Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuerhaftung per Nachforderungsbescheid bei Nichtabgabe der Steueranmeldung; Lohnsteuerhaftung; Nachforderungsbescheid; Lohnsteueranmeldung; Lohnsteuerhaftung; Nachforderungsbescheid; Lohnsteueranmeldung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Geltendmachung einer Lohnsteuerhaftungsschuld kann nicht durch Nachforderungsbescheid gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen, wenn dieser keine Lohnsteueranmeldung abgegeben hat.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1 Nr. 1, § 42d; AO § 167 Abs. 1 S. 2, § 191

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen VI R 168/01)

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen VI R 168/01)

 

Tatbestand

Das Einzelunternehmen X, das “Y-Märkte” betreibt, hat auf eigenem Betriebsgrundstück ein Logostikcenter (L) in A.

Die in der Rechtsform einer niederländischen B.V., die einer deutschen GmbH entspricht, betriebene Klägerin mit Sitz in den Niederlanden, schloss am 02.11.1992 mit X einen “Beförderungsvertrag”, worin sich die Klägerin verpflichtet, die Lieferungen im Verkaufsgebiet des L durchzuführen. Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Beförderungsvertrag, der sich in den beigezogenen Steuerakten befindet, Bezug genommen.

Mit der M-GmbH in A (GmbH), deren Anteile die Klägerin zu 100 v. H. hält, schloss die Klägerin einen “Dienstleistungsvertrag”, wonach die GmbH “beauftragt” wird, bestimmte “Leistungen im Rahmen des am 02.11.1992 ... abgeschlossenen Beförderungsvertrages für die Klägerin zu erbringen”.

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung und einer Amtsbetriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin mit 17 LKW Filialen von X im Südwesten Deutschlands beliefere. Die Fahrer, fast ausschließlich niederländische Staatsbürger, seien Arbeitnehmer der Klägerin; vier Lagerarbeiter seien Arbeitnehmer der GmbH. Der Geschäftsführer der GmbH, Herr MM, sei gleichzeitig einer der Direktoren der Klägerin. Räume in einem Container auf dem Betriebsgelände von X, die die GmbH gemietet habe, würden als Büro- und Aufenthaltsräume von den Arbeitnehmern der Klägerin und der GmbH benutzt.

Im Bericht der Amtsbetriebsprüfungsstelle vom 19.01.1998 vertrat der Prüfer die Ansicht (Tz. 12), die Klägerin sei beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, da sie auf dem Betriebsgelände von X eine Betriebsstätte (§ 12 Abgabenordnung -AO-) habe, und die GmbH sei eine ständige Vertreterin (§ 13 AO) der Klägerin; nach dem Beförderungsvertrag dienten nämlich Teile des Betriebsgeländes von X den betrieblichen Zwecken der Klägerin. Die Klägerin sei als Arbeitgeberin, die eine inländische Betriebsstätte unterhalte, gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG verpflichtet, Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Wegen der weiteren Begründung des Prüfers wird auf den Prüfungsbericht Bezug genommen.

Der Beklagte erließ am 08.09.1997 der Klägerin gegenüber einen Bescheid über Lohnsteuer und Nebenabgaben für Januar 1997, in dem er gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Lohnsteuer von 1.000 DM festsetzte. Während des nachfolgenden Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 17.02.1998 einen geänderten Bescheid über Lohnsteuer und Nebenabgaben für Januar 1997, in dem er Lohnsteuer von 30.000 DM festsetzte. Den Einspruch wies der Beklagte durch Entscheidung vom 05.05.1998 zurück.

Ihre daraufhin erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass sie in A nicht über eine feste Geschäftseinrichtung verfüge, die die Voraussetzungen einer Betriebsstätte im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens mit den Niederlanden (DBA) erfülle. Die GmbH sei auch nicht ständige Vertreterin der Klägerin. Wegen der weiteren Begründung wird auf die von der Klägerin eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Lohnsteuerbescheid für Januar 1997 vom 17.02.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sowohl nach § 12 AO als auch nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 a DBA habe die Klägerin in A eine Betriebsstätte, d. h. eine feste Geschäftseinrichtung. Die GmbH sei auf Grund des Dienstleistungsvertrags auch ständige Vertreterin der Klägerin. Wegen der weiteren Begründung des Beklagten wird auf dessen eingereichte Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat einen Nachforderungsbescheid, d. h. einen Steuerbescheid (§§ 155 ff. AO), nicht aber einen Haftungsbescheid gemäß § 42 d Einkommensteuergesetz (EStG) i. V. m. § 191 AO erlassen. Die Vorschrift des § 167 Abs. 1 Satz 1 AO ermöglicht ihrem Wortlaut nach unter anderem die Festsetzung von Steuern gegen einen “Haftungsschuldner”, der “die Steueranmeldung nicht abgibt”. Der Erlass eines Nachforderungsbescheids gegen einen Arbeitgeber, der - wie die Klägerin - keine Lohnsteueranmeldung abgegeben hat, ist entgegen der Ansicht des Beklagten auf Grund dieser Vorschrift jedoch nicht zulässig. Gemäß § 38 Abs. 2 EStG ist nämlich grundsätzlich nur der Arbeitnehmer Steuerschuldner der Lohnsteuer. Der Arbeitgeber ist nur in bestimmten Ausnahmefällen Steuerschuldner (§§ 40 Abs...

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