Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreie Beihilfen zur Erziehung – Honorarauszahlung über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Beauftragt das Jugendamt einen Träger der freien Jugendhilfe zu einem abstrakt festgelegten Honorarsatz mit der Betreuung eines Pflegekindes, so stellen die von dem privaten Träger an die von ihm mit der Erbringung der Pflegeleistung beauftragte Pflegeperson/Erziehungsstelle ausgezahlten Vergütungen keine steuerfreien Beihilfen zur Erziehung i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG dar, wenn die Pflegeperson weder ihre Honorare aus öffentlichen Mitteln erhält, weil sie nach Maßgabe eines eigenständigen Vertrages mit dem privaten Träger bemessen und gezahlt werden (vgl. BMF-Schreiben vom 22. Oktober 2018, BStBl. I 2018, 1109), noch – nach Lage des Einzelfalls - die Verwendung der Mittel durch den privaten Träger der öffentlichen Rechnungskontrolle unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2014 VIII R 29/11, BStBl. II 2017, 432).

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 11

 

Streitjahr(e)

2016

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.03.2021; Aktenzeichen VIII R 37/19)

 

Tatbestand

Die Klägerin hatte im Streitjahr 2016 in Ihrem Haushalt den minderjährigen B als Pflegekind in Vollzeitpflege im Sinne von § 33 Sozialgesetzbuch 8. Band (nachfolgend SGB VIII) aufgenommen; weitere Pflegekinder wurden nicht betreut.

Hierfür erhielt die Klägerin von der C Jugendhilfe GmbH, einem kommerziellen privaten Träger der freien Jugendhilfe (nachfolgend nur noch GmbH) monatliche Beträge wie folgt:

Honorar der Klägerin

 2.981,00 € jeweils in den Monaten Januar bis April 2016, Mai bis Dezember 2016 jeweils 3.181,00 € monatlich.

Versorgungspauschale

 744,00 € jeweils in den Monaten Januar bis April 2016, jeweils 819 € monatlich in den Monaten Mai bis Dezember 2016

Taschengeld

 jeweils monatlich 23,70 €

Bekleidungsgeld

 Beträge zwischen monatlich 38,13 € und 35,76 €

Fortbildung

 35,00 € jeweils monatlich in den Monaten Januar bis April

Die Klägerin reichte eine Gewinnermittlung (Einnahme - Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG-) für eine selbständige Tätigkeit ”Erziehungstelle“ zu den Akten des Finanzamtes. Darin waren die ihr von der GmbH gezahlten Honorare (nicht die monatlich gezahlten Versorgungspauschalen, das Taschengeld, das Bekleidungsgeld und die Zahlungen für Fortbildung) von insgesamt 37.372 als Einnahmen erfasst. Nach Abzug von Betriebsausgaben in Höhe von 12.598 € erklärte die Klägerin einen Gewinn aus ihrer Tätigkeit in Höhe von 24.782 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die dem seinerzeit zuständigen Finanzamt…elektronisch am 25.9.2017 übermittelten Einkommensteuererklärung Bezug genommen.

Mit beim Finanzamt…am 26.9.2017 eingegangenen Schreiben machte die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 5. November 2014 (VIII R 29/11, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2017, 432) geltend, die von der GmbH geleisteten Zahlungen seien steuerfreie Beihilfen zur Erziehung im Sinne von § 3 Nr. 11 EStG. Die Beihilfen würden vom Jugendamt Z bewilligt und überwacht. Die GmbH sei lediglich zwischen geschaltet. Sie bitte deshalb um Erstattung aller Steuerzahlungen seit dem Jahr 2010.

In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abgabenordnung (AO) ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom 29.12.2017 wurde der Gewinn wie erklärt berücksichtigt und eine Einkommensteuer in Höhe von 2.142 € festgesetzt.

Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin weiterhin geltend, es handele sich um steuerfreie Einnahmen. Sie legte dazu eine Bescheinigung der GmbH vom 9.10.2017 vor, in der es heißt: ”Hiermit bescheinigen wir, dass die Betreuungsarbeit, die A für die C Jugendhilfe GmbH leistet, letztendlich vom Jugendamt und damit aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.“ Der mittlerweile zuständig gewordene Beklagte forderte die Klägerin mehrfach erfolglos dazu auf, den zwischen ihr und der GmbH geschlossenen Betreuungsvertrag und die Vereinbarung zwischen dem Jugendamt Z und der GmbH über die Gewährung und Verwendung der Beihilfen vorzulegen. Mit Entscheidung vom 6.11.2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 22. Oktober 2018 (IV C 3 - S 2342/07/0001:138, BStBl. I 2018, 1109) handele es sich nur dann um steuerfreie Beihilfen zur Erziehung im Sinne von § 3 Nr. 11 EStG, wenn das Geld vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlt werde und dieser das ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weiterleite, so dass sich durch diese Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach nichts am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson ändere. Wenn hingegen die freien Träger den örtlichen Jugendämtern Pflegepersonen zur Verfügung stellten, diese selbst vergüteten und ihrerseits die den Pflegepersonen gezahlten Vergütungen dem Jugendamt in Rechnung stellten, erhielten die Pflegepersonen keine nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfreien Bezüge aus ...

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