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb.

Die Antragstellerin meint zudem, Herr E sei Bevollmächtigter „mehrerer Offshore-Firmen”.

Herr fF soll ebenfalls in Moskau leben.

Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der „Repräsentanz” ist offenbar ein am 15.12.1994 in P geschlossener Vertrag (Beratervertrag) zwischen der Antragstellerin und der Firma K-R Corp. – vertreten durch Herrn eF. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Firma K-R Corp., für die Antragstellerin in Moskau ein Büro einzurichten und in der beschriebenen Weise tätig zu werden. Im Gegenzug soll die Firma K-R Corp. von der Antragstellerin 70 v.H. der Nettoerlöse (Gewinne) der durch die Antragstellerin getätigten Geschäfte erhalten.

Daneben müssen Einzelabreden (Beraterverträge) mit den Herren eE und fFbestehen. Denn die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 15.04.1999 Bezug genommen auf persönliche Provisionsansprüche der bezeichneten Herrn.

Des weiteren hat die Antragstellerin durch Vertrag vom 01.09.1999 die Firma B Tschechien damit beauftragt, als ihr „Vertreter” in Marketingfragen und Fragen der Liefermöglichkeiten auf dem „russischen Territorium” tätig zu werden. Bei der Firma handelte es sich um eine GmbH tschechischen Rechts, deren Geschäftsführer und Anteilsinhaber Herr pQ ist.

Der „Vertretervertrag” wurde in Moskau geschlossen; beide Vertragsparteien erhielten Exemplare der Vertragsurkunde in kyrillischer Schrift.

Schließlich existiert ein „Korrespondenzbüro” der/ Antragstellerin in Finnland (R) mit zwei Beschäftigten, dessen Tätigkeit für das vorliegende Verfahren jedoch keine Bedeutung hat.

II.

Das zuständ...

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