rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Isolierte Anfechtungsklage gegen Einspruchsentscheidung bei zusätzlicher Beschwer zulässig. Begründungszwang. Einkommensteuer 1996 und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1996

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Einspruchsentscheidung, die gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält, da sie nicht oder nur unverständlich begründet worden ist und damit den Zwecken des Rechtsbehelfsverfahrens und des Begründungszwangs nicht gerecht wird, ist isoliert anfechtbar.

2. Einspruchsentscheidungen sind zu begründen, da die allgemeinen Verfahrensvorschriften der §§ 121 und 127 AO auf sie nicht anwendbar sind. Im Interesse des Rechtsschutzes des Bürgers muss die Begründung auf den konkreten Fall abstellen, aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar sein und erkennen lassen, wie die Behörde ihren Verwaltungsakt rechtfertigt, insbesondere auf welchen Sachverhalt, welche Rechtsgrundlage und welche Rechtsansicht sie ihn stützt.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; VwGO § 79 Abs. 2 S. 1; FGO § 44 Abs. 2; AO 1977 §§ 366, 367 Abs. 2, § 121 Abs. 2, §§ 127, 365 Abs. 1

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 17. März 1999 wird aufgehoben. Die Verfahrenskosten tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine begründete Einspruchsentscheidung vorliegt.

Im Einkommensteuerbescheid 1996 der Kläger vom 29. April 1997 wurde bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein Betrag von DM 135.002,– als Bruttoarbeitslohn berücksichtigt. Der Bescheid vom gleichen Tage über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1996 stellte den Verlustabzug mit 37.519,– DM für den Kläger fest.

Bei einer beim Arbeitgeber des Klägers durchgeführten Außenprüfung kam die Verwaltung zu dem Ergebnis, daß der Kläger im Jahr 1996 steuerpflichtigen Arbeitslohn in Form einer privaten Pkw-Nutzung erhalten hatte, der vom Arbeitgeber nicht in voller Höhe versteuert worden war. Der Lohnsteueraußenprüfer errechnete für 1996 einen nachzuversteuernden geldwerten Vorteil aus der Überlassung firmeneigener Fahrzeuge in Höhe von 14.016,– DM.

Unter dem 20. November 1998 erließ der Beklagte einen berichtigten Einkommensteuerbescheid für 1996. Darin wurde der Bruttoarbeitslohn des Klägers gegenüber dem ersten Steuerbescheid um den vom Lohnsteueraußenprüfer festgestellten Wert erhöht, so daß er nunmehr 149.018,– DM betrug.

In den Erläuterungen zum Änderungsbescheid führte der Beklagte wörtlich aus: „Der Festsetzung / Feststellung liegen die Ergebnisse der bei Ihnen durchgeführten Prüfung zugrunde (siehe Prüfungsbericht vom …)”.

Der daraufhin ebenfalls berichtigte Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1996 stellte den Verlust nun mit 12.144,– DM fest.

Die Kläger legten Einspruch gegen beide geänderten Bescheide ein und baten den Beklagten um Übersendung des Prüferberichts und dessen Erläuterung.

Zur Begründung des Einspruchs führten sie aus, daß der geänderte Einkommensteuerbescheid 1996 gemäß § 125 Abs. 1 AbgabenordnungAO – mangels hinreichender Bestimmtheit nichtig und daher unwirksam sei. So verweise die Begründung des Berichtigungsbescheides auf eine bei dem Kläger durchgeführte Prüfung. Eine solche habe aber nicht stattgefunden. Gemeint sei wohl die beim Arbeitgeber des Klägers durchgeführte Prüfung, über die die Kläger entgegen dem Begründungstext keinen Prüfungsbericht erhalten hätten.

Es fehle somit an einer zureichenden Begründung (§ 121 Abs. 1 AO). Diese sei nicht nach § 121 Abs. 2 Nr. 2 AO entbehrlich.

Der Beklagte nahm mit Schreiben vom 23. Februar 1999 zu der Einspruchsbegründung Stellung. Er führte darin aus, daß der geänderte Einkommensteuerbescheid 1996 nicht nichtig sei, da er den Steuerschuldner, das Steuerjahr und die Steuerart enthalte. Die formellen Vorschriften des § 157 AO seien beachtet worden. Er erläuterte weiter, daß die Änderungen des Steuerbescheides aufgrund der beim Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung und der dabei festgestellten geldwerten Vorteile aus der Überlassung firmeneigener Fahrzeuge resultierten.

Der im Änderungsbescheid zur Begründung verwendete Standardtext sei zwar mißverständlich gewesen. Eine Nachfrage hätte jedoch zur Klärung geführt. Zudem ergebe sich die Änderung bereits aus dem Steuerbescheid.

Außerdem sei der Einspruchsführer telefonisch betreffend den Einkommensteuerbescheid 1997 über die beim Arbeitgeber durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung und der dabei festgestellten Zuwendung geldwerter Vorteile informiert worden. Ihm sei der der Änderung der Bescheide zugrundeliegende Sachverhalt somit bekannt gewesen. Die Berechnung der geldwerten Vorteile sei ihm mit Schreiben vom 09. Februar 1999 übersandt worden.

Da die Feststellungen des Lohnsteueraußenprüfers nicht angefochten würden, bestehe insgesamt kein Grund, dem Einspruch zu entsprechen.

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