Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung eines Liebhabereibetriebes – Versteuerung des Aufgabegewinns – Bedeutung des Veräußerungserlöses,

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Liebhabereibetriebes ist in zeitlicher und wertmäßiger Hinsicht der Zeitpunkt des Übergangs vom steuerlich relevanten Betrieb zum Liebhabereibetrieb.
  2. Die auf diesen Zeitpunkt festgestellten stillen Reserven sind unabhängig von der Höhe des später erzielten Veräußerungserlöses als Aufgabegewinn zu versteuern.
  3. Eine solche Veräußerung ist steuerlich als Betriebseinstellung zu werten.
  4. Wertänderungen des Betriebsvermögens während der Zugehörigkeit zum Liebhabereibetrieb sind – vorbehaltlich einer Erfassung im Privatvermögen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG - steuerlich unbeachtlich.
 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1, 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2016; Aktenzeichen X R 15/15)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berechnung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Liebhabereibetriebes.

Die Klägerin wurde im Jahr 2008 mit ihrem … 2008 verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Klägerin und ihr Ehemann betrieben bis zum Jahr 2008 ein Hotel in A-Stadt in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (B-GbR). Beide Ehegatten waren an dieser GbR zu 50 % beteiligt. Die GbR bestand bis zum Tode des Ehemannes der Klägerin, … 2008.

Das Hotel wurde … 1983 eröffnet und erwirtschaftete von 1982 bis einschließlich 1999 jährlich Verluste; der Verlust belief sich in diesem Zeitraum insgesamt auf 13.687.613 DM. Im Rahmen einer am 06.11.2001 erfolgten Besprechung zu den anhängigen Rechtsbehelfsverfahren wegen der gesonderten Feststellung der Einkünfte 1990 bis 1994 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann sowie der Beklagte eine tatsächliche Verständigung ab. Die Verhandlungsteilnehmer stimmten überein, dass die erklärten Verluste aus dem Hotelbetrieb bis einschließlich 1993 als Anlaufverluste anzusehen und vom Beklagten anzuerkennen waren. Für die Zeit ab dem Veranlagungszeitraum 1994 sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Hotel in der derzeit von den Gesellschaftern praktizierten Art und Weise um einen sogenannten Liebhabereibetrieb im Sinne der BFH-Rechtsprechung handele. Die zum 31.12.1993 in dem Hotelbetrieb ruhenden stillen Reserven belaufen sich ausweislich der tatsächlichen Verständigung vom 06.11.2001 auf folgende Beträge:

"a) für das Hotelgrundstück (bestehend aus Grund und Boden, Gebäude mit Sonnenschutzanlage und Außenanlagen mit Tennisanlage, Zufahrt, Teichanlage und Brunnen): 2.919.070 DM

b) für geringwertige Wirtschaftsgüter: 14.745 DM

c) für sonstige Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens: 0 DM."

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der in einem Betrieb beim Übergang zur Liebhaberei ruhenden stillen Reserven vom 12.11.2001 stellte der Beklagte die stillen Reserven für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens insgesamt auf 2.933.815 DM fest.

Ab dem Veranlagungszeitraum 1994 wurden keine einheitlichen und gesonderten Feststellungen der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb (Hotelbetrieb) mehr vorgenommen.

Zum ....2008 veräußerte die Klägerin das Hotel für 1.850.000 €. Vom Kaufpreis laut notariellem Vertrag vom ….2008 (…) entfielen auf das Grundstück 350.000 € und auf die Gebäude 1.500.000 €. In der Einkommensteuererklärung 2008 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb hieraus einen Veräußerungsverlust i.H.v. 911.311 € geltend. Zur Berechnung des Veräußerungsverlustes teilte die Klägerin den Veräußerungserlös zum einen auf das ursprüngliche Hotelgebäude und -grundstück und zum anderen auf den im Jahre 1999 errichteten Saalanbau nach dem Verhältnis der Buchwerte der genannten Wirtschaftsgüter zum 31.12.2007 zueinander auf. Es ergab sich folgender Verlust:

...

Zwischensumme:

- 918.850 €

stille Reserven GWG

7.539 €

Veräußerungsverlust

- 911.311 €

Das Finanzamt berichtigte den o.g. Veräußerungsverlust wie folgt:

Veräußerungsverlust lt. Kläger                                          -  911.311 €

zuzügl. stille Reserven Hotelgrundstück                            1.492.497 €

Veräußerungsgewinn                                                           581.186 €

Mit Bescheid vom 22.02.2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung des gewerblichen Veräußerungsgewinns von 581.186 €, den der Beklagte ermäßigt nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2008 (EStG) erfasste, i.H.v. 332.488 € fest. Der Bescheid erging hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung auf die Altsubstanz (ursprüngliches Hotelgebäude) und den Anbau vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 1 der Abgabenordnung (AO).

Die Klägerin legte am 08.03.2013 Einspruch ein, den sie wie folgt begründete:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien die auf den 31.12.1993 festgestellten stillen Reserven nur im Falle einer tatsächlichen Gewinnrealisierung zu versteuern. Eine Versteuerung komme somit im vo...

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