vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungsnahe Herstellungskosten – Nachträglich eingetretene Schäden nach Erwerb – Erfordernis der teleologischen Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die erst nach Erwerb einer zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzten Eigentumswohnung entstanden sind, stellen keine anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.d. § 9 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar.
  2. In Fällen von Schäden an Gebäuden nach Erwerb bedarf der Wortsinn der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG einer entsprechenden teleologischen Reduktion.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, Abs. 5 S. 2, § 7 Abs. 4 S. 3, Abs. 1 S. 7

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.05.2017; Aktenzeichen IX R 6/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einordnung von Reparaturkosten einer Eigentumswohnung als anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 9 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder sofort abzugsfähigen Aufwand.

Die Kläger werden als Eheleute im Streitjahr 2008 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erwarb aufgrund eines notariellen Kaufvertrages vom 13.2.2007 eine Eigentumswohnung in der ...straße 24, 1. OG Rechts, Einheitswertaktenzeichen () zu einem auf das Gebäude entfallenden Kaufpreis von 104.101 €. Das bestehende Mietverhältnis übernahm die Klägerin zum Zeitpunkt der Übernahme von Nutzen und Lasten zum 1.4.2007. Die Wohnung befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem mangelfreien Zustand.

Das Mietverhältnis wurde zunächst unbeanstandet fortgesetzt. Die Klägers erklärten für das Jahr 2007 keine Erhaltungsaufwendungen. Nach einiger Zeit kam es zu Zahlungsstörungen, da die Mieterin nicht bereit war, anfallende Zahlungen für Nebenkosten zu leisten. Die Klägerin gewann einen darauf folgenden Zivilrechtsstreit vor dem Amtsgericht A und kündigte das Mietverhältnis durch Schreiben vom 15.9.2008. Die Mieterin hinterließ die Wohnung in einem beschädigten Zustand. Es lagen eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen vor. Darüber hinaus wurden Schäden aufgrund eines bisher von der Mieterin über Monate nicht gemeldeten Rohrbruchs im Badezimmer entdeckt.

Zur Beseitigung dieser Schäden machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 einen Betrag von 19.913,36 € (bzw. 17.091,48 € ohne Umsatzsteuer) als sofort abzugsfähigen Aufwand geltend.

Der Beklagte erließ am 17.5.2010 einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008, in dem er die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen zunächst als sofort abzugsfähig berücksichtigte. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Durch Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2008 vom 16.5.2013 versagte der Beklagte den sofortigen Abzug und berücksichtigte stattdessen anschaffungsnahe Herstellungskosten, da die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG basierend auf den Anschaffungskosten für die Wohnung von 104.101 € bei 15.615,15 € liege und überschritten sei.

Gegen den Änderungsbescheid legten die Kläger durch Schreiben vom 10.6.2013 Einspruch ein. Anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen seien nach der Rechtsprechung des BFH nur dann als Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Grund für ihren Anfall bereits vor oder bei dem Erwerb bestanden habe, das Objekt also zumindest insoweit nicht betriebsbereit gewesen sei. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die - wie vorliegend - erst nach dem Erwerb entstanden seien, seien jedoch im Hinblick auf den Zweck und die Entstehungsgeschichte der Rechtsprechung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht unter diese Positionen einzuordnen (Kulosa in Schmidt EStG § 6 EStG Rn. 382). Die im Jahr 2008 geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen hätten ausschließlich dazu gedient, die Vermietbarkeit der Wohnung wiederherzustellen.

Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger durch Einspruchsentscheidung vom 20.11.2013 als unbegründet zurück. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG seien nur Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfielen, nicht in die Prüfung anschaffungsnaher Herstellungskosten einzubeziehen. Auch diese seien jedoch nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 25.9.2009 IX R 20/08, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2010, 125) nicht als Erhaltungsaufwand abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen anfielen. Es sei unstreitig, dass es sich bei den durchgeführten Instandsetzungsarbeiten nicht um jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten handele. Auch Erhaltungsaufwendungen zur Beseitigung versteckter Mängel seien in die Prüfung anschaffungsnaher Herstellungskosten mit einzubeziehen.

Die Kläger haben durch Schreiben vom 11.12.2013 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholen sie ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren.

Die Kläger beantragen,

den ...

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