Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsaufgabe bei freiberuflicher Erfindertätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Erfindertätigkeit ist der Buchwert eines eingelegten, aber irrtümlich dem Privatvermögen zugeordneten Patents nicht um die in der Überschussrechnung versehentlich unterlassenen AfA-Beträge zu kürzen.
  2. Die zutreffende Ermittlung des Totalgewinns anlässlich der Veräußerung oder der Entnahme eines Wirtschaftsgutes hat bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Vorrang vor dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung.
 

Normenkette

EStG 1997 § 4 Abs. 1, 3 Sätze 3, 5, § 16 Abs. 2, 4, § 18 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.06.2010; Aktenzeichen VIII R 3/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe der Restbuchwert für ein Patent im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns gegen den Veräußerungspreis zu saldieren ist.

Die Klägerin und der im Februar 2007 verstorbene Kläger waren Ehegatten und wurden im Streitjahr 1998 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Auf Grund erbvertraglicher Regelungen ist der Kläger von der Klägerin beerbt worden.

Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahr 1985 eine Erfindung zum Patent angemeldet. Die Nutzung des Patentes überließ er ab 1987 im Rahmen eines Lizenzvertrages der A- GmbH, deren Gesellschafter er war. Die Lizenzeinnahmen wurden als Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit erklärt und besteuert. Mit Wirkung zum 1. Januar 1998 verkaufte der Kläger das Patent zu einem Preis von 2.000.000 DM und gab damit zugleich seine Erfindertätigkeit auf.

Bereits vor der Veräußerung beantragte der Steuerberater der Kläger mit Schreiben vom 11. November 1997 die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Frage der steuerlichen Behandlung des beabsichtigten Veräußerungsvorgangs. Der Berater vertrat hierbei die Auffassung, dass das Patentrecht im Privatvermögen des Klägers gehalten werde und der geplante Veräußerungsvorgang deshalb keinen ertragsteuerlichen Verpflichtungen unterliege. Nachdem der Kaufvertrag am 4. Dezember 1997 geschlossen worden war, ohne dass der Beklagte zuvor die beantragte verbindliche Auskunft erteilt hatte, traten die Beteiligten in der Folgezeit in Verhandlungen darüber ein, wie dieser Veräußerungsvorgang ertragsteuerlich zu behandeln sei. Die Gespräche mündeten in einer am 28. Mai 2002 zwischen den Beteiligten getroffenen tatsächlichen Verständigung. Diese hatte folgenden Inhalt:

„Die Tätigkeit als Erfinder einer Methode zur…wurde erst mit Verwertung der Erfindung am 01.01.1987, also mit Abschluss der diesbezüglichen Lizenzverträge, mit Einkunftserzielungsabsicht betrieben. Die bis dahin ausgeübte Tätigkeit als o. g. Erfinder wurde nicht mit der Absicht betrieben, Einkünfte zu erzielen.

Der Einlagewert des Patents zum 01.01.1987 in das Betriebsvermögen des Herrn B. beträgt 375.000 DM.

Die Restnutzungsdauer des Patents wird zum Einlagezeitpunkt, 01.01.1987, mit 19 Jahren und 3 Monaten angenommen, da das Patent eine Laufzeit bis Ende März 2006 hat.”

Entsprechend dieser tatsächlichen Verständigung ermittelte das Finanzamt den Veräußerungs-/Aufgabegewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit mit 1.789.862 DM. Hierbei berücksichtigte es einen Restbuchwert des Patents zum Veräußerungszeitpunkt i. H. v. 160.720 DM sowie weitere, im Einzelnen unstreitige Kostenpositionen (u. a. Veräußerungskosten). Der Restbuchwert ergab sich ausgehend von einem Einlagewert i. H. v. 375.000 DM und unter Abzug der Abschreibungen für das Patent für die Jahre 1987 bis 1997 i. H. v. 19.480 DM jährlich.

Die Ermittlung des Restbuchwertes war bereits in einer der tatsächlichen Verständigung vorangegangenen Erörterung beim Beklagten Gesprächsgegenstand gewesen. In diesem Gespräch wurde nach überschlägiger Berechnung der Abschreibungen für die Jahre 1987 bis 1997 ein Buchwert bei Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit von ca. 160.000 DM genannt. Einwendungen gegen diese überschlägige Ermittlung des Restbuchwertes sind nach dem vom Beklagten über dieses Gespräch gefertigten Aktenvermerk seitens des Steuerberaters der Kläger nicht erhoben worden.

Der Beklagte erließ daher in Umsetzung der tatsächlichen Verständigung am 12. Juni 2002 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1998, in dem er den oben bereits genannten Aufgabegewinn der Einkommensteuer unterwarf. Der Änderungsbescheid erging wie bereits die Vorbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Zugleich erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1997, in dem er die ermittelte Jahres-AfA i. H. v. 19.480 DM bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin noch in Abzug brachte. Weitere Änderungen der Veranlagungen führte der Beklagte nicht durch, da die Vorjahre bereits bestandskräftig waren.

Am 24. Januar 2003 beantragten die Kläger, den Einkommensteuerbescheid 1998 gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die für die Jahre 1987 bis 1996 bei der Ermittlung des Aufgabegewinnes 1998 noch nicht berücksichtigt...

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