Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 189/17)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterprüfung: Verfahrensfragen und Prüfung von Einwendungen gegen die Bewertung von Prüfungsleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Ausnahmefällen kann ein Antrag auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit in den Gründen der Hauptsacheentscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ohne dessen vorherige dienstliche Äußerung zurückgewiesen werden, um einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechtes für sachfremde Zwecke zu verhindern oder wenn eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch zu treffen ist.

2. Der Wechsel des Prozessbevollmächtigten kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung stellt nicht ohne Weiteres einen erheblichen Grund für eine Terminsverlegung dar. Maßgeblich kommt es auf die Gründe für den Wechsel des Prozessbevollmächtigten gerade zu diesem Zeitpunkt an.

3. Zum Umfang der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen.

4. Festgestellte Fehler bei der Bewertung einer Klausur oder bei der Punkteaddition führen nur dann zu einer Aufhebung der Prüfungsentscheidung, wenn sie sich auf die gegebene Note für die Klausur und auf das Gesamtergebnis der Prüfung ausgewirkt haben können.

5. Detaillierte Überprüfung der Punkteaddition und der Bewertung zahlreicher Abschnitte zweier Klausuren.

6. Umgang mit dem Vortrag, zwei Prüfer seien während der mündlichen Prüfung eingeschlafen.

7. Anforderungen an die Darstellung von Bewertungsfehlern bzgl. einzelner Abschnitte der mündlichen Prüfung.

 

Normenkette

FGO §§ 51, 155; ZPO § § 42 ff., § 227; StBerG § 35; DVStB §§ 24 ff.; GG Art. 12 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.06.2018; Aktenzeichen VII B 189/17)

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 2014/2015.

Die Klägerin hat an der Steuerberaterprüfung 2014/2015 teilgenommen, nachdem sie zuvor die Steuerberaterprüfung zweimal nicht bestanden hat. In der Steuerberaterprüfung 2014/2015 sind die Klausuren der Klägerin wie folgt bewertet worden:

- Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete

4,5

- Steuern vom Einkommen und Ertrag

4,0

- Buchführung und Bilanzwesen

4,5,

Gesamtnote

4,33.

In der mündlichen Prüfung am 13.02.2015 sind die Leistungen der Klägerin wie folgt bewertet worden:

- Vortrag

5,0

- Einkommensteuer

4,5

- Umsatzsteuer

4,0

- Bilanzsteuerrecht

4,0

- BWL

4,5

- Berufsrecht

4,5

- Verfahrensrecht

4,0,

so dass sich eine Gesamtnote von

4,35

für die mündliche Prüfung errechnet (Summe der Einzelnoten 30,5, geteilt durch sieben Prüfungsabschnitte, auf zwei Dezimalstellen berechnet ohne Berücksichtigung der dritten Dezimalstelle gemäß § 15 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB)).

Aus den Ergebnissen der schriftlichen Prüfung von 4,33 und der mündlichen Prüfung von 4,35 errechnet sich ein Gesamtergebnis von 4,34, das über der Bestehensgrenze von 4,15 gemäß § 28 DVStB liegt. Der Klägerin ist am Tag der mündlichen Prüfung mit Bescheid vom selben Tag eröffnet worden, dass sie die Steuerberaterprüfung 2014/2015 nicht bestanden hat.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 11.03.2015 bei der Beklagten das Überdenkungsverfahren nach § 29 DVStB beantragt. Dem Antragsschreiben ihres damals bevollmächtigten Ehemannes war als Anlage 2 ein eigenes Schreiben der Klägerin, ebenfalls vom 11.03.2015, beigefügt. Der Prüfungsausschuss hat es mit seiner Stellungnahme vom 14.04.2015 abgelehnt, die Bewertung der Prüfungsleistungen der Klägerin zu ändern; es ist lediglich bei der Klausur Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete ein zusätzlicher Punkt (Wertungspunkt - WP- 44) gegeben worden, ohne dass sich dadurch die Klausurnote geändert hat.

Die Klägerin hat am 12.03.2015 Klage erhoben.

Die Klägerin erhebt unter Anknüpfung an die grundlegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83) Einwendungen gegen die Bewertung der Klausuren Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete (gemischte Klausur) sowie Buchführung und Bilanzwesen und gegen die Bewertung der mündlichen Prüfung. Bezüglich der Klausurbewertungen rügt die Klägerin, die Punkteaddition sei teilweise fehlerhaft. Darüber hinaus ist die Klägerin der Auffassung, ihr seien zahlreiche Punkte in den beiden Klausuren zu Unrecht nicht gegeben worden. Die Einwendungen der Klägerin richten sich gegen die Bewertung von sechs Abschnitten der gemischten Klausur sowie von zwölf Abschnitten der Klausur Buchführung und Bilanzwesen. Bei richtiger Bewertung ergäben sich etwa 60 Punkte und damit eine Note von 3,5 bis 4,0 für die gemischte Klausur und 70 Punkte und damit eine Note von 3,0 für die Klausur Buchführung und Bilanzwesen. In der mündlichen Prüfung seien die Prüfer A... und B... zeitweise eingeschlafen. Darüber hinaus seien die Leistungen der Klägerin in den einzelnen Prüfungsabschnitten zu schlecht bewertet worden. Für nähere Einzelheit...

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