Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Erweiterung einer Prüfungsanordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Prüfungszeitraum kann insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen (hier einer kirchlichen Tagungsstätte) zu rechnen ist. Anschlussprüfungen sind zulässig. Nicht unerhebliche Steuernachforderungen sind bereits Beträge ab DM 1.000 bis 3.000 je Veranlagungszeitraum.

 

Normenkette

AO § 194; BpO 2000 § 4; UStG § 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.08.2006; Aktenzeichen V B 86/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer erweiternden Prüfungsanordnung für das Jahr 2001.

Der Kläger ist ein im Jahr 1984 in das Vereinsregister Hamburg eingetragener Verein. Er ist vom seinerzeit zuständigen Finanzamt Hamburg-... (im Folgenden: Finanzamt) als gemeinnützig anerkannt worden.

Der Kläger unterhält in ... (A) in Niedersachsen eine Tagungsstätte unter Leitung eines beim Kläger angestellten Theologen. Der Kläger führt in A, aber auch an anderen Orten, Veranstaltungen durch, bei denen er Teilnehmergebühren, Spenden und Kollekten vereinnahmt. In der Tagungsstätte A halten auch andere Organisationen Veranstaltungen ab (von dem Beklagten unter Bezugnahme auf die Beschriftung eines Buchhaltungsordners des Klägers als "Fremdbelegungen" bezeichnet). Der Kläger vereinnahmt auch insoweit Zahlungen.

Für das Jahr 2001 hat das Finanzamt ausweislich der Mitteilung vom 14.04.2005 der Umsatzsteuererklärung des Klägers vom 21.03.2003 zugestimmt.

Am 22.4.2003 erließ das Finanzamt eine Prüfungsanordnung nach § 193 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) hinsichtlich Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer von 1998 bis 2000. Die Anordnung ist am 14.5.2003 nach Einspruch des Klägers hinsichtlich des Beginns und des Ortes der Prüfung geändert worden.

Am 14.7.2003 erließ das Finanzamt vor Abschluss der Betriebsprüfung zwei Prüfungsanordnungen, die die ursprüngliche Anordnung im Hinblick auf den Prüfungsbereich Umsatzsteuer auf die Jahre 1997 und 2001 erweiterten. Die Prüfungsanordnung für das Jahr 2001 bildet den Gegenstand des Hauptantrags dieses Verfahrens. Beide Anordnungen wurden damit begründet, dass erhebliche Mehrsteuern aus der Umsatzsteuer zu erwarten seien. Mit Schreiben vom gleichen Tag übersandte das Finanzamt einen Prüfungsvermerk vom 11.7.2003. In diesem Prüfungsvermerk wird unter Darstellung im Einzelnen ausgeführt: - die Nutzung der Tagungsstätte A führe für die Jahre 1998 bis 2000 zu Mehrumsatzsteuer von rund DM 4.100, DM 2.900 und DM 4.600; - die Einnahmen aus Veranstaltungen außerhalb der Tagungsstätte A führten zu Mehrumsatzsteuern von rund DM 8.900, DM 5.300 und DM 10.300; - der Kläger übernehme für andere Vereine die Organisation von Kongressen und ähnlichen Veranstaltungen; die hierfür entstandenen und weiterbelasteten Kosten führten für 2000 zu einer Umsatzsteuerzahllast von DM 3.300. Auf den Inhalt des Prüfungsvermerks vom 11.7.2003 nebst Anlagen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.

Am 23.7.2003 legte der Kläger gegen beide erweiternden Prüfungsanordnungen Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass für das Jahr 1997 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten und die Begründung der erweiternden Prüfungsanordnungen auf offensichtlich falschen Prüfungsfeststellungen beruhten: - die von den Betriebsprüfern vorgenommene Differenzierung zwischen Vereinsmitgliedern und Vereinsfremden im Bereich der Tagungsstätte A sei sachlich falsch. Sämtliche in A durchgeführten Veranstaltungen entsprächen dem Satzungsweck und würden nur von den Mitgliedern der ... Kirchen oder kirchlichen Organisationen genutzt. Sie alle seien als Mitglieder des Klägers im Sinne seines Idealzwecks anzusehen. Der Kläger bestehe zwar nur aus ca. 15 Mitgliedern, betreue jedoch über mehrere Geschäftsstellen die gesamtkirchliche Arbeit der ... Kirchen in Deutschland und verstehe sich als Dachorganisation innerhalb der ... Kirche. Die Seminare würden von hauptamtlichen Vereinsmitarbeitern begleitet. Eine "Fremdbelegung" der Tagungsstätte A außerhalb des ideellen Satzungszwecks gebe es daher nicht; jedes Seminar in der Tagungsstätte sei als vom Verein getragenes und durchgeführtes Seminar anzusehen; - bei der Durchführung von Veranstaltungen durch den Kläger in fremden Häusern fielen bei ihm keine Beherbergungsumsätze an. Die Seminarteilnehmer schlössen keinen Beherbergungs- und Beköstigungsvertrag mit dem Kläger. Entsprechende Zahlungen der Teilnehmer seien bei dem Kläger durchlaufende Posten ohne Leistungsaustausch; - soweit der Kläger Dritte mit Kosten seiner Mitarbeiter (z.B. Theologen, diakonische Mitarbeiter, Seminarreferenten) belaste, handele es sich um Kosten, die den ideellen Vereinszwecken entsprechend ausschließlich im inhaltlichen Bereich verursacht würden. Im Übrigen käme die generelle Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 27a bzw. § 4 Nr. 22 UStG zum Tragen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.2.2004 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründe...

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