vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelbesteuerung bei wechselweiser Auslieferung von Dieselkraftstoff und Heizöl - Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die in § 26 Abs. 6 MinöStG a.F. angeordnete Doppelbesteuerung des anteiligen Dieselkraftstoffs in einem Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch bei Überschreitung der in § 9 Abs. 1 Satz 1 HeizölkennzV geregelten Höchstmengen durch einen mit einem Tankfahrzeug wechselweise Dieselkraftstoff und Heizöl ausliefernden Händler rechtfertigt keinen teilweisen Erlass der Mineralölsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen.
  2. Die eine solche Doppelbesteuerung vermeidende Neuregelung des § 26 Abs. 6 Satz 3 MinöStG durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 ist nicht rückwirkend anwendbar.
 

Normenkette

AO § 227; MinöStG a.F. § 26 Abs. 6; MinöStG i.d.F. vom 23.7.2002 § 26 Abs. 6 S. 3; HeizölkennzV § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen VII R 7/12)

BFH (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen VII R 7/12)

 

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin handelte von ihren Niederlassungen in A, B, C und D aus mit Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl. In den Jahren 2000 und 2001 ließ sie durch ihre Fahrer mit ihren Tankfahrzeugen Dieselkraftstoff und Heizöl wechselweise an ihre Kunden ausliefern.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 zeigte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem damaligen Hauptzollamt an, dass es nach einer von ihr durchgeführten internen Prüfung im Jahr 2000 bei der wechselweisen Abgabe von Heizöl und Dieselkraftstoff zu Überschreitungen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 der Heizölkennzeichnungsverordnung (HeizölkennzV) geregelten Höchstmengen gekommen sei. Beamte des beklagten Hauptzollamts stellten im Rahmen einer daraufhin angeordneten Außenprüfung fest, dass mit den Tankfahrzeugen der Rechtsvorgängerin der Klägerin von ihren Niederlassungen in A, B, C und D aus im Jahr 2000 insgesamt 1.402.190 Liter und im Jahr 2001 insgesamt 330.062 Liter Gasölgemische als Kraftstoffe abgegeben worden waren (Prüfungsbericht vom 28. Juni 2002). Das beklagte Hauptzollamt setzte deshalb gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2003 insgesamt 665.533,41 EUR Mineralölsteuer fest.

Gegen diesen Bescheid legte die Rechtsvorgängerin der Klägerin Einspruch ein. Ferner beantragte sie, ihr 645.858,88 EUR Mineralölsteuer zu erlassen, die auf die Doppelbesteuerung des Dieselkraftstoffs entfalle. Zur Begründung machte sie geltend: Die Doppelbesteuerung des anteiligen Dieselkraftstoffs in den Gemischen sei unangemessen und laufe dem Willen des Gesetzgebers zuwider. Der Gesetzgeber habe durch die Neuregelung des § 26 Abs. 6 Satz 3 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG), die durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl I, 2778) eingefügt worden sei, anerkannt, dass die Doppelversteuerung des Dieselkraftstoffs unangemessen sei. Sie habe auch keinen Steuervorteil erzielt, weil jeweils gleich große Restmengen bei einem Wechsel der Mineralöle abgegeben worden seien. Die Steuer sei zudem durch ein abgabenrechtlich entschuldbares Verhalten entstanden, was nach Nr. 7.1.1 der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der Zollverwaltung (AO-DV Zoll) eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertige.

Das beklagte Hauptzollamt lehnte mit Bescheid vom 9. November 2004 einen Erlass der Steuer ab und führte aus: Der Gesetzgeber habe die zusätzliche steuerliche Belastung des Anteils an Dieselkraftstoff in Fällen unzulässiger Vermischungen gewollt. Bis zum In-Kraft-Treten der Neuregelung in § 26 Abs. 6 Satz 3 MinöStG habe der Gesetzgeber nichts anderes bestimmen wollen. Die Steuer sei im Streitfall auch nicht auf Grund eines abgabenrechtlich nachteiligen Verhaltens infolge einer versehentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften entstanden. Der Rechtsvorgängerin der Klägerin sei für andere Niederlassungen das sog. Spülverfahren bewilligt worden. Für die hier in Rede stehenden Niederlassungen sei dies nicht geschehen.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Rechtsvorgängerin der Klägerin vor:

Die Besteuerung sei unangemessen, weil die Gemische von insgesamt 1.732.252 Liter doppelt mit der für Dieselkraftstoff vorgesehenen Steuer belastet würden, obwohl nur eine Menge von 51.122 Liter Heizöl vorschriftswidrig abgegeben worden sei. Die Unangemessenheit habe der Gesetzgeber erkannt. Er habe durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 eine Neuregelung eingeführt, die bei einer Anwendung auf den Streitfall zu einer um 645.858,88 EUR niedrigeren steuerlichen Belastung führen würde. Die nochmalige Besteuerung des Anteils an Dieselkraftstoff in den Gemischen gehe über den Zweck des § 26 Abs. 6 MinöStG hinaus, bei Kontrollen im Straßenverkehr festgestellte Missbräuche einer einfachen und wirksamen Besteuerung zuzuführen, um einen erzielten Steuervorteil abzuschöpfen. Bei dem von ihr angewendeten Verfahren der wechselweisen Abgabe von Heizöl und Dieselkraftstoff ha...

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