Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsfremd vermietete Einfamilienhäuser mit geringer Grundstücksfläche als gewillkürtes Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs

 

Leitsatz (redaktionell)

Neuerrichtete und an betriebsfremde Personen vermietete Einfamilienhäuser können ohne feststellbaren Förderungszusammenhang nicht schon deshalb zur Belegung einer Reinvestitionsrücklage als gewillkürtes Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebes behandelt werden, weil die diesen Objekten zuzuordnende Fläche 10% der betrieblichen Gesamtfläche unterschreitet. Eine derartige Geringfügigkeitsgrenze kann vielmehr nur an die betriebswirtschaftliche Bedeutung der anteiligen Flächennutzung anknüpfen (Abgrenzung zum Urteil des BFH vom 10.12.1992 IV R 115/91, BStBl II 1993, 342).

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.08.2002; Aktenzeichen IV R 57/00)

 

Tatbestand

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 1986 bis 1989 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und wurde in diesen Jahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

Anlässlich einer bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft in A für die Jahre 1983 bis 1987 wurden u.a. folgende Feststellungen getroffen: Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers umfasste eine Nutzfläche von 5,7322 ha, die im Wege der Pacht durch die Tochter des Klägers bewirtschaftet wurde. Die zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgebäude waren im Betriebsprüfungszeitraum zu wesentlichen Teilen an Nichtlandwirte vermietet. Die Viehhaltung wurde bereits vor Beginn des Prüfungszeitraums eingestellt. Während des Prüfungszeitraums hatte der Kläger zum Betriebsvermögen gehörende Grundstücke veräußert. Soweit eine sofortige Versteuerung der Veräußerungsgewinne unterblieben war, war von dem Kläger eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gebildet worden.

Im Wirtschaftsjahr 1986/87 hatte der Kläger auf den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken insgesamt 1.423 m² fünf Einfamilienhäuser mit einem Kostenaufwand von 1.199.296,45 DM errichten lassen. Diese wurden im Jahre I988 fertig gestellt und an betriebsfremde Personen vermietet. Die Mieteinnahmen hieraus beliefen sich im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung (1987/1988) auf 126.590.- DM und im folgenden Wirtschaftsjahr (1988/89) auf 66.500.- DM. Zum Jahresabschluss 30.06.1987 hatte der Kläger die Einfamilienhäuser als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen und die gebildete Rücklage in Höhe von 1.052.009,63 DM nach § 6b EStG auf die Herstellungskosten der Häuser übertragen.

Bei der Betriebsprüfung wurde u.a. die Übertragung der Rücklage nach 6b Abs. 3 EStG nicht anerkannt, da nach Auffassung des Prüfers die Einfamilienhäuser notwendiges Privatvermögen darstellten. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die Vermögensnutzung im Vergleich zur echten landwirtschaftlichen Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen, so dass die Voraussetzungen für die Anerkennung von gewillkürtem Betriebsvermögen nicht erfüllt seien. Da der Kläger bis zum 30.06.1988 keine gemäß § 6b EStG begünstigten Wirtschaftsgüter angeschafft hatte, wurde die gebildete Rücklage zum 30.06.1988 aufgelöst. Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung wurden für die Jahre 1985, 1986, 1987 und 1989, jeweils am . . ., und für das Jahr 1988 am . . . entsprechende Einkommensteuerbescheide erlassen.

Bei der Erstellung der Einkommensteuerbescheide berücksichtigte der Beklagte weitere Ergebnisse der Betriebsprüfung, die allerdings nicht alle Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind. Auf den Betriebsprüfungsbericht wird hingewiesen.

Die gegen diese Einkommensteuerbescheide gerichteten Einsprüche begründeten die Kläger wie folgt: Es sei nicht auf die Vermögensnutzung abzustellen, sondern auf das Verhältnis der Flächen und Vermögensmassen zueinander sowie auf die Verkehrswerte. Im Übrigen habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 07.04.1992 (VIII R 86/87) entschieden, dass fremdvermietete Grundstücke nicht notwendiges Privatvermögen darstellten.

Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Er vertrat weiterhin die Auffassung, dass die fünf Einfamilienhäuser notwendiges Privatvermögen darstellten. Da eine Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht komme, sei eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG auf die Herstellungskosten der Einfamilienhäuser nicht möglich. Als gewillkürtes Betriebsvermögen könnten die genannten Häuser nur dann behandelt werden, wenn die Grundstücke oder Grundstücksteile in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stünden und ihn zu fördern bestimmt oder geeignet seien. Ein bilanzierender Gewerbetreibender könne in der Regel Grundstücke, die nicht zum notwendigen Privatvermögen gehörten, z. B. Mietwohngrundstücke, als Betriebsvermögen behandeln, es sei denn, dass dadurch das Gesamtbild der gewerblichen Tätigkeit so verändert werde, dass es den Charakter einer Vermögensnutzung im nichtgewerblich...

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