rechtskräftig

 

Tatbestand

Der Kläger hat die Steuerberaterprüfung 1993 nicht bestanden, weil die Gesamtnote der schriftlichen Prüfungsarbeiten die Zahl 4,5 überstieg (vgl. § 25 Abs. 2 Steuerberater-Durchführungsverordnung). Der Prüfungsausschuß 3 bei der Beklagten hat dem Kläger die Gesamtnote 4,66 erteilt. Der Kläger hat 1993 zum dritten Mal an einer Steuerberaterprüfung teilgenommen.

Bei der Bewertung der Klausuren orientierte sich der Prüfungsausschuß an bundeseinheitlich vorgegebenen Lösungsskizzen, die für die Lösung von Teilaufgaben jeweils Punkte vergaben. Jeder Lösungsskizze war ein bundeseinheitliches Notenschema beigefügt, das für jede Zensur einen bestimmten Punkterahmen vorsah. Dieses „Bundes-Schema” für die Bewertung der Klausuren haben alle vier Prüfungsausschüsse beim Beklagten für die Benotung der Ertragsteuerklausur „unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades der Klausur” derart geändert, daß der Punkterahmen für alle Noten linear um 5 Zähler nach oben verschoben wurde (vgl. Protokoll über die Sitzung des Prüfungsausschuß 3 vom 14.12.93 / grauer Hefter Bl.16). Der geänderte Notenrahmen sah für die Ertragsteuerklausur 1993 folgendermaßen aus:

Punkte

Note

0 – 14

6,0

15 – 24

5,5

25 – 34

5,0

35 – 44

4,5

45 – 53

4,0

54 – 61

3,5

62 – 68

3,0

69 – 75

2,5

76 – 82

2,0

83 – 89

1,5

90 -100

1,0

Der Kläger hat für die Ertragsteuerklausur vom Prüfungsausschuß 23 Punkte und die Note 5,5 erhalten. Für 23 Punkte war sowohl nach dem bundeseinheitlichen wie auch nach dem geänderten Bewertungsschema die Note 5,5 vorgesehen.

Außerdem hat der Prüfungsausschuß in seiner Sitzung vom 14.12.93 beschlossen: „Als Bemessungsgrundlage für die Note gilt bei Differenzen in der Bepunktung zwischen Erst- und Zweitbegutachter die höhere Punktzahl. Halbe Punkte werden zugunsten des Verfassers aufgerundet.”

Für die Ertragsteuerklausur haben bei der Steuerberaterprüfung 1993 46,5% der Prüflinge die Note 5 und schlechter erhalten (FGA Bl. 12). 55,47% der Bewerber sind zur mündlichen Prüfung zugelassen worden.

Mit Bescheid vom 27.12.1993 teilte die Beklagte dem Kläger das Prüfungsergebnis mit. Dagegen hat der Kläger am 25.1.1995 Klage erhoben. Er erhebt „formelle” Einwände (2.) und beanstandet die Bewertung der Ertragsteuerklausur (1.).

(1.) Auf Seite 35 seiner Klausurlösung habe er keinen Punkt erhalten, obwohl er diesen Aufgabenteil (zu § 33a Abs. 2 EStG) richtig gelöst habe. Sein fehlerhafter, „ansatzweiser” Hinweis auf § 33a Abs. 1 EStG hätte nicht zur Versagung der in der Lösungsskizze (Tz 1.6.2.) vorgesehenen 2 Punkte führen dürfen (FGA Bl. 31). Nach der neueren Bundesverfassungsgerichts-Rechtsprechung dürften die Prüfer zutreffende oder doch brauchbare Lösungen nicht als falsch bewerten. Er, der Kläger, wäre bereits bei einem nur um eine halbe Note besseren Klausurergebnis zur mündlichen Prüfung zugelassen worden. Bei der Ertragsteuerklausur hätten ihm 2 Punkte genügt, um von der Note 5,5 auf die Note 5 zu kommen.

Die richtige Antwort zum Stichwort „Provision Stahlgeschäft” sei nur unter Beachtung des Aktiengesetzes und des Handelsgesetzbuches möglich gewesen. Beide Gesetze hätten bei der Klausur nicht zur Verfügung gestanden. Die in der Lösungsskizze zu Punkt 1.2.1.1.2.2. vorgesehenen 2 Punkte seien ihm deshalb zu Unrecht vorenthalten worden.

(2.) Die Klausuren seien extrem schlecht ausgefallen. Die Statistik der Beklagten, nach der 55,47% der Prüfungsteilnehmer zur mündlichen Prüfung zugelassen worden seien, berücksichtige nicht, daß von insgesamt ca. 300 Bewerbern ca. 50 ihre Anmeldung nach der Ertragsteuerklausur zurückgezogen hätten. Berücksichtige man diese zurückgetretenen Bewerber, so komme man auf eine Quote von nur ca. 45%, die die schriftliche Prüfung geschafft hätten. Da auch die Durchfallquote in der mündlichen Prüfung hoch gewesen sei, läge der Prozentsatz derjenigen Prüflinge, die die Prüfung bestanden hätten, bei nur ca. 13%. Dieses Ergebnis spreche für eine übermäßig strenge Bewertung. Auch die Prüfungsausschüsse bei der Beklagten hätten offenbar erkannt, daß die Ertragsteuerklausur zu schwer gewesen sei und hätten deshalb die Änderung des Bewertungsschemas für die Ertragsteuerklausur beschlossen. Diese Bewertungsmilderung sei aber nicht hinreichend gewesen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Im übrigen sei – nach seinen, des Klägers Informationen aus seiner Prüfungsgruppe – in anderen Bundesländern die Durchfallquote geringer gewesen. Es sei zu vermuten, daß dort ein für die Prüflinge günstigeres Bewertungsschema angewandt worden sei. Wenn das Bewertungsschema in den anderen Bundesländern tatsächlich um mehr als 5 Punkte zugunsten der Prüflinge geändert worden sein sollte, liege in der Bewertung seiner Ertragsteuerklausur ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz; er, der Kläger, habe Anspruch auf Anwendung des günstigsten Bewertungsschemas.

Im übrigen sei der aus Art. 3 Grundgesetz fließende Grundsatz der Chancengleichheit auch deshalb verletzt, weil die lineare Anhebung der Bewertungsrahme...

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