rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Bildung einer Reinvestitionsrücklage aufgrund eines bei der Betriebsprüfung festgestellten Veräußerungsgewinns

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ergibt sich erst nach Einreichung der Bilanz aufgrund Feststellungen der Betriebsprüfung zum Bodenwert die Möglichkeit, wegen eines danach anzusetzenden Veräußerungsgewinns eine Reinvestitionsrücklage zu bilden, so steht der fehlende Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung bei verfassungskonformer Auslegung einer Bilanzänderung aufgrund nachträglicher Ausübung des Wahlrechts nicht entgegen.
  2. Beruht die Eröffnung der Wahlmöglichkeit auf einer noch streitigen Bodenbewertung, kann die Bildung der Rücklage zunächst nur hilfsweise vorgenommen werden.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 2 S. 2, § 6b Abs. 3; GG Art. 19 Abs. 4

 

Streitjahr(e)

1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen IV R 37/04)

 

Tatbestand

Der Kläger veräußerte am 31.5.1994 eine Teilfläche von ca. 140.000 qm aus der Gemarkung Z an die B GmbH & Co. KG zum Zwecke der Auskiesung. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung einer Abgrabungsgenehmigung für die Gewinnung von Kies geschlossen. In dem Kaufvertrag erklärten die Beteiligten, dass für die Ackerkrume 2,30 DM/qm gezahlt werde und 10,70 DM/qm auf die Bodenbestandteile entfalle. Der Buchwert der Fläche betrug 2,31 DM/qm.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass für die Ackerkrume ein Betrag von 3,10 DM/qm anzusetzen sei. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 erhöhte der Prüfer den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1997/1998 um einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 110.787 DM. Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 vom 19.09.2000 legten die Kläger am 27.09.2000 Einspruch ein. Darin wandten sie sich gegen den vom Beklagten angesetzten Wert für die Ackerkrume und beantragten hilfsweise den aus der Veräußerung resultierenden Gewinn im Rahmen einer Bilanzänderung in eine Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG einzustellen. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.6.2001 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren vor Gericht weiter. Im Rahmen eines gerichtlichen Erörterungstermins am 14.5.2004 einigten sich die Beteiligten im Tatsächlichen dahingehend, dass von einem Bodenwert in Höhe von 2,70 DM/qm auszugehen sei. Daraus folgt ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 53.782 DM (142.512 qm x 2,70 DM = 384.782 DM ./. 331.000 Buchwert). Die Kläger sind weiterhin der Ansicht, der Veräußerungsgewinn dürfe in eine Rücklage nach § 6 b EStG steuermindernd eingestellt werden. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG stünde der Bildung der Rücklage nicht entgegen. In den Fällen, in denen der Steuerpflichtige bei der Erstellung der Bilanz das ihm zustehende Wahlrecht mangels Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht ausüben könne, müsse er in der Lage sein, bei Vorliegen der Voraussetzungen zu entscheiden, ob er das Wahlrecht ausübe oder nicht.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die angefochtenen Einkommensteuerbescheide dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinnes in Höhe 53.782 DM unter gleichzeitiger Bildung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG in gleicher Höhe festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Eine nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG allein zulässige Bilanzberichtigung liege nicht vor. Diese beziehe sich nur auf den unrichtigen Ansatz von Wirtschaftgütern (aktive und passive Wirtschaftsgüter einschließlich Rückstellungen). Eine Änderung des steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines Wirtschaftsgutes oder eines Rechnungsabgrenzungspostens sei keine Bilanzberichtigung, sondern eine Bilanzänderung auf Grund der erstmaligen Ausübung eines Wahlrechts.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Kläger hat bei Veräußerung seines betrieblich genutzten Grundstücks einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 53.782 DM (142.512 qm x 2,70 DM = 384.782 DM ./. 331.000 Buchwert) erzielt. Dieser Veräußerungsgewinn ist nach der tatsächlichen Verständigung im Erörterungstermin vom 14.5.2004 zwischen den Beteiligten unstreitig, sodass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

Der Kläger war auch berechtigt, in Höhe des Veräußerungsgewinns eine den Gewinn mindernde Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG zu bilden.

Die Voraussetzungen für die Bildung der Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG, insbesondere die in § 6 b Abs. 4 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Er hat aus der Veräußerung von betrieblich genutztem Grund und Boden einen Veräußerungsgewinn erzielt. Die Grundstücke gehörten länger als 6 Jahre ununterbrochen zum Anlag...

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