vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen bei „Sale-and-Lease-back”-Geschäften und nachträglicher Eintritt eines Leasing-Unternehmens als Besteller in die Lieferkette

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Werden „Sale-and-Lease-back"-Geschäfte und der nachträgliche Eintritt des Leasinggebers als Besteller in die Lieferkette von den beteiligten Vertragspartnern als umsatzsteuerliche Lieferungen behandelt, ohne dass dafür eine rechtliche Grundlage bestand, ist der Ansatz der unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 UStG a.F. unbillig und daher die Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen herabzusetzen, weil zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung des Steueraufkommens bestand und die jeweiligen Rechnungen unschwer berichtigt werden konnten.
  2. Dass die Rechnungen mit unberechtigtem Umsatzsteuerausweis noch nicht im Veranlagungszeitraum der Ausstellung berichtigt wurden, hat in diesen Fällen für die Frage, ob sich daraus ergebende Umsatzsteuern unbillig sind, keine entscheidende Bedeutung.
 

Normenkette

AO § 163 S. 1; UStG a.F. § 14 Abs. 3 S. 1; FGO § 102

 

Streitjahr(e)

2010, 2011

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A GmbH & Co. KG (A), vormals B GmbH & Co. KG. Die…Gruppe „...” erwarb zum 1.1.2007 die C GmbH in D. Zum 1.1.2008 wurden die Geschäftsbetriebe der A und die E GmbH & Co. KG in der C GmbH zusammengeführt. Die Gesellschaften wurden auf die Klägerin verschmolzen.

Die A erbrachte Finanzierungsleistungen an Unternehmen. Diese Finanzierungsleistungen waren nicht als Darlehen ausgestaltet, sondern die A schaltete sich in der Funktion eines Zwischenhändlers in den Erwerb des jeweils betroffenen Wirtschaftsguts ein.

Anlässlich einer bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A durchgeführten Betriebsprüfung wurden die Finanzierungsleistungen unter zwei Arbeitstiteln abgehandelt - nämlich unter „Bestelleintritt” und „Sale-and-Mietkauf-back”. Dazu hatte das Bundeszentralamt für Steuern in seinem Bericht vom 5.7.2010 Folgendes festgestellt:

„Bestelleintritt”

Im Geschäftsbereich „Finanzierung von Mietkaufverträgen” waren Kaufverträge von Kunden mit Lieferanten (Händlern) häufig schon im Zeitpunkt der Finanzierungszusage abgeschlossen. Die A habe nur in wenigen Fällen einen schriftlichen Bestelleintritt gegenüber den Händlern erklärt. Deshalb könne der Bestelleintritt lediglich aus den an die A adressierten Rechnungen der Lieferanten abgeleitet werden. Aus den Übernahmeerklärungen der Kunden habe sich vielfach ergeben, dass die Lieferungen der Lieferanten an die Kunden im Zeitpunkt der Finanzierungszusage bereits ausgeführt worden seien. Umsatzsteuerlich seien die Geschäfte als Lieferung der Lieferanten an die A und anschließend als Weiterlieferung der A an die Mietkäufer behandelt worden - die A habe die Vorsteuern aus den Lieferantenrechnungen gezogen. Der Vorsteuerabzug sei insoweit zu versagen, als die Kaufverträge zwischen den Lieferanten und dem Finanzierungskunden geschlossen worden seien und die A keine dreiseitige Vereinbarung über einen wirksamen Bestelleintritt vorgelegt habe. Der Mietkaufvertrag stelle in diesen Fällen keine Lieferung an den Mietkäufer, sondern als Darlehensgewährung eine steuerfreie sonstige Leistung dar. Im Einzelnen gehe es um folgende Beträge:

2001  

2002

2003

2004

97.213,78 €

137.102,77 €

82.400,00 €

33.248,00 €

„Sale-and-Mietkauf-back”

Bei den von der A vorgenommenen „Sale-and-Mietkauf-back"-Geschäften seien die jeweils betroffenen Wirtschaftsgüter von den Kunden an die A verkauft worden. Unmittelbar anschließend habe die A die Wirtschaftsgüter gegen Ratenzahlung an die Kunden rückverkauft. Beide Geschäfte seien als Lieferungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer behandelt worden. Lieferungen setzten voraus, dass dem Abnehmer die tatsächliche Verfügungsmacht über den Liefergegenstand verschafft werde. In den hier beanstandeten Fällen sei jeweils vorab geregelt worden, dass das zivilrechtliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern mit Zahlung der letzten Rate an den Mietkäufer übergehe. Bei dieser Gestaltung verbleibe das wirtschaftliche Eigentum während der gesamten Vertragsdauer beim Finanzierungskunden, der auch die tatsächliche Herrschaft durch die Nutzung des Wirtschaftsguts in seinem Betrieb ausübe. Die zivilrechtliche Eigentumsübertragung diene lediglich der Besicherung. Der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung entspreche der einer Sicherungsübereignung mit dem Ergebnis, dass keine umsatzsteuerlichen Lieferungen vorlägen. Die A habe gegenüber ihren Kunden auch hier steuerfreie Leistungen erbracht - als Darlehen. Daraus folgten weitere Vorsteuer-Kürzungen:

2001

2002

2003

2004

0,00 €

0,00 €

1.134.266,63 €

4.071.039,11 €

Dementsprechend gab die Klägerin berichtigte Umsatzsteuererklärungen ab. Gegenüber den zuvor festgesetzten Umsatzsteuern ergaben sich - unter Berücksichtigung hier nicht streitiger Verrechnungen - folgende Nachzahlungsbeträge:

2001

2002

2003

2004

97.213,78 €

137.102,77 €

1.246.670,63 €

2.819...

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