Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiladung des Insolvenzschuldners bei Streit über Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat das FA die Einkommensteuer gegen den Insolvenzverwalter festgesetzt, weil es der Auffassung ist, dass die Einkommensteuerschuld eine sonstige Masseverbindlichkeit darstellt, kommt eine Beiladung des Insolvenzschuldners zum Klageverfahren des Insolvenzverwalters gegen das FA nicht in Betracht.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 1; InsO § 80; FGO § 60 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.05.2009; Aktenzeichen VIII B 27/09)

 

Tatbestand

I.

In der Sache ist streitig, ob Einkommensteuerschulden als Masseforderungen anzusehen sind.

Der Kläger klagt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Antragstellers, über dessen Vermögen am … 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Antragsteller war bis zu diesem Zeitpunkt als Arzt tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Auch nachdem die Gläubigerversammlung beschlossen hatte, den Praxisbetrieb zu schließen, führte der Antragsteller den Praxisbetrieb unter Nutzung des Praxisinventars in den bisherigen Räumlichkeiten fort, nachdem das Insolvenzgericht die Inbesitznahmevollstreckung der Praxis durch den Kläger mit der Begründung für unzulässig erklärt hatte, dass die Praxiseinrichtung nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht pfändbar sei. Gegenüber den privat krankenversicherten Patienten rechnete der Antragsteller unmittelbar selbst ab und vereinnahmte diese Honorare auch.

Nachdem der Antragsteller für die Jahre 2003 und 2004 Einkommensteuererklärungen nebst vorläufiger Gewinnermittlungen eingereicht hatte, ließ der Beklagte diese durch den Kläger auf Vollständigkeit prüfen. Der Kläger hatte sich am … 2006 mit dem Antragsteller dahingehend geeinigt, dass dieser ihm alle Kontoauszüge überließ, auf denen die Geldeingänge der zurückliegenden 4 Jahre erfasst waren. Zugleich verpflichtete sich der Antragsteller ein Rundschreiben zu unterzeichnen, wonach die Privatpatienten zukünftig auf das Insolvenzanderkonto zahlen sollten. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, an den Insolvenzschuldner einen Unterhaltsbetrag zu zahlen und einen Reparaturauftrag für den Praxiscomputer zu erteilen, damit wieder Abrechnungen an die Krankenkassen erstellt werden konnten.

Am … 2006 reichte der Kläger schließlich eine eigene, überarbeitete Gewinnermittlung für die Einkünfte des Antragstellers aus selbständiger Arbeit ein, in welcher ein Gewinn aus der Arztpraxis von …,76 EUR erklärt wurde. Auf dieser Basis erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Eine Bescheidausfertigung, mit welcher die Einkommensteuer auf die Privathonorare als Masseschulden geltend gemacht wurde, wurde dem Kläger als Insolvenzverwalter übersandt.

Den hiergegen eingelegten Einspruch hat der Beklagte als unbegründet zurückgewiesen.

Während des vorliegenden Klageverfahrens begehrte als Antragsteller die einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO. Seine rechtlichen Interessen würden durch die Entscheidung berührt. Der Beklagte habe die Einkommensteuer gegen den Kläger festgesetzt, weil er – der Beklagte – die Auffassung vertrete, dass die Einkommensteuerschuld eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstelle. Er – der Antragsteller – unterstütze die Auffassung des Beklagten. Falls das FG allerdings die Auffassung vertreten sollte, dass es sich nicht um eine sonstige Masseverbindlichkeit handele, wären die Einkommensteuerbescheide vom Beklagten gegen ihn – den Antragsteller – persönlich zu richten. Die Entscheidung berühre daher seine rechtlichen Interessen.

Der Antragsteller beantragt,

ihn zum Verfahren beizuladen.

Der Kläger und der Beklagte haben hiergegen keine Einwände erhoben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist ohne Erfolg.

1. Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO kommt nicht in Betracht.

Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO ist eine Beiladung notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss.

Im Fall der Insolvenz ist der Insolvenzverwalter indessen nicht als Dritter i.S. dieser Vorschrift anzusehen, sondern als Sachwalter des insolvenzbefangenen Vermögens. Er tritt als Partei kraft Amtes damit auch für die Interessen des Insolvenzschuldners auf. Deshalb werden im vorliegenden Klageverfahren nicht notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet.

2. Auch eine einfache Beiladung scheidet aus.

Nach § 60 Abs.1 FGO kann das Finanzgericht von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den...

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