rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Vorläufigkeit bei teilweise vorläufiger Steuerfestsetzung. Einkommensteuer 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Hinweis im Steuerbescheid, dass dieser aufgrund der Feststellungen im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung ergangen sei, löst auch dann keine Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus, wenn einzelne Textziffern des Prüfungsberichts die Absicht einer insoweit vorläufigen Steuerfestsetzung erkennen lassen.

2. Wird versehentlich der Umfang der Vorläufigkeit in einen Steuerbescheid nicht angegeben, so ist darin keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO zu sehen, weil erkennbar ein Rechtsfehler vorgelegen hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 165 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 129 S. 1

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 22.11.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.1998 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 1993 gemäß § 165 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) ändern durfte.

Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger erzielte als Garten- und Landschaftsbauarchitekt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Klägerin führte bis Ende 1993 ein Einzelhandelsgewerbe mit Geschenkartikeln.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 14.09.1993 ein bebautes Grundstück auf der Insel … zu einem Kaufpreis in Höhe von 670.000,00 DM zuzüglich Nebenkosten. Die Nutzung und Lasten gingen am 30.10.1993 über. Ab dem 01.03.1994 vermietete der Kläger das Grundstück an seine Ehefrau, die dort eine Frühstückspension führte. In der Zeit des Leerstehens wurden erhebliche Umbau- und Renovierungsmaßnahmen durchgeführt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger einen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück auf … in Höhe von 383.084,00 DM. Die Kläger machten unter anderem eine Absetzung für außergewöhnliche technische bzw. wirtschaftliche Abnutzung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 279.662,00 DM geltend, die sie damit begründeten, daß erhebliche Mängel aufgetreten seien und der Kaufpreis überhöht gewesen sei.

Im Hinblick auf eine ausstehende Außenprüfung übernahm der Beklagte bei der Einkommensteuerveranlagung den erklärten Verlust. Mit Bescheid vom 07.12.1994, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO erging, setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1993 in Höhe von 154.191,00 DM fest.

Mit Prüfungsbeginn am 12.12.1994 führte der Beklagte bei den Klägern eine steuerliche Außenprüfung für Einkommensteuer und jeweils Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993 durch. Der Außenprüfer beabsichtigte, abweichend von den Angaben der Kläger den Wert des Grund und Bodens für das Grundstück auf … mit 400,00 DM statt mit 200,00 DM pro m² bei der Kaufpreisaufteilung zu berücksichtigen. Außerdem war der Außenprüfer der Ansicht, daß die Absetzung für außergewöhnliche oder technische Abnutzung nicht in der angesetzten Höhe zu berücksichtigen sei.

Da bei der am 21.02.1995 stattgefundenen Schlußbesprechung eine Einigung hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück auf … nicht erzielt werden konnte, beabsichtigte der Außenprüfer, vor Erstellung der Außenprüfungsberichte die Bewertungsstelle des zuständigen Lagefinanzamtes zu diesem Sachverhalt um Stellungnahme zu bitten. Auf mehrfache Anfrage des Außenprüfers gab das Finanzamt … mit Schreiben vom 01.03.1995 an, daß erst im August/September 1995 ein Bausachverständiger zur Verfügung stehen würde. Laut eines Aktenvermerkes teilte der Außenprüfer daraufhin der Prozeßvertreterin der Kläger am 10.03.1995 telefonisch mit, daß die Außenprüfungsberichte unter Anerkennung des Verlustes aus dem Grundstück auf … erstellt würden und der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig erlassen werde. Nach Angaben des Beklagten habe sich die Prozeßvertreterin damit einverstanden erklärt.

In dem sodann erstellten Außenprüfungsbericht vom 20.03.1995 an die Klägerin führte der Beklagte unter Tz. 14 aus:

„Der Verlust aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück auf … bleibt hinsichtlich des Ansatzes des Grund- und Bodenanteils sowie der Abschreibung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung strittig.

Der Einkommensteuerbescheid wird hinsichtlich dieses Punktes vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO erlassen.”

und unter Tz. 16:

„(…) Der Bescheid ergeht hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig.”

In dem Außenprüfungsbericht vom 20.03.1995 an den Kläger vermerkte der Außenprüfer unter Tz. 23, daß sich die Änderungen (bezüglich der Einkommensteuer) aus dem Außenprüfungsbericht an die Ehefrau ergeben würden.

Die Außenprüfungsberichte wurden der Prozeßbevollmächtigten sowie jeweils den Klägern zugesandt.

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