Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH II B 12/16)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

FGO/AO/ErbStG/BewG: I. Ungeordnete Nichtigkeitsklage: entgegenstehende Rechtskraft - mangelnde Verwaltungsaktqualität der Abrechnung - Finanzamts-Zuständigkeitsübertragung II. Schenkungsteuer - Einheitswert: Erbbaurechtsgrundstück - städtebauliche Sanierung - Umlegung/Erbbauzinsen - Jahreswertbesteuerung

 

Leitsatz (amtlich)

I. Ungeordnete Nichtigkeitsklage: entgegenstehende Rechtskraft - mangelnde Verwaltungsaktqualität der Abrechnung - Finanzamts-Zuständigkeitsübertragung

1. Unzulässig ist eine Klage - bei ungeordnetem und unklaren Vorbringen, - bei mangelnder Auseinandersetzung mit der angegriffenen Vorentscheidung, - bei Nichtangreifen des letzten Änderungsbescheids.

2. Die Klage auf Nichtigkeitsfeststellung eines Bescheids ist unzulässig, nachdem dieser im Vorprozess rechtskräftig als bestandskräftig beurteilt wurde, das heißt als wirksam.

3. Ebenso wie eine Anfechtung ist die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit einer bloßen Kassenabrechnung unzulässig mangels deren Verwaltungsaktqualität, anders als bei einer gesetzlich (z. B. nach § 36 EStG) angeordneten Abrechnung; für den Fall von Meinungsverschiedenheiten sind die Rechtsschutzmöglichkeiten im Abrechnungsbescheid-Verfahren gegeben.

4. Die organisationsrechtliche Übertragung von Finanzamts-Zuständigkeiten auf gesetzlicher Grundlage durch Verordnung, in Hamburg durch Zuständigkeitsanordnung des Senats, bewirkt eine Rechtsnachfolge im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels.

II. Schenkungsteuer - Einheitswert: Erbbaurechtsgrundstück - städtebauliche Sanierung - Umlegung/Erbbauzinsen - Jahreswertbesteuerung

1. Eine tatsächliche Verständigung über Grundstücks- oder Gebäudewerte - hier Einheitswert - und über die Bemessungsgrundlagen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer bindet die Beteiligten und das FG.

2. Ein städtebaulicher Vertrag, der am Stichtag noch nicht geschlossen war, kann nicht als schwebendes Geschäft berücksichtigt werden.

3. Städtebauliche Sanierung und Umlegung rechtfertigen als solche keinen Bewertungsabschlag; sofern keine Werterhöhung, sondern ein Abriss zu erwarten ist, bleibt (außer bei einem ungenehmigten Gebäude) der grundrechtliche Entschädigungsanspruch, der auch mittels Grundstückstauschs realisiert werden kann.

4. Die bei gesondert zu bewertendem Erbbauzinsanspruch (§ 92 Abs. 5 BewG i. V. m. § 12 ErbStG i. d. F. vor 1996; d. h. vor § 148 und § 193 BewG) gewählte Erbbauzins-Jahreswertbesteuerung gemäß § 23 ErbStG bleibt unberührt von der Einkommensbesteuerung nach § 21 EStG und erlischt für die ursprünglich vorgesehene Restlaufzeit nicht bei Grundstückstausch und -verkauf oder Rechtsnachfolge.

 

Normenkette

AO §§ 26, 124-125, 163, 171, 175, 365; BGB §§ 94, 96, 1105; BewG §§ 13, 92, 148, 121a, 193; EStG §§ 10, 21, 23; ErbbauRG § 9; ErbStG §§ 7, 10-12, 14, 23; ErbStRG 1974 Art. 2; FGO §§ 40-41, 79b, 44, 68, 110, 115, 120; FVG § 17; GG Art. 14

 

Tatbestand

A.

Die Klage betrifft die Schenkungsteuer für die Grundstücksschenkung vom 5. Juli 1994 durch die Schenkerin ... (W) an den Kläger (Steuernummern .../.../... und .../.../...) sowie die der Schenkungsteuer zugrunde liegende Einheitsbewertung mit der Flurstückezurechnung (Steuernummer .../.../...).

Für das Verständnis des Sachverhalts und für die Frage des Klagebegehrens ist die Grundstücksschenkung der W zugunsten des Klägers zu unterscheiden von der Darlehensschenkung 1995/1996 durch W an den Kläger (Steuernummer .../.../...) und von seiner Erbeinsetzung durch die am ... 1998 verstorbene W (Steuernummer .../.../...).

Soweit hier von "Schenkungen" gesprochen wird, dient dieser Begriff für die insoweit z. T. rechtlich streitigen Vorgänge ohne Präjudiz zunächst nur der sprachlichen Abkürzung und der Unterscheidung von der Erbschaft.

I. Vorangegangene FG- und BFH-Verfahren

Um die Schenkungen und die Erbschaft ging es bereits in einer Reihe vorangegangener Verfahren des Klägers seit 2000 beim FG und BFH.

1. Die in der Zeit von 2000 bis 2001 geführten finanzgerichtlichen Verfahren wurden nach Erörterungsterminen ohne Urteil erledigt.

Während diesbezügliche FG-Akten nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorhanden sind, liegen die vom beklagten Finanzamt (FA) geführten Akten noch vor und hat das FA dem FG Kopien der Protokolle vom 16. Juni, 14. Juli, 5. und 12. Oktober 2000 sowie 10. April 2001 zur Verfügung gestellt (FG-Anlbd. 3 K 200/15 Bl. 87 ff.; vgl. Rb-A, SchenkSt-A).

Soweit ersichtlich, handelt es sich danach um nachgenannte Verfahren. Bei diesen waren Verfahrensarten (Klage oder einstweiliger Rechtsschutz) und Streitgegenstände in Anbetracht teils zunächst unvollständiger Angaben oder später anderer Streitpunkte schon damals teilweise unübersichtlich.

a) I 122/00 Klage wegen Schenkungsteuer auf Grundstücksschenkung (Rb-A Bl. 62 ff.), erörtert am 16. Juni 2000 mit Teil-Verständigungen und unter Rücktrittsvorbehalt Gesamteinigung (Protokoll, Rb-A Bl. 122 ff., FG-Anlbd. 3 K 200/15 Bl. 87 ff.).

Die unabhängig von der ...

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