Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für seine am 29. Mai 1978 geborenen Töchter A und B Kindergeld.

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers, ihm für seine Töchter auch nach Abschluß ihrer gymnasialen Schulausbildung für die Zeit einer Sprachausbildung im Ausland Kindergeld zu gewähren, mit Bescheid vom 13. August 1997 ab und wies den dagegen erhobenen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 1997 als unbegründet zurück.

Mit seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er habe weiterhin Anspruch auf Kindergeld, weil sich seine Töchter in der Zeit ihrer Tätigkeit als sog.”Au-pair” Mädchen im Ausland nach wie vor in Berufsausbildung befänden. In dieser Zeit besuchten sie Sprachschulen mit wöchentlich fünf Unterrichtsstunden zuzüglich der erforderlichen Vorbereitungszeiten. Die Tätigkeit der Töchter in den jeweiligen ausländischen Familien diene ebenfalls dazu, bereits vorhandene Englisch- bzw. Französischkenntnisse zu vertiefen und zu perfektionieren.

Es stehe noch nicht fest, welchen Beruf und welchen Ausbildungsweg die Töchter beschreiten würden. Möglicherweise würden sie Jura studieren. Das Bemühen, umfassende Kenntnisse einer Fremdsprache zu erlangen, könne als Bestandteil einer Berufsausbildung angesehen werden. Allein der Aufenthalt im Ausland zur Erlangung perfekter Fremdsprachenkenntnisse könne Bestandteil der Berufsausbildung sein. Gerade in den akademischen Berufen werde im Hinblick auf die Europäische Union zunehmend verlangt, daß Bewerber um einen Arbeitsplatz zumindest in zwei Sprachen perfekt arbeiten könnten.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, daß eine der Töchter die Ausbildung als Finanzanwärterin des gehobenen Dienstes und die andere ein rechtswissenschaftliches Studium betreiben wolle.

Der Kläger beantragt,

ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 13. August 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 1997 für seine Töchter A und B ab Juli 1997, für die Tochter B aber nur bis Februar 1998, Kindergeld zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) Einkommensteuergesetz -EStG-, weil die Zeit des Aufenthalts seiner Töchter als sog. „au-pair”- Mädchen im Ausland trotz der in diesem Zusammenhang besuchten Sprachkurse keine Berufsausbildung im Sinne der Vorschrift ist.

Unter Berufsausbildung wird der Inbegriff derjenigen Maßnahmen verstanden, durch die erst das für den Beruf typische Können und schließlich eine selbständige, gesicherte Lebensstellung erworben werden sollen (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 12. Dezember 1984, 10 RKg 12/84, Sozialrecht -SozR- 5870 § 2 Nr. 39; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32 EStG Rz. 93).

Dabei entnimmt die Rechtsprechung dem Zweck jeglicher Berufsausbildung, für einen „Beruf” als eine bestimmte Tätigkeit zu befähigen, daß nicht der Erwerb irgendwelcher, objektiv an sich durchaus allgemein nützlicher, wünschenswerter oder förderlicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zugleich als Ausbildung im Sinne des Kindergeldrechts zu bewerten ist, sondern nur die den angestrebten Beruf betreffenden Bildungsmaßnahmen (BSG, Urteile vom 25. April 1984, 10 RKg 2/83, SozR 5870 § 2 Nr. 32, und vom 12. Dezember 1984, 10 RKg 12/84, Sozialrecht -SozR- 5870 § 2 Nr. 39; Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 11. Oktober 1984 VI R 69/83, Bundesteuerblatt – BStB- II 1985, 91 -zu § 32 Abs. 6 EStG 1975-; Urteil vom 24. April 1992, VI R 141/89, 1992, 666; Wickenberg/Krebs, Bundeskindergeldgesetz -BKGG, § 2 Rz. 101).

Auf dieser Grundlage kann eine Sprachausbildung im Ausland im Anschluß an den Abschluß der Schulausbildung -wie im Streitfall nach Bestehen des Abiturs durch die Töchter des Klägers- auch in der Form eines sog. „au-pair”-Verhältnisses als Berufsausbildung in Betracht kommen.

Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu § 2 BKGG, die der Regelung in § 32 Abs. 4 EStG weitgehend entsprach, ist dafür jedoch erforderlich, daß die Sprachausbildung für ein konkret angestrebtes berufliches Ziel -auch für ein konkret geplantes Studium- geboten ist (BSG, Urteil vom 17. Mai 1989, 10 RKg 5/88, SozSich 1990, 31; Urteil vom 22. November 1994, 10 RKg 17/92, SozR 3-5870 § 2 Nr. 29 zur angestrebten Ausbildung als Dolmetscherin oder Fremdsprachenkorrespondentin; ebenso Bundearbeitsgericht -BAG, Urteil vom 16. Mai 1969, 3 AZR 412/68, Der Betrieb -DB- 1969, 1656; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. März 1993, L 6 Kg 10/92, Breithaupt 1994, 58) und die im Zusammenhang einer „au-pair”- Tätigkeit erfolgende Ausbildung in der Fremdsprache durch einen quantitativ und quali...

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