Entscheidungsstichwort (Thema)

Überführung in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren – Nichtgestellung der Waren bei der Bestimmungsstelle – Entstehung der Zollschuld – Nachweiserfordernisse des Art. 366 ZKDVO – Nachweis der Wiederausfuhr für Zwecke der Einfuhrumsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist die Zollschuld entstanden, weil in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren überführte Waren nicht bei der Bestimmungsstelle gestellt worden sind, kann der Nachweis der Beendigung des Versandverfahrens innerhalb der in der Versandanmeldung genannten Frist nur durch die in Art. 366 Abs. 2 und 3 ZKDVO (i.d.F. der VO (EG) Nr. 1192/2008 vom 17.11.2008) genannten Originaldokumente oder beglaubigten Kopien geführt werden.
  2. Die Nachweiserfordernisse des Art. 366 Abs. 2 und 3 ZKDVO gelten auch für einen Anmelder, dem die Bewilligung eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten für zollrechtliche Vereinfachungen nach Art. 5a ZK erteilt worden ist.
  3. Art. 124 Abs. 1 Buchst. k der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex - UZK -) ist als materiell-rechtliche Vorschrift nicht auf vor ihrem Inkrafttreten am 1. Mai 2016 entstandene Sachverhalte anzuwenden.
  4. Der Nachweis der Wiederausfuhr schließt es indessen aus, eine umsatzsteuerpflichtige Einfuhr der Waren i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL anzunehmen.
 

Normenkette

ZK Art. 5a Abs. 1 Unterabs. 2, Art. 96 Abs. 1 S. 2 Buchst. a, Art. 203 Abs. 1, 3 Anstrich 1; ZKDVO Art. 366 Abs. 2-3; UZK Art. 124 Abs. 1 Buchst. k, Art. 288 Abs. 2; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 61

 

Tatbestand

Die Klägerin meldete als Hauptverpflichtete am 23. Oktober 2014 beim Zollamt…Teile für die Automobilindustrie aus der Schweiz, aus der Türkei und aus Bosnien-Herzegowina zur Überführung in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren an. Die Zollstelle nahm die Anmeldung an und bestimmte eine Frist für die Gestellung der Waren bei der Zollbehörde im Hafen von Antwerpen bis zum 30. Oktober 2014. Da die Waren dort nicht gestellt wurden, forderte das beklagte Hauptzollamt die Klägerin mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 auf, die ordnungsgemäße Beendigung des Versandverfahrens nachzuweisen. Die Klägerin teilte dem beklagten Hauptzollamt daraufhin mit, die Waren seien nach Mexiko ausgeführt worden. Sie übersandte insoweit einen Seefrachtbrief der A AG vom 28. Oktober 2014.

Das beklagte Hauptzollamt ging davon aus, dass die Klägerin die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen habe und setzte deshalb gegen sie mit Bescheid vom 14. Januar 2015 1.892,22 € Zoll sowie 13.031,26 € Einfuhrumsatzsteuer fest.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die Waren seien von Antwerpen aus mit der Bestimmung Mexiko verschifft worden. Der Versand des betreffenden Containers sei in dem belgischen Zollsystem APCS als erledigt vermerkt worden. Einfuhrdokumente aus Mexiko seien angefordert worden, lägen wegen der dort bestehenden administrativen Schwierigkeiten jedoch noch nicht vor.

Das beklagte Hauptzollamt übersandte der belgischen Zollverwaltung am 19. Mai 2015 die Versandanmeldung, den von der Klägerin übersandten Seefrachtbrief und die Handelsrechnungen sowie einen Auszug aus dem Zollsystem APCS mit der Bitte um Prüfung, ob sie für die Erhebung der Einfuhrabgaben zuständig sei. Hierauf erhielt das beklagte Hauptzollamt keine Antwort.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 21. August 2015 zurück und führte zur Begründung aus: Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass das Versandverfahren ordnungsgemäß beendet worden sei. Die von ihr übersandten Unterlagen entsprächen auch nicht den Erfordernissen des Art. 366 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZKDVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 253/1).

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Ihr sei die Bewilligung einer zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten für zollrechtliche Vereinfachungen erteilt worden. Ihr müsse es deshalb gestattet werden, elektronische Dokumente in Kopie vorzulegen. Darüber hinaus ergebe sich aus der von ihr übersandten Zollbescheinigung (Bl. 43 ff. GA), das die Waren in Mexiko zum freien Verkehr abgefertigt worden seien. Da es in Mexiko weder unterschriebene Exemplare noch beglaubigte Kopien dieser Zollbescheinigung gebe, könne sie derartige Unterlage nicht beibringen. Da die Waren nach Mexiko ausgeführt worden seien, sei die Abgabenschuld jedenfalls nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex - UZK -) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union erloschen. Im Übrigen reichten die von ihr übersandten Unterlagen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) aus, um eine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung nachzuweisen. Das müsse auch für die Einfuhrumsatzsteuer gelten, die sie nicht als Vorsteuer abziehen kön...

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