Revision eingelegt (BFH I R 75/11)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen Nichteinhaltung formaler Anforderungen; "Sperrwirkung" von Art. 6 DBA Niederlande (Art. 9 OECD-Musterabkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des Art. 6 DBA Niederlande zu verbundenen Unternehmen (entspricht Art. 9 des OECD-Musterabkommens) entfaltet eine "Sperrwirkung" gegenüber § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in den Fällen, in denen das Finanzamt eine Gewinnkorrektur nach nationalem Recht auf rein formale Beanstandungen stützt.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; DBA Niederlande Art. 6; OECD-Musterabkommen Art. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.10.2012; Aktenzeichen I R 75/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von 70.826 €.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in A. Gegenstand des Unternehmens sind internationale und nationale Speditionsgeschäfte. Die Anteile an der Klägerin werden zu 100 % von einer niederländischen Kapitalgesellschaft gehalten, der B ..., C (im Folgenden: B). Bei der B handelt es sich um die Obergesellschaft der Speditionssparte eines internationalen Reedereikonzerns.

Mit Rechnung vom 31.12.2004 machte die B gegenüber der Klägerin Aufwendungen in Höhe von 70.826 € geltend; der Betrag wurde auf dem Konto "Verwaltungskosten" verbucht (s. Ordner "B", nach Registerblatt "Verwaltungskosten"). Dieser Rechnung lag ein Vertrag über die konzerninterne Erbringung von Dienstleistungen gegen Kostenumlage zugrunde ("concern services cost-sharing agreement", im Folgenden: Vertrag). Der Vertrag war den Angaben der Klägerin zufolge bereits Ende des Jahres 2003 mündlich geschlossen und am ... 2004 rückwirkend zum ... 2004 schriftlich fixiert worden. Die B hatte sich darin gegenüber der Klägerin verpflichtet, eine Reihe verschiedener Dienstleistungen aus den Bereichen "Management", "Finance and Control" und "Information & Communication Technology ICT" zu erbringen. Die Leistungen sollten gegenüber der Klägerin jährlich im Nachhinein stunden- und abteilungsweise auf der Grundlage festgelegter Service-Raten abgerechnet werden ("all-inclusive fee per spent manhour per Concern Department"). Die Service-Raten sollten jährlich auf der Grundlage der budgetierten Kosten der einzelnen Konzern-Abteilungen (mit Ausnahme bestimmter, vertraglich festgelegter "shareholder costs") und unter Hinzurechnung eines allgemeinen, ebenfalls jährlich festzulegenden Aufschlags ermittelt werden, wobei dieser Aufschlag fremdüblich sein sollte ("at arm's length"). Für das Jahr 2004 wurde dieser Aufschlag für das "Management Department" und das "Finance and Control Department" jeweils auf 2 % und für das "ICT-Department" auf 5 % festgesetzt. Die sich daraus ergebenden Raten betrugen dem Vertrag zufolge für das "Management Department" 161 € pro Stunde, für das "Finance and Control Department" 80 € pro Stunde und für das "ICT-Department" 77 € pro Stunde. Weiterhin war vorgesehen, dass am Jahresende die budgetierten Kosten mit den tatsächlichen Kosten der einzelnen Abteilungen verglichen und gegebenenfalls angepasst werden sollten. Schließlich verpflichtete sich die B, jährliche Berichte über die für die Klägerin geleisteten Dienste zusammenzustellen; aus diesen Berichten sollte sich die konkrete Zuordnung der jeweiligen Kosten ergeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom ... 2004 samt Anlagen ("schedule" I und II, "time sheets" und "cost sheets") Bezug genommen (s. Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.08.2010, Anlagenband).

Am 09.06.2005 ging bei dem Beklagten die Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2004 ein. Die Klägerin erklärte darin einen Gewinn in Höhe von 360.386 €.

Aufgrund der Anrechnung von abzugsfähigen Verlusten aus den Vorjahren setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für 2004 und ebenso den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer mit Bescheiden vom 11.10.2005 auf 0,00 € fest. Ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer wurde in Höhe von 3.033.143 € festgestellt und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 3.090.258 €. Alle Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In den Jahren 2006 und 2007 fand eine Betriebsprüfung statt (Prüfungsanordnung vom 26.09.2006). Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Kostenumlage mangels wirksamer vorheriger Vereinbarung gem. § 8 Abs. 3 KStG im Streitjahr 2004 als vGA zu berücksichtigen sei. Das Einkommen für 2004 sei um 70.826 € zu erhöhen und Kapitalertragsteuer in Höhe von 17.703 € zu entrichten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Leistungen zwischen einer Gesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter (u. a.) nur dann anzuerkennen, wenn ihnen eine wirksame, vorherige, klare und eindeutige Vereinbarung zugrunde liege. Diese Voraussetzungen erfülle der Vertrag vom ... 2004 nicht.

Mit Bescheiden vom 07.04.2008 und vom 02.05.2008 änderte der Beklagte ...

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