Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Umsatzsteuer: Aufzeichnungspflicht von Barumsätzen bei Einnahmenüberschussrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Leistungen eines Partyserviceunternehmens gilt der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG grundsätzlich nur dann, wenn es sich um reine Lieferung von Standardspeisen handelt. Bei einem erheblichen Dienstleistungsanteil bei der Speisezubereitung bzw. Darreichung (spezielle Fertigung nach Kundenwunsch und Lieferung zu einer bestimmten Zeit) oder zusätzlichen Dienstleistungselementen (z. B. Gestellung von Personal, Mobiliar) kommt der ermäßigte Steuersatz regelmäßig nicht zur Anwendung.

2. Auch bei der Einnahmenüberschussrechnung müssen Geschäftsvorfälle fortlaufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Im bargeldintensiven Bereich ist dafür regelmäßig die Führung von Aufzeichnungen ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht notwendig. Eine veränderbare Excel-Tabelle genügt diesen Anforderungen regelmäßig nicht.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1; AO § 162

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen nach einer Außenprüfung.

Die Antragstellerin betreibt seit 2006 das Restaurant A in Hamburg. Das Restaurant hat 40 Innenplätze sowie 20 Plätze in einem ... Wintergarten. Neben Pizza und Pasta bietet das Restaurant andere hochwertigere Fleisch- und Fischgerichte ... an. Für die Streitjahre 2009 bis 2012 ermittelte die Antragstellerin ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR).

Ihren Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerjahreserklärungen legte die Antragstellerin dabei u. a. folgende Werte zugrunde:

2009

2010

2011

2012

Gewinn

... €

... €

... €

... €

Wareneinsatz

... €

... €

... €

... €

Umsatz (netto)

... €

... €

... €

... €

-zu 19 % (netto)

... €

... €

... €

... €

-zu 7 % (netto)

... €

... €

... €

... €

-zu 7 % (Partyservice)

- €

- €

- €

- €

Der Antragsgegner folgte den Erklärungen und erließ Mitteilungen bzw. Steuerbescheide wie folgt:

2009

2010

2011

2012

Umsatzsteuer

... €

... €

... €

... €

Gewerbesteuermessbetrag

... €

... €

... €

... €

Umsatz (netto)

... €

... €

... €

... €

Gewerbesteuer

... €

... €

... €

... €

Einkommensteuer

- €

- €

- €

- €

Für die Streitjahre 2009 bis 2011 führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Außenprüfung sowie für 2012 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch.

Dabei gelangte er zu der Überzeugung, dass die Buchführung der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß und mithin vollständig zu verwerfen sei: Die vorgelegten Kassenaufzeichnungen und Z-Bons seien nicht geeignet, die Höhe der Einnahmen des Restaurants nachzuweisen. Im Prüfungszeitraum sei ein Kassenbuch lediglich in Form von veränderbaren Excel-Tabellen geführt worden. Kassenbestände seien nicht ermittelt worden. Die Prüfung hätte mehrfach rechnerisch negative Kassenbestände ergeben. Im Rahmen einer Schadenanzeige gegenüber einer Versicherung wegen eines Diebstahls habe die Antragstellerin angegeben, in einem Unterschrank versteckt Wechselgeld i. H. v. ... € vorzuhalten, welches nicht im Kassenbuch aufgeführt werde. Damit habe sie bestätigt, dass dem Kassenbuch keine Beweiskraft zukomme. Bis einschließlich 2011 sei zudem der Z-Zähler der Registrierkasse am Monatsanfang auf "1" gestellt worden. Offensichtlich sei daher eine manuelle Einstellung des Z-Zählers möglich. Stornos würden auf den Z-Bons nicht ausgewiesen.

Im Rahmen der Hinzuschätzung von Umsätzen stellte der Antragsgegner fest, dass die erklärten Rohgewinnaufschlagsätze für die Streitjahre zwischen 142 % und 178 % und damit unter den Rohgewinnaufschlagsätzen für die Jahre 2006 bis 2008 (241 %; 231 % bzw. 197 %) und dem niedrigsten Rohgewinnaufschlagssatz für Pizzerien (203 %) gelegen hätten. Bei den Hinzuschätzungen seien ferner von der Antragstellerin auf Privatkonten eingezahlte "Trinkgelder", für die laut Kassenbuch im Zahlungszeitraum nicht genug Einnahmen vorhanden gewesen seien, sowie ungeklärte Einlagen auf Bankkonten zu berücksichtigen. Im Schätzungswege sei von einem Rohgewinnaufschlagssatz i. H. v. 285 % (Mittelwert für Pizzerien) auszugehen. Für 2011 (Jahr mit dem höchsten Wareneinsatz) ergebe sich damit ein täglicher durchschnittlicher Umsatz je Restaurantplatz (60 Plätze, 300 Öffnungstage) von ... €. Da insbesondere an umsatzstarken Wochenenden die Plätze mehrfach belegt würden, sei dies realistischer als die von der Antragstellerin erklärten ... € pro Tag und Platz (bei erklärten durchschnittlichen täglichen Umsätzen i. H. v. ... €).

Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel an der Höhe der erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von 7 %. Soweit es sich um Umsätze des Partyservice gehandelt haben soll, ließen die eingereichten Rechnungen mit den Bezeichnungen "Partyservice; kaltes und warmes Buffet" nicht erkennen, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Für einen etwaigen Außer-Haus-Verkauf sei n...

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