Leitsatz (redaktionell)

Eltern, die einem minderjährigen Kind Kapitalvermögen übertragen haben, verwalten dieses nicht entsprechend den zivilrechtlichen Vorschriften über die elterliche Vermögenssorge, wenn sie zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflichten auf den Vermögensstamm zurückgreifen. Einkünfte aus dem Kapitalvermögen sind dann nicht dem Kind, sondern den Eltern zuzurechnen.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 7; BGB § 1602 Abs. 2, § 1603 Abs. 2, §§ 1642, 1649

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zinsen aus einem Bankguthaben und Wertpapiererträge der Klägerin oder ihrer minderjährigen Tochter zuzurechnen sind.

Die Klägerin erzielt als Zahnärztin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, daneben hat sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Nach einer Erbschaft im Jahr 1986 richtete sie ihrer am …1984 geborenen Tochter am 31.10.1986 ein auf deren Namen lautendes Sparkassenbuch bei der A-Bank (Kto.-Nr.: …) ein. Am gleichen Tag übertrug sie ihrer Tochter Wertpapiere mit einem Stückwert von 99.400,– aus ihrem Wertpapierdepot in ein neu eingerichtetes Depot (Nr.: …) ebenfalls bei der A-Bank. Auch dieses Depot lautet auf den Namen der Tochter. Die sich hieraus ergebenen Wertpapiererträge wurden ebenso wie Erlöse aus Wertpapierverkäufen auf dem Sparbuch gutgeschrieben. Der Bestand des Wertpapierdepots und das Sparbuchguthaben entwickelte sich in der Zeit vom 1.1.1987 bis 1.1.1993 wie folgt:

Jahr

1.1.87

1.1.88

1.1.89

1.1.90

1.1.91

Depot

83.867,20

68.423,67

71.425,14

63.695,84

24.010,00

Sparbuch

495,90

7.183,93

4.651,66

4.711,80

48.578,34

Gesamt

84.363,10

75.607,60

76.076,80

68.407,64

72.579,34

Jahr

1.1.92

1.1.93

Depot

58.082,08

60.569,02

Sparbuch

4.065,58

6.663,20

Gesamt

62.147,66

67.232,22

Die alleinerziehende Klägerin gab in der Folgezeit Einkommensteuererklärungen für ihre Tochter ab und erklärte entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Beklagte veranlagte die Tochter in den Jahren 1987 bis 1991 erklärungsgemäß.

In dem Einkommensteuerbescheid 1992 der Tochter berücksichtigte der Beklagte erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 4.574,– DM nicht, sondern rechnete diese der Klägerin zu. Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 20.2.1995 legte die Klägerin am 6.3.1995 Einspruch ein. Sie verwies darauf, daß sie auf den Konten Geldbeträge ansammle, die später für Unterhalt und Ausbildung ihrer Tochter bestimmt seien. Über die Konten verfüge sie nur, um die Geldanlagen je nach Geldmarktlage umzuschichten. Für sich selber habe sie kein Geld von diesen Konten abgehoben, Abhebungen seien nur für ihre Tochter verwendet worden.

Der Beklagte wies den Einspruch am 30.5.1997 zurück, da die Klägerin das Guthaben der beiden Konten wie eigenes Vermögen verwaltet habe. Dafür sprächen die von der Klägerin vorgenommenen Ein- und Auszahlungen sowohl auf dem Wertpapier – als auch auf dem Sparkonto. Daß die Wertpapierumschichtungen im Namen der Tochter erfolgt seien, sei nicht belegt, ein Schenkungsvertrag existiere nicht.

Mit ihrer am 27.6.1997 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, ihre Verfügungsmacht über die Konten ihrer Tochter beruhe lediglich auf ihrem elterlichen Sorgerecht, die näheren Umstände seien der Bank bekannt gewesen. Kontobewegungen auf dem Sparbuch zwischen 1992 und 1996 resultierten aus Zinsgutschriften und Abgängen für Neuanlagen im Depot. Daneben habe sie Abhebungen vorgenommen, die folgendermaßen verwendet worden seien:

Datum

Betrag

Verwendungszweck

2.3.1987

10.000,– DM

Kindergarten u. Tagesmutter

18.6.1987

3.000,– DM

dto.

9.6.1988

10.000,– DM

dto.

6.6.1989

3.000,– DM

dto.

21.12.1989

10.000,–DM

dto.

31.1.–19.6.1991

insges. 14.400,–DM

1.000,– DM

Renovierung

Kinderzimmer

4.000,– DM

Ankauf Klavier

1.000,– DM

Klavierunterricht

400,– DM

Klaviertransport

3.000,– DM

Skireise

1.500,– DM

Ballettunterricht

1.000,– DM

Tennis

2.000,– DM

USA Reise

500,– DM

Bekleidung

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 30.5.1997 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1992 vom 20.2.1995 dahingehend zu ändern, daß Einkünfte aus Kapitalvermögen nur i.H.v. 15.867,– DM festgestellt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wendet ein, die erklärten Einkünfte könnten der Tochter nur dann zugerechnet werden, wenn die Klägerin eine endgültige Schenkung des zugewandten Betrages beabsichtigt hätte. Dies sei äußerst zweifelhaft, da ein schriftlicher Schenkungsvertrag fehle und die Klägerin ohne Einschränkung über das Depotkonto habe verfügen können und dies auch getan habe. Da ein endgültiger Vermögensübergang nicht gewollt gewesen sei, habe die Klägerin auch keine Schenkungssteuererklärung abgegeben. Da sich das Guthaben im Laufe der Zeit verringert habe, werde bestritten, daß Geldabhebungen lediglich im Rahmen von Vermögensumschichtungen erfolgt seien. Soweit einzelne Abhebungen zur Finanzierung von Anschaffungen für die Tochter verwendet worden seien, entspreche dies nicht den zivilr...

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