Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorsteuerabzug bei sog. Abdeckrechnung - Formale Anforderungen an die Rechnungsnummer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Rechnungsnummer entspricht dann nicht den Vorgaben der § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG, Art. 226 Nr. 2 Richtlinie 2006/112/EG, wenn sie durch die mehrfache Anfügung von Bindestrichen und weiteren Zahlen so unübersichtlich gestaltet wird, dass nur durch eine aufwendige Prüfung festgestellt werden kann, ob die Rechnungsnummer einmalig vergeben ist.

2. Die Verwender von sog. Abdeckrechnungen begehen regelmäßig eine Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 AO, indem sie die Rechnungen zum Vorsteuerabzug verwenden, die nicht von dem tatsächlichen Leistenden ausgestellt wurden, sondern die von ihnen, den Verwendern, gerade zu dem Zweck beschafft wurden, um die Zahlungen an die tatsächlich Leistenden, die in der Regel "schwarz" entlohnt werden, in der Buchhaltung "abzudecken".

 

Normenkette

UStG § 14 Abs. 4 S. 1 Nrn. 4-6, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO § 370 Abs. 1 Nr. 1; EGRichtl Art. 226 Nr. 2

 

Tatbestand

A.

Zwischen den Beteiligten streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Fa. A GmbH (A) im Streitjahr 2010.

I.

1. Die klagende GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2006 gegründet und am ... 2007 ins Handelsregister eingetragen. Gesellschafter sind ... B-1 und B-2 (Akte Allgemeines, Bl. 5). Geschäftsführer ist Herr B-2 (Akte Allgemeines, Bl. 7). Herr B-1 ist der technische Leiter der Klägerin (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 90). Gegenstand des Unternehmens sind allgemeine Hochbauarbeiten und der Handel mit Waren aller Art, ausgenommen erlaubnispflichtige sowie die Vermittlung von Gerüstbau, Planenarbeiten, Transport und Autovermietung (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bl. 13).

Die Klägerin hat nach ihrer Gründung zunächst keine wirtschaftlichen Aktivitäten am Markt ausgeführt. Seit dem ... 2010 erbrachte sie erstmals Leistungen, zum einen als Subunternehmerin, zum anderen als direkter Auftragnehmer bei überwiegend öffentlichen Aufträgen von Bauvorhaben im gesamten Bundesgebiet. Dabei griff die Klägerin bei der Ausführung dieser Bauvorhaben auf Subunternehmer zurück.

Die Fa. A stellte der Klägerin in 2010 insgesamt 37 Rechnungen über Leistungen (insbesondere Kalkzement auffüllen und Gerüstauf- und -abbau) in Höhe von insgesamt 152.847,65 Euro zzgl. 29.041,06 Euro Umsatzsteuer.

2. Die Klägerin erklärte in ihrer am 17.02.2011 übermittelten Umsatzsteuervoranmeldung für das IV. Quartal 2010 steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 254.684,00 Euro und Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 46.907,97 Euro, darin enthalten die in den Rechnungen der Fa. A ausgewiesene Vorsteuer, und ermittelte auf diese Weise eine Zahllast von 1.481,86 Euro.

II.

1. Das beklagte Finanzamt (FA) führte ab dem ... 2011 eine Umsatzsteuersonderprüfung betreffend das 4. Quartal 2010 bei der Klägerin durch (BpAA Bl. 3).

a) Der Prüfer ordnete einen Teil der erklärten Erlöse einzelnen Bauvorhaben zu. Im Einzelnen:

(...)

b) Dem Prüfer wurden die 37 Eingangsrechnungen der Fa. A vorgelegt. Im Einzelnen enthielten die Rechnungen folgende Angaben zur Rechnungsnummer, der Leistungszeit, der Leistung und dem Leistungsort:

(...)

c) Der Prüfer hielt bezüglich der Vorsteuern aus Fremdleistungen der Fa. A in seinem Aktenvermerk vom 15.04.2011 Folgendes fest (BpAA Bl. 80):

"Die in den Rechnungen angegebenen Bauvorhaben, idR öffentliche Aufträge der Länder für den Bau von Kliniken etc., wurden offenbar auch tatsächlich von der Fa. B [der Klägerin] durchgeführt. Insofern wäre die Einschaltung von Subunternehmern durchaus erklärbar.

Neben der Lieferung von Kalkzementputz in großen Mengen und dem "Auffüllen von Kalkzementputz" (Abrechnung nach Stunden) wurden von der A meist folgende Leistungen abgerechnet:

  • Transport (pauschal)
  • Arbeitskräfte (Anzahl)
  • Gerüstanbau (Fläche)
  • Gerüstabbau (Fläche)

Für die von der Stpfl. [der Klägerin] erbrachten Leistungen (Innenputzarbeiten) stellt sich hier die Frage, warum für entsprechende Arbeiten innerhalb der Gebäude ständig von einer Fremdfirma Baugerüste auf- und wieder abgebaut werden müssen, die im allgemeinen außerhalb des Gebäudes anzubringen sind. Auch die Ermittlung der Mengen/Flächen, z. B. 339,221 qm a 6,50 Euro, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Leistungen "Kalkzement auffüllen" (z. B. 118,278 Stunden a 25,00 Euro).

Bei Erkundungen des Prüfers am selben Tag wurde zudem festgestellt, dass sich unter dem angegebenen Firmensitz der A "X-Straße ..., C", ein ... befindet, jedoch keine Baufirma, geschweige denn Lager- oder Abstellflächen für Gerüste oder Kraftfahrzeuge. Eine LUNA-Abfrage hat ergeben, dass im ... 2010 die Geschäftsführung gewechselt hat und seitdem keine USt-Voranmeldungen mehr abgegeben wurden. Sämtliche, vorgefundenen Rechnungen datieren von Oktober bis Dezember, die Zeiträume der Leistungsausführung sollen zwischen Juni und Dezember 2010 gelegen haben. Weitere Abrechnungspapiere (Stundenzettel, Aufmaße etc.) wurden beim StB angefordert, können vermutlich aber nicht nachgerei...

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