Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von Rettungsdecken

 

Leitsatz (redaktionell)

Rettungsdecken sind in die Codenummer 3920 6210 990 der kombinierten Nomenklatur (KN) einzureihen.

 

Normenkette

GZT § 30

 

Tatbestand

Im Februar und März 1996 führte die Klägerin aus China Rettungsdecken aus Kunststoff ein. Diese Rettungsdecken sind zum Einsatz bei der Erste-Hilfe-Versorgung von Unfallopfern bestimmt, die in die Decken eingewickelt werden, damit der Körper nicht auskühlt. Es handelt sich um 0,2 mm dicke Folien in unterschiedlichen Größen (160 X 220 cm, 160 X 225 cm und 140 X 220 cm) bestehend aus Polyethylenterephtalat, die entweder beidseitig mit einer silbrigen Aluminiumschicht oder einseitig mit dieser Aluminiumschicht und auf der anderen Seite mit einer goldenen Lackschicht überzogen sind und die zusammengefaltet zu Paketen von ca. 14 cm Breite und 8,5 cm Länge gefaltet und in kleinen Plastiktüten verpackt geliefert werden. Auf einem eingelegten Papierstreifen befindet sich u.a. der Aufdruck "Rettungsdecke" in mehreren Sprachen; auf der Rückseite ebenfalls in mehreren Sprachen findet sich ein Hinweis zur richtigen Verwendung der Rettungsdecke zum Kälteschutz, zum Hitzeschutz und für Unfälle, daneben auf deutsch die Aufzählung der Anwendungsgebiete: Unfälle, Schock, Verbrennungen, Katastrophen, Schutz gegen Unwetter, Wind, Regen, Schnee, Kälte, Sonneneinstrahlung.

Die Klägerin meldete die Waren beim jeweiligen Zollamt als "China Rettungsdecken, silber/silber (oder gold/silber)" der Codenummer 3005 9099 000 zur Abfertigung zum freien Verkehr an. Die Zollämter nahmen die Anmeldungen z.T. ohne Beschau wie angemeldet an und erhoben wegen des Zollsatzes "frei" nur Einfuhrumsatzsteuer, z.T. entnahmen sie Proben und setzten unter Zugrundelegung der Codenummer 3920 6210 990 Zoll nach einem Präferenzzollsatz (APS) von 7,7 % fest.

Eine bei der Klägerin durchgeführte Prüfung durch das Hauptzollamt für Prüfungen Hannover führte (u.a.) zu dem Ergebnis, dass die Waren entgegen der Anmeldungen der Klägerin nicht in die Codenummer 3005 9099 000, sondern in die Codenummer 3920 6210 990 einzureihen seien, dass z.T. unter Zugrundelegung der letztgenannten Codenummer der Präferenzzollsatz zu Unrecht angewandt worden sei, da die Waren ihren Ursprung tatsächlich in Südkorea gehabt hätten, und dass z.T. zu niedrige Zollwerte von der Klägerin angegeben worden seien (wegen der Einzelheiten wird auf Rz. 3.4 des Prüfungsberichts vom 14.10.1998 verwiesen - Bl. 16 ff. d. Steuerakte). Das Hauptzollamt Lüneburg erhob daraufhin mit Steueränderungsbescheid vom 29. Januar 1999 für die eingeführten Rettungsdecken Zoll nach dem für die Codenummer 3920 6210 990 vorgesehenen Drittlandszollsatz von 11,1 % in Höhe von insgesamt 7.788,09 DM nach (wegen der betroffenen Einfuhren sowie der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage zum Steueränderungsbescheid verwiesen - Bl. 46 d. Steuerakte). Den hiergegen am 23. Februar 1999 erhobenen Einspruch der Klägerin wies das Hauptzollamt Lüneburg mit Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 zurück.

Mit ihrer am 28. Januar 2000 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass sie mit den Zollanmeldungen die zutreffende Codenummer für die Waren angegeben habe. Sie habe sich auf entsprechende zuvor erteilte unverbindliche Zolltarifauskünfte verlassen. Soweit der zu ihrer Unternehmensgruppe gehörenden Fa. A GmbH im Jahr 1995 eine verbindliche Zolltarifauskunft mit der Einreihung in die Unterposition 3920 6210 erteilt worden sei, habe man es seinerzeit versäumt, diese verbindliche Zolltarifauskunft anzufechten. Die Rettungsdekken würden von ihrem Abnehmer und von anderen Verbandstoffherstellern in Erste-Hilfe-Kästen z.B. für Kfz eingelegt; vereinzelt würden sie auch von Endverbrauchern z.B. in Apotheken gekauft, um Erste-Hilfe-Kästen nachzufüllen. Die Rettungsdecke finde praktisch ausschließlich bei Unfällen Anwendung; sie diene dazu, den Wärmeverlust von Verletzten zu verlangsamen, die zu diesem Zweck in die Decke eingewickelt würden. Insoweit sei sie insbesondere bei der Notversorgung von Brandverletzten geeignet, da sie vor lebensbedrohlicher Auskühlung schütze, ohne sich bei Kontakt mit der verbrannten Haut zu verbinden. Damit übernehme die Rettungsdecke bei Brandwunden dieselbe Funktion wie ein Verband bei blutenden Wunden.

Die Klägerin beantragt,

den Steueränderungsbescheid des Hauptzollamts Lüneburg vom 29. Januar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat mit Wirkung vom 1. Januar 2002 die Aufgaben des Hauptzollamts Lüneburg übernommen. Er ist der Ansicht, dass die Rettungsdecke nicht mit Verbandszeug der Position 3005 gleichgesetzt werden könne.

Dem Gericht haben drei Bände Sachakten des Beklagten sowie eine seitens der Klägerin übersandte Warenprobe vorgelegen. Ergänzend wird auf den Akteninhalt, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die ...

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