Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivildienst-Entlassungsgeld gehört in voller Höhe zu dem sich unmittelbar anschließenden Ausbildungszeitraum

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das anlässlich der Ableistung des Zvildienstes gewährte Entlassungsgeld ist bei der Berechnung der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes wegen seines Charakters als kurzfristige Überbrückungshilfe wirtschaftlich in voller Höhe einem sich unmittelbar anschließenden Ausbildungszeitraum zuzuordnen. Eine Aufteilung auf mehrere Jahre des Ausbildungszeitraums kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn dieser 5 Monate vor Jahreswechsel beginnt.
  2. Der Einkünftebegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG.
 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, Sätze 2, 6, 7 ZDG § 35 Abs. 1; WSG § 9 Abs. 1, 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2002; Aktenzeichen VIII R 57/00)

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Vater des am 12. September 1977 geborenen A. Der Sohn leistete in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Juli 1998 Zivildienst. Ausweislich des Bescheides des Bundesamtes für den Zivildienst vom 16. Juni 1998 stand dem Sohn des Klägers am Entlassungstag gemäß § 35 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes - ZDG - ein Entlassungsgeld in Höhe von 1.500,- DM zu.

Am 1. August 1998 begann der Sohn des Klägers eine Lehre bei der X Bank. Der Ausbildungsvertrag, den der Kläger vorlegte, sah im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Vergütung von 1.275,- DM vor.

Unter dem 28. Juli 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Kindergeld für seinen Sohn A.

Aufgrund einer Nachfrage des Beklagten gab der Sohn des Klägers an, ihm seien im Zeitraum vom 1. August 1998 bis zum 31. Dezember 1998 Werbungskosten in einer Höhe von insgesamt 3.180,- DM entstanden. Auf die Aufstellung der Werbungskosten wird Bezug genommen. Demgegenüber hätten seine Einnahmen 7.302,- DM betragen.

Mit Bescheid vom 24. August 1999 setzte der Beklagte das Kindergeld ab dem 1. August 1998 mit 0,- DM fest. Zur Begründung führte er aus, die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil das Kind Einkünfte und Bezüge von mehr als 5.150,- DM im Kalenderjahr 1998 gehabt habe. Lägen die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nicht während des gesamten Kalenderjahres vor, würden Einkünfte und Bezüge nur insoweit berücksichtigt, als sie auf den Anspruchszeitraum entfielen. Der Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge liege hier bei 5.150,- DM.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 2. September 1999 Einspruch ein und führte aus, dass die Einkünfte seines Sohnes unter Berücksichtigung der Werbungskosten unter 5.000,- DM gelegen hätten.

Mit Schreiben vom 10. September 1999 wies der Beklagte darauf hin, dass man bei der Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld von den Angaben des Klägers ausgegangen sei. Zusätzlich zu den erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 7.302,- DM und den geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 3.180,- DM sei jedoch auch das Entlassungsgeld aus dem Zivildienst in Höhe von 1.500,- DM bei der Berechnung der erzielten Einkünfte und Bezüge mit einzubeziehen. Es sei dem der Entlassung folgenden Kalendermonat nach Abzug der Kostenpauschale für Bezüge in vollem Umfang als Bezug zuzurechnen. Danach sei die maßgebliche Grenze der Einkünfte und Bezüge im betreffenden Zeitraum überschritten.

Mit Schreiben vom 16. September 1999 teilte der Kläger mit, dass seiner Ansicht nach das Entlassungsgeld aus dem Zivildienst nicht auf den Begünstigungszeitraum entfalle, da auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit zu den betroffenen Monaten abzustellen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28. September 1999 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. In diesem Zusammenhang berechnete er die Einkünfte und Bezüge für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 1998 wie folgt:

Einkünfte:

Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit

7.302,- DM

abzüglich Werbungskosten

3.180,- DM

zu berücksichtigende Einkünfte:

4.122,- DM

Bezüge:

Entlassungsgeld

1.500,- DM

abzüglich anteilige Kostenpauschale

150,- DM

(5/12tel von 360,- DM)

zu berücksichtigende Bezüge

1.350,- DM

zu berücksichtigende Einkünfte und Bezüge

5.472,- DM.

Mit der am 27. Oktober 1999 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Ergänzend macht er geltend, selbst wenn man unterstelle, dass das Entlassungsgeld entgegen dem Zuflussprinzip dem Zeitpunkt nach der Auszahlung (6/1998) zugeordnet werden könne, führten diese Bezüge nicht zu einer Überschreitung der Einkommensgrenze. In diesem Falle seien die Bezüge wie folgt zu ermitteln:

1.500,- DM ./. Kostenpauschale 360,- DM = 1.140,- DM

Zeitraum: 06 - 12/1998 = 7 Monate

1.140,- DM : 7 Monate x 5 Monate = 814,28 DM.

Somit würden die anrechenbaren Einkünfte 4.122,- DM und die anrechenbaren Bezüge 814,28 DM, die Summe also 4.936,- DM betragen, so dass die Einkommensgrenze von 5.150,- DM nicht überschritten werde.

Nach dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 20. Juli 1999 seien zudem die E...

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