Entscheidungsstichwort (Thema)

Grabpflegekosten für Rechtsvorgängerin des Erblassers als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähigen Kosten der Grabpflege betreffen nur die eigene Grabstätte des Erblassers.
  2. Grabpflegekosten für die Rechtsvorgängerin des Erblassers, die auf einem von diesem mit der Gemeinde abgeschlossenen Vertrag über den Erwerb des Nutzungsrechts an der Grabstätte beruhen und mit der Rechtsnachfolge auf den Erben übergegangen sind, sind auch nicht als vom Erblasser herrührende Schulden i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig, da die Verpflichtung zur Zahlung der Nutzungsgebühr und zur Pflege der Grabstätte einerseits und das im Gegenzug erworbene Nutzungsrecht im Rahmen eines ausgeglichenen schwebenden Geschäfts begründet worden sind.
 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, §§ 11, 10 Abs. 5 Nrn. 1, 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2020; Aktenzeichen II R 41/17)

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Cousin des Erblassers A.

Die Mutter des Erblassers verstarb im Herbst des Jahres 2012. Ihr Leichnam wurde auf dem Friedhof X. der Stadt A. beigesetzt. Deshalb erwarb der Erblasser mit Wirkung ab dem 25. Oktober 2012 bis zum 24. Oktober 2032 das Nutzungsrecht an der Grabstätte ..., Feld ..., Reihe…auf dem Friedhof X. Hierüber stellte die Stadt A. dem Erblasser unter dem 16. Juli 2013 eine Urkunde aus.

Der Erblasser verstarb zwischen dem 26. und 28. November 2013. Er wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts B-Stadt vom 28. Januar 2014 von dem Kläger allein beerbt.

Der Kläger machte mit seiner am 3. Dezember 2014 beim beklagten Finanzamt abgegebenen Erbschaftsteuererklärung als Nachlassverbindlichkeiten Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. von etwa 57.600 € sowie Kosten für einen noch fertig zu stellenden Kanalanschluss für eine auf einem zum Nachlass gehörenden Grundstück errichtete Garage von etwa 6.000 € geltend. Er führte hierzu aus: Er sei als Erbe in die vom Erblasser der Stadt A. gegenüber bestehende Verpflichtung eingetreten, die Grabstätte auf dem Friedhof X. zu pflegen und instand zu halten. Einschließlich seines eigenen Zeitaufwands seien für die Pflege der Grabstätte wöchentlich 50 € anzusetzen, was bei einer Restlaufzeit des vom Erblasser erworbenen Nutzungsrechts einem Gesamtbetrag von 57.600 € entspreche. Im Rahmen der Bewertung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks sei festgestellt worden, dass die dort errichtete Garage noch nicht an die Kanalisation angeschlossen sei. Die Kosten hierfür habe er mit 6.000 € geschätzt.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 27. Februar 2015 26.550 € Erbschaftsteuer fest. Dabei berücksichtigte es neben dem Pauschbetrag von 10.300 € nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) einen Betrag von 4.650 € hinsichtlich der vom Kläger für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. geltend gemachten Kosten.

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor: Er sei bei der Berechnung der Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. von einem unzutreffenden Nutzungszeitraum ausgegangen. Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Nutzungszeitraums betrage der hierfür abzuziehende Betrag 49.200 €.

Der Kläger hat am 29. Mai 2015 Klage erhoben.

Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 2016 auf 26.160 € neu fest. Dabei berücksichtigte es die vom Kläger geltend gemachten Kosten für einen Anschluss der Garage an die Kanalisation mit 6.000 € als Nachlassverbindlichkeiten. Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof in X. berücksichtigte es nicht mehr. Zur Begründung führte es aus: Kosten für die Pflege einer Grabstätte könnten grundsätzlich nur für das Grab des betreffenden Erblassers abgezogen werden. Die Verpflichtung des Erblassers zur Pflege der Grabstätte habe sich zudem aus der Friedhofssatzung der Stadt A. ergeben und sei mangels Schuldanerkenntnis des Erblassers nicht auf den Kläger übergegangen. Im Übrigen würden sich die Leistungen und Gegenleistungen im Rahmen des Nutzungsverhältnisses gegenseitig ausgleichen.

Die Stadt A. stellte dem Kläger unter dem 11. November 2016 eine Urkunde über den Erwerb eines Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte…, Feld ..., Reihe…auf dem Friedhof X. für den Zeitraum vom 29. November 2013 bis zum 11. Dezember 2033 aus (Bl. 87 GA).

Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Der Erblasser habe stets ein besonderes Interesse an der Grabstätte auf dem Friedhof in X. gehabt. Er habe den Wunsch gehabt, dass die Grabstätte auch nach seinem Tod versorgt werde. Die Pflege der Grabstätte stelle für ihn deshalb nicht nur eine moralische, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung dar. Der auf ihn übergegangenen Verpflichtung zur Pflege der Grabstätte stehe keine Gegenleistung der Stadt A. gegenüber. Der Erblasser hätte auch eine pflegefreie Grabstätte wählen können.

Der Kläger bea...

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