Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Feststellung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften aufgrund der Änderung des Jahressteuergesetzes 2007

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einer Feststellung von privaten Veräußerungsverlusten, die vor dem 1. Januar 2007 entstanden sind, steht es nicht entgegen, dass der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr bereits bestandskräftig ist.

2. Die Feststellung hat gemäß § 52 Abs. 39 Satz 7 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) dann zu erfolgen, wenn am 1. Januar 2007 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist, die bei rückwirkender Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 9, 2. Halbsatz in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 gilt.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4, § 23 Abs. 3 S. 8f, § 52 Abs. 39 S. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.11.2008; Aktenzeichen IX R 44/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Vortrag von Verlusten, die der Kläger aus privaten, im Streitjahr 2000 nicht ausgleichsfähigen Wertpapierveräußerungsgeschäften erlitten hat. Die Verluste betrugen - wie zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich unstreitig - insgesamt DM 361.648,37.

1.

a) In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger jedoch Einkünfte des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften nur in Höhe von DM 12.064 geltend. Das seinerzeit für die Kläger zuständige Finanzamt Hamburg-1 (im Folgenden: FA) übernahm diesen Betrag erklärungsgemäß. Da Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften ausgeglichen werden durften, floss dieser Betrag jedoch nicht in den Gesamtbetrag der Einkünfte ein. Der Bescheid war teilweise vorläufig im Hinblick auf hier nicht relevante Rechtsfragen.

b) Am 3. Mai 2004 erließ das FA einen Änderungsbescheid (Bl. 179 EStA) mit geänderten Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb. Am selben Tag erließ es einen Bescheid zum 31. Dezember 2000 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer (Bl. 182 EStA), in dem ein verbleibender Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 EStG von DM 12.064 festgestellt wurde.

c) Am 21. Mai 2004 erließ das FA einen weiteren Änderungsbescheid (Bl. 190 EStA), dessen Änderung wiederum nur Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb betraf. Am selben Tag übersandte das FA den Klägern ein "Berechnungsblatt zum 31.12.2000 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer" (Bl. 193 EStA). Die Feststellungen entsprechen denen im Verlustvortragsbescheid vom 3. Mai 2004. In den Erläuterungen heißt es allerdings, "dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 3. Mai 2004".

2. Die Kläger erhoben fristgerecht Einsprüche sowohl gegen die Bescheide vom 3. Mai 2004 als gegen die Bescheide vom 21. Mai 2004. Sie ließen die Einsprüche jedoch ohne Begründung. Die Einsprüche wurden vom Beklagten, der an die Stelle des FA getreten ist, mit Einspruchsentscheidungen vom 23. November 2004 zurückgewiesen.

3. Am 23. Dezember 2004 haben die Kläger Klage erhoben. Die zunächst auch gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 erhobene Klage haben die Kläger während des Verfahrens zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren abgetrennt und eingestellt worden (Aktenzeichen III 145/05). Die Klage richtet sich somit nur noch gegen den Bescheid, in dem die Verluste aus privaten Veräußerungsverlusten des Klägers festgestellt worden sind.

a) Die tatsächlichen Verluste des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden in voller Höhe erstmals mit der Klagbegründung von den Klägern erklärt. Die Kläger behaupten (Bl. 17 GA), die Geltendmachung des Verlustes sei mehrfach mit dem Beklagten erörtert worden mit dem Ergebnis, dass der Beklagte den Klägern eine Frist eingeräumt habe, die Anlage SO später ergänzen zu dürfen. Die Kläger behaupten weiterhin, es sei mit den Mitarbeitern die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angesprochen worden. Eine Entscheidung dazu habe der Beklagte nicht getroffen.

b) Zwischenzeitlich ruhte der Rechtsstreit wegen eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof zum dortigen Aktenzeichen IX R 21/04 2005. Mit Urteil vom 22. September 2005 entschied der Bundesfinanzhof in jener Sache - gegen eine bestehende Verwaltungsanweisung des BMF -, dass über die Verrechenbarkeit von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften, die im Entstehungsjahr 2000 nicht ausgeglichen werden können, erst im Jahr der Verrechnung zu entscheiden sei, weil für ein gesondertes Feststellungsverfahren die Rechtsgrundlage gefehlt habe (BFHE 212, 41, BFH/NV 2006, 1185, HFR 2006, 672).

c) In der Folgezeit hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006 das Einkommensteuergesetz (EStG) zum 1.1.2007 hinsichtlich der Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften wie folgt geändert (BGBl. I 2006, S. 2878): - § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG, der die Verrechnung u.a. von Verlusten aus Veräußerungsgeschäften von Wertpapiere...

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