Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes aus Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft gem. § 17 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Anbindung der Frage der Veranlassung einer Finanzierungsmaßnahme „durch das Gesellschaftsverhältnis” an die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts führt bei Gesellschafterbürgschaften zu einer Verengung des maßgeblichen Veranlassungszusammenhangs und damit zu einem Verstoß gegen das in § 17 Abs. 4 i.V. m. Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommende Nettoprinzip.
  2. Die Veranlassung einer Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis liegt regelmäßig bereits dann vor, wenn die Gesellschaft am Markt eine Bürgschaft zu entsprechenden Konditionen nicht hätte erlangen können.
  3. Die Gewährung einer unentgeltlichen und – mangels ausreichenden Vermögens -unbesicherten Bürgschaft des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers in der Gründungs- bzw. Anlaufphase der Gesellschaft stellt den typischen Fall einer beteiligungsbezogenen Finanzierungsmaßnahme dar und ist daher stets gesellschaftsrechtlich veranlasst.
  4. Auf Vereinbarungen und Verzichtserklärungen, die eine krisenbestimmte oder finanzplanmäßige Bindung begründen, oder eine Krisensituation im Zeitpunkt der Zusage kommt es dabei nicht zusätzlich an.
  5. Der insolvenzbedingte Ausfall der Rückgriffsforderung aus einer derartigen Bürgschaft führt in Höhe der Inanspruchnahme zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung, die bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes zu berücksichtigen sind.
 

Normenkette

EStG §§ 17, 20; GmbHG § 32a a.F.; BGB §§ 774, 775 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.04.2008; Aktenzeichen IX R 75/06)

BFH (Urteil vom 22.04.2008; Aktenzeichen IX R 75/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zahlungen für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft im Rahmen der Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin war zunächst zu 1/3 am Stammkapital (51.000,00 DM) der am 15.09.1994 gegründeten Firma…GmbH (im Folgenden GmbH) beteiligt und zugleich zu einem der beiden Geschäftsführer bestellt. Im September 1997 erwarb sie einen weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 8.500,00 DM. Ihre Beteiligung am Stammkapital der GmbH betrug ab diesem Zeitpunkt insgesamt 25.500,00 DM (50 %). Am 1. März 1999 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 17. Mai 1999 zeigte der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit an. Das Insolvenzverfahren wurde daher mit Beschluss des Amtsgerichts…vom 10. Dezember 2002 nach § 207 der Insolvenzordnung (InsO) eingestellt.

Mit Erklärung vom 17. August 1995 hatte sich die Klägerin gegenüber der…B- Bank für die Verbindlichkeiten der GmbH bis zu einem Betrag in Höhe von 50.000,00 DM selbstschuldnerisch verbürgt. Die Bürgschaftsübernahme erfolgte unentgeltlich und ohne Einräumung von Sicherheiten.

Die wirtschaftliche Situation der GmbH entwickelte sich von ihrer Gründung an wie folgt:

Wirtschaftsjahr

Gewinn/Verlust

1994

./. 21.024,57 DM

1995

./. 21.947,93 DM

1996

44.688,97 DM

1997

343,05 DM

Die GmbH geriet Anfang 1999 in die Krise. Ursächlich hierfür war, dass die GmbH in großem Umfang als Subunternehmen für die Firma C-GmbH tätig war. Diese Firma fiel Anfang 1999 in Insolvenz. Bedingt dadurch verzeichnete die GmbH Forderungsverluste, die zu einer Überschuldung und nachfolgend zu einer Insolvenz führten. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. März 1999 eröffnet. Mit Schreiben vom 2. März 1999 und unter Berufung auf die Bürgschaftserklärung vom 17. August 1995 nahm die B-Bank die Klägerin für die Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 50.000,00 DM in Anspruch. Zur Aufbringung dieses Betrages gewährte die B-Bank der Klägerin am 31. März 1999 ein Darlehen in entsprechender Höhe, welches mit abgetretenen Ansprüchen aus einer Lebensversicherung der Klägerin besichert wurde.

Auf der Grundlage der am 29. Dezember 2000 eingereichten Einkommensteuererklärung für 1999 veranlagte der Beklagte die Klägerin überwiegend erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer für 1999 auf 0,00 DM fest. Nicht berücksichtigt blieben die im Rahmen des § 17 EStG geltend gemachten Verluste des Anteils am Stammkapital der GmbH in Höhe von 25.500,00 DM, die Zahlungen auf Grund der Bürgschaftserklärung in Höhe von 50.000,00 DM sowie die Zinszahlungen in Höhe von 2.212,47 DM für das zur Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung aufgenommene Darlehen. Der Beklagte wies zur Begründung in dem Bescheid darauf hin, dass der Veräußerungsverlust (Auflösungsverlust) i. S. d. § 17 EStG erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens im Jahr 2002 berücksichtigt werden könne.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 28. Februar 2002, einen Veräußerungsverlust aus der Beteiligung an der GmbH nach § 17 EStG für das Jahr 1999 anzuerkennen und als verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 1999 festzustellen, mit Bescheid vom 4. November 2002 ab.

Die Klägerin legte am 12. November 2002 Einspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, dass die ...

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