rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertungsverbot mittelbarer Erkenntnisse aus unzulässiger Telefonüberwachung wegen Steuerhehlerei

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mittelbare Erkenntnisse, die auf einer unzulässigen Telefonüberwachung wegen Steuerhehlerei beruhen, dürfen bei der Festsetzung von Einfuhrabgaben auf geschmuggelte Zigaretten nicht verwertet werden.
  2. Unter dieses Verwertungsverbot fallen auch Niederschriften über Vernehmungen, bei denen die Beschuldigten auf Vorhalt der Gesprächsaufzeichnungen zur Sache ausgesagt haben.
  3. Eine Wiederholung der Aussagen vor dem Finanzgericht vermag den Mangel nicht zu beseitigen.
 

Normenkette

ZK Art. 202, 213; TabStG § 21; UStG § 21 Abs. 2; GG Art. 10; StPO § 100a Nr. 2 AO § 374

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Steuerbescheide des Beklagten, mit denen er auf Zahlung von Einfuhrabgaben in Anspruch genommen wird.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Jahr 2002 fanden aufgrund von Beschlüssen des Amtsgerichts C-Stadt (die sich nicht in den übersandten Verwaltungsakten befinden) Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen eine Tätergruppe um Herrn R., Herrn H., Herrn L. und Herrn M. statt.

Im Verlauf der Ermittlungen wurde Herr M. wiederholt vernommen und dabei auch auf den Kläger angesprochen. In seiner Vernehmung vom 10. Oktober 2002 durch das Zollfahndungsamt K-Stadt – ZFA – gab er u. a. an:

... Sie hätten jetzt eine Garage. Wem die Garage gehöre, wisse er nicht. Den Namen der Straße, in der die Garage liege, wisse er nicht. Er könne das aber wie folgt beschreiben:

... am Hühnerstall [Imbiss] vorbei in Richtung Bundesstraße und dann nach 200 bis 300 m komme links eine Einfahrt. Dort seien ca. 20 bis 25 Garagen. Es handele sich um die dritt- oder viertletzte Garage auf der rechten Seite. ...

... Er habe ausschließlich die Zigaretten aus der Garage in D. [Ortsteil von F-Stadt] ausgegeben. ...

... Der Name „Pommes Fritz” sage ihm nichts. ...

...Angesprochen auf einen Fritze: Soweit er wisse, müsse der was mit der Garage zu tun haben. Ob der Zigaretten bekommen habe oder sich Zigaretten selbst genommen habe, wisse er nicht. Er wisse nur, dass in der Garage private Sachen von dem Fritz gewesen seien. ...

... Der Herr L habe Zigaretten der Marke HB bringen sollen. Die hätten für... und den Fritzos (Fritz) sein sollen.…Wenn ihm vorgehalten werde, er hätte drei, Herr C. drei und Fritz einen bekommen, so stimme das…Auf das Gespräch vom 27.09.2002 um 13.07 Uhr angesprochen: Der Fritz sei in den Urlaub gefahren und er habe von ihm 1.000 EUR für Herrn R. bekommen.…Von ihm habe der Fritz keine Zigaretten bekommen.

Zur Lage der angesprochenen Garage fertigte Herr M. eine Handskizze an.

In der Vernehmung vom 22. Oktober 2002, ebenfalls vor dem ZFA, sagte Herr M. u. a. aus:

... Er habe den Ermittlern heute ebenfalls die Garage in der T-Straße Ecke L-Straße gezeigt, in der er die Zigaretten angenommen und eingelagert gehabt habe. Es sei die Garage mit der Nummer 1 gewesen.

... Wenn ihm gesagt werde. dass die von Karl gebrachten Zigaretten Originale gewesen seien, so seien das mit Sicherheit 50er Kartons gewesen. Die seien nur ein- oder zweimal gekommen. Von diesen 10 Einheiten, das seien also 500 Stangen, habe der Fritz T. vermutlich 100 Stangen und der Kalli Herr C. vermutlich 400 Stangen bekommen. So sei es geplant gewesen. ...

Im Haftprüfungstermin am 30. Oktober 2002 vor dem Amtsgericht C-Stadt gab Herr M. u. a. an:

... Insgesamt treffe es sicher zu, dass er in dem Tatzeitraum von Februar bis September 2002 11.964 á 200 Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten übernommen habe. Er habe die Menge mit den Zollbeamten berechnet. Man habe das anhand der Telefonüberwachungsprotokolle genau nachvollziehen können.

Der ebenfalls zu der Tätergruppe gehörende Herr L. sagte am 23. Oktober 2002 und am 11. November 2002 gegenüber dem ZFA aus. Die Aussagen enthalten keine Hinweise auf den Kläger.

Herr R. wurde u. a. am 9. Dezember 2002 vom ZFA vernommen und gab an:

... In den Gesprächen sei der Name „Pommes Fritz” gefallen. Damit sei der Fritz T. gemeint, dem die Garagen gehörten. Der T. habe aber nur ein paar Zigaretten bekommen. Auf der Zeichnung von Herrn M. müsste die Garage sein, die er meine. ...

Wenn ihm in diesem Zusammenhang der Name Fritz T. genannt werde, so könne er sagen, auch der habe Zigaretten bekommen. Wie viel der im Einzelnen bekommen habe, wisse er nicht.

Herr H. sagte vor dem ZFA am 10. Dezember 2002 u. a. aus:

... Die Zigaretten seien zum Pommes Frites [Fritz] gebracht worden.…Auf Frage, ob ihm der Name T. etwas sage: Ja genau, der habe T. geheißen.

Der Fritz T. habe eine Garage gehabt, wo sie hätten abladen können.…Er sei nie dabei gewesen, wenn Zigaretten geliefert worden seien. ...

... Der Herr L. sei manchmal mit dem Bus seiner Lieferanten gekommen.…Die Zigaretten habe er zum Pommes Frites [Fritz] in die Garage gebracht. ...

... Wenn in dem Haftbefehl stehe, dass er Zigaretten an W. in F-Stadt ausgeliefert habe, so stimme das nich...

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