vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlust aus Anteilsveräußerung: Nachträgliche Anschaffungskosten – Einzahlungen in die Kapitalrücklage zur Ablösung von Sicherheiten – Erwerb des durch die Grundschuld belasteten Grundstücks im Erbwege von einem nicht wesentlich beteiligten Rechtsvorgänger – Fortgeltung der Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes für Veranlagungszeiträume nach 2008

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Dienen Einzahlungen in die Kapitalrücklage einer GmbH nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt dazu, anderweitige Sicherheiten für Bankdarlehen (Grundschuld und Bürgschaft) abzulösen, für die der Gesellschafter selbst einstehen muss, liegen Anschaffungskosten auf die Beteiligung nur vor, wenn und soweit die Ablösung der Sicherheiten weitere nachträgliche Anschaffungskosten auslöst.
  2. Hat der Gesellschafter das durch die Grundschuld belastete Grundstück im Erbwege von einem nicht zu mindestens 1% beteiligten Rechtsvorgänger erworben, führt der zuvor in der privaten Vermögenssphäre des Erblassers eingetretene Wertverlust des Rückgriffsanspruchs gegenüber der GmbH aus dem der Grundschuld zu Grunde liegenden Sicherungsvertrag nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung des Rechtsnachfolgers.
  3. Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechtes zur Bestimmung nachträglicher Anschaffungskosten sind auch für Veranlagungszeiträume nach 2008 auf eine vor Inkrafttreten des MoMiG zum 1. November 2008 gewährte und in der Krise stehengelassene Bürgschaft weiterhin anzuwenden.
 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1, 2 S. 1; HGB § 255 Abs. 1; GmbHG a.F. § 32a; GmbHG § 32b; BGB §§ 774, 1143, 1191; BewG § 9 Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.2018; Aktenzeichen IX R 6/15)

BFH (Urteil vom 20.07.2018; Aktenzeichen IX R 6/15)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Ehegatten im Streitjahr 2010 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Sie begehren die Anerkennung eines Verlustes gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus der Veräußerung der Beteiligung des Klägers an der A-GmbH.

Die A-GmbH wurde 1989 vom Vater des Klägers mit Sitz in B-Stadt gegründet. Der Kläger übernahm bereits im Jahr 1999 eine Höchstbetragsbürgschaft über 550.000 DM für Bankverbindlichkeiten gegenüber der C-Bank (C-Bank). Diese Bürgschaft war mit einer Frist von 3 Monaten kündbar. Seit 2003 waren der Kläger und seine drei Brüder D, E und F mit einem Anteil von je 12.782,30 € (25.000 DM) an der GmbH beteiligt. Der Vater hielt noch einen Anteil von 511,28 € (1.000 DM) am Stammkapital. Das gesamte Stammkapital von 51.640,48 € war voll eingezahlt. Der Kläger und sein Bruder E waren als Geschäftsführer bestellt. Zum 31. Dezember 2003 beliefen sich die Verbindlichkeiten gegenüber der C-Bank auf 207.921,83 €. Die Festkredite der C-Bank und der Kontokorrentrahmen waren auch durch Grundschulden auf der Liegenschaft X in B-Stadt mit einem Nennwert von 177.418,28 € (entspricht 347.000 DM) abgesichert. Eigentümerin dieses Grundstückes war seit 1967 die Mutter des Klägers. Diese Grundschulden waren bereits vor dem Jahr 2003 bestellt worden. Nach dem Ableben des Vaters im Jahr 2004 ging dessen Anteil an der A-GmbH auf die Mutter des Klägers über.

Für die A-GmbH zeichnete sich ab dem Jahr 2003 folgende wirtschaftliche Entwicklung ab:

Position/Jahr

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Stammkapital

51.640,48

51.640,48

51.640,48

51.640,48

51.640,48

51.640,48

51.640,48

Gewinn/Verlustvortrag

-19.222

-5.463

5.322

-2.010

5.351

-3.617

-312.042

Jahresüberschuss

13.758

10.785

-7.332

7.362

-8.968

-308.425

-91.989

Eigenkapital

46.177

59.962

49.630

56.992

48.024

-260.401

-352.390

Verb. ggü. Kreditinstituten

272.818

265.798

398.289

410.974

424.768

420.606

437.525

Verb. ggü. Gesellschaftern

104.165

67.354

30.541

0

0

0

0

Die Verbindlichkeiten gegenüber der C-Bank waren bis zum 31. Dezember 2009 auf 348.786,43 € gestiegen. Die A-GmbH stellte ihren operativen Geschäftsbetrieb zum Ende des Jahres 2009 ein. Sie veräußerte ihr gesamtes Anlagevermögen, ferner Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie unfertige Erzeugnisse an die G-GmbH (G-GmbH). Die Anteile an dieser Gesellschaft hielten der Kläger, sein Bruder E und Herr H zu jeweils gleichen Teilen. Die G-GmbH übernahm zum 1. Januar 2010 auch die Arbeitnehmer der A-GmbH.

Am ….2010 verstarb die Mutter des Klägers. Ihr Anteil an der A-GmbH ging ebenso wie das Grundstück X durch Erbfolge auf den Kläger und seine drei Brüder als Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen über.

Im Verlauf des Jahres 2010 beschlossen der Kläger und seine Brüder eine Reihe von Zuführungen in die Kapitalrücklage der A-GmbH, welche alle vier Gesellschafter im gleichen Verhältnis einzahlten:

Datum

Zahlungssumme

21.06.2010

6.000

16.08.2010

1.000

21.10.2010

12.800

15.11.2010

40.000

29.11.2010

222.000

Summe

281.800

Diese Kapitalmaßnahmen erfolgten zur Vermeidung einer ansonsten drohenden Liquidation der Gesellschaft. Die Einzahlung von 222.000 € durch Gesellschafterbeschluss vom 29. November 2010 wurde durch ...

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