Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheides für die Verlustfeststellung und zur Besteuerung des Barausgleichs des Stillhalters bei einem Optionsgeschäft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Einkommensteuerbescheid entfaltet nach § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 Bindungswirkung für die Feststellung der verbleibenden Verlustvortrages zum Schluss desselben Jahres.

2. Der Barausgleich des Stillhalters unterliegt im Rahmen der Abgeltungssteuer dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4 Sätze 4-5, § 20 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 9 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Fragen, ob Barausgleiche, die der Kläger als Stillhalter bei Optionsgeschäften in den Streitjahren 2009 bis 2011 zahlte, steuerlich zu berücksichtigen sind und ob Prämien aus Glattstellungsgeschäften, die der Kläger zur Löschung seiner Verpflichtungen als Stillhalter ausführte, zu negativen Kapitaleinkünften führen.

Der Kläger war in den Streitjahren Verkäufer von Optionen (Stillhalter, Short-Positionen) auf den Aktienindex DAX, die er in seinem Privatvermögen hielt. Die Optionen wurden an der Eurex Deutschland abgewickelt.

Nach den Kontraktspezifikationen für Optionskontrakte an der Eurex Deutschland war der Käufer eines Optionskontrakts verpflichtet, an den Stillhalter den Preis für den Erwerb des Optionsrechts, die Optionsprämie, zu zahlen (für den Stillhalter: Stillhalterprämie). Der Käufer einer Kaufoption (Call) auf Aktienindizes hatte das Recht, eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem höheren Schlussabrechnungspreis der Optionsserie (Barausgleich) zu verlangen. Der Käufer einer Verkaufsoption (Put) auf Aktienindizes hatte das Recht, eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem niedrigeren Schlussabrechnungspreis der Optionsserie (Barausgleich) zu verlangen. Für den Fall der Ausübung der Option durch den Käufer der Option war der Stillhalter verpflichtet, die Differenz zwischen dem Ausübungspreis der Option und einem höheren (Call) bzw. niedrigeren (Put) Schlussabrechnungspreis der Optionsserie in bar auszugleichen.

In der Regel schloss der Kläger Glattstellungsgeschäfte (Closings) ab. Bei einigen Geschäften leistete der Kläger jedoch den Barausgleich als Stillhalter, und zwar im Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 4.319,35 Euro (einschließlich Provision), im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 4.762,70 Euro (einschließlich Provision) und im Jahr 2011 in Höhe von insgesamt 3.147,60 Euro (einschließlich Provision). Auf die vom Kläger eingereichten Abrechnungen wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Die für die vorgenannten Stillhaltergeschäfte depotführende A GmbH nahm in den Jahren 2009 und 2010 den Kapitalertragsteuerabzug von den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers vor, wobei sie die gezahlten Barausgleiche nicht berücksichtigte. Einen Kapitalertragsteuerabzug für das Jahr 2011 bescheinigte die A GmbH nicht.

Der Beklagte stellte einen verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2008 für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 115.572 Euro und für die Einkünfte aus Leistungen in Höhe von 30.943 Euro fest.

Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärung 2009 und seine Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2009 erstmalig am 11. Juni 2012 ein.

Am 29. Januar 2013 erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über Einkommensteuer 2009 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009, wobei jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zog der Beklagte von den Stillhalterprämien in Höhe von 30.779 Euro sowie von den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (ohne Aktien) in Höhe von 958 Euro und von den Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 12.016 Euro jeweils die Verlustvorträge aus Leistungen bzw. aus privaten Veräußerungsgeschäften in entsprechender Höhe ab und berücksichtigte im Ergebnis nach Abzug des Sparer-Pauschbetrages von den übrigen Kapitaleinkünften in Höhe von 457 Euro Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 0 Euro. Dementsprechend stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung (a. F.) auf 102.598 Euro und für die Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG a. F. auf 164 Euro fest.

Mit Bescheiden vom 6. Februar 2013 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils für den Einkommensteuerbescheid 2009 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2009 auf.

Ebenfalls am 6. Februar 2013 erließ der Beklagte zudem ...

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