Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts wegen rechtbehelfsbefangenem Erbschaftsteuerbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts kann auch nach Ablauf der hierfür geltenden Festsetzungsfrist ergehen, soweit die Feststellung für eine Erbschaftsteuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die aufgrund eines anhängigen Rechtsbehelfs der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt ist.
  2. Die Nachholung des nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erforderlichen Hinweises in der die Bedarfsbewertung betreffenden Einspruchsentscheidung stellt keine Verböserung dar und ist daher ohne vorherige Anhörung des Einspruchsführers zulässig.
 

Normenkette

BewG § 138 Abs. 5 S. 3; AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3a, § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 1, § 181 Abs. 3 S. 1, Abs. 5, § 367 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Streitjahr(e)

2000, 2001, 2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.07.2005; Aktenzeichen II R 10/04)

BFH (Urteil vom 12.07.2005; Aktenzeichen II R 10/04)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Erlass des Bescheides über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 12.05.1996 für das Grundstück…in L-Stadt vom 22.05.2002 die Festsetzungsverjährung entgegengestanden hat.

Die Eheleute „N” waren Eigentümer zu je 1/2 des bebauten Grundstücks in L-Stadt. Am 12.05.1996 verstarb Frau „N” und wurde von ihrem Ehemann „N” beerbt. Herr „N” verstarb am 23.12.2000 und wurde von dem Kläger beerbt.

Herr „N” gab am 19.06.1997 eine Erbschaftsteuererklärung ab. Mit Bescheid vom 22.09.1999 setzte die Erbschaftsteuerstelle des Beklagten die Erbschaftsteuer fest. Bei der Ermittlung des Nachlasswertes berücksichtigte der Beklagte das Grundstück… mit einem Wert von…DM. Der Erbschaftsteuerbescheid enthielt den Hinweis, dass sich eine abweichende Steuerfestsetzung nach Vorliegen des Bescheides über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes ergeben könne (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO -).

Gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 22.09.1999 legte der Bevollmächtigte des Herrn „N” fristgerecht Einspruch ein. Den Einspruch begründete er damit, dass die Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes für Erbfälle in der Zeit vom 01.01. bis 06.11.1996 eine verfassungswidrige, echte Rückwirkung darstelle.

Der Beklagte setzte mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 12.05.1996 vom 25.04.2000 den Grundbesitzwert des Grundstücks…in L-Stadt für Zwecke der Erbschaftsteuer auf…DM fest. Herrn „N” wurde der hälftige Anteil in Höhe von…DM zugerechnet. Bei der Berechnung des Grundbesitzwertes berücksichtigte der Beklagte - wie von Herrn „N” erklärt - die im Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.12.1995 gezahlten Jahresmieten (ohne Betriebskosten). Diese Jahresmieten überprüfte der Beklagte an Hand der Einkommensteuererklärungen der Eheleute „N” für die Jahre 1993 bis 1995. Der Bescheid war an Herrn „N” adressiert, er ist aber weder ihm noch seinem Steuerberater bekannt gegeben worden.

Nachdem die Erbschaftsteuerstelle des Beklagten eine Durchschrift des Bescheides über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes vom 25.04.2000 erhalten hatte, änderte die Erbschaftsteuerstelle den Erbschaftsteuerbescheid vom 22.09.1999 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Gegen den geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 30.10.2000 legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Eine Änderung des Erbschaftsteuerbescheides vom 22.09.1999 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO sei nicht möglich, da der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 12.05.1996 (Grundlagenbescheid) nicht bekannt gegeben worden sei.

Der Beklagte wies den Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 22.09.1999 in der Form des Änderungsbescheides vom 30.10.2000 mit Einspruchsentscheidung vom 30.11.2000 als unbegründet zurück.

Daraufhin erhob der Prozessbevollmächtigte des Herrn „N” am 28.12.2000 Klage. Der Kläger führte das Klageverfahren fort, es ist unter dem Az: 4 K 7967/00 Erb beim Finanzgericht Düsseldorf anhängig.

Mit Schreiben vom 22.01.2001 teilte die Steuerberatungsgesellschaft…dem Beklagten die fehlende Bekanntgabe des Bescheides über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes vom 25.04.2000 mit und bat um Zusendung dieses Bescheides. Der Bescheid wurde der Steuerberatungsgesellschaft…am 25.01.2001 in Kopie zugesendet.

Am 22.05.2002 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes für das Grundstück…auf den 12.05.1996, der hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen inhaltsgleich mit dem Bescheid vom 25.04.2000 ist. Diesen Bescheid sendete der Beklagte an die Steuerberatergesellschaft…als Empfangsbevollmächtigte für den Kläger, dieser als Erbe nach Herrn „N”. Einen Hinweis, dass die gesonderte Feststellung nur für Steuerfestsetzungen von Bedeutung ist, für die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen is...

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