Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung von Beteiligungshöhe und Wert bei Gesellschaftsanteilen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aus § 90 Abs. 1 Satz 2 AO ergibt sich die Pflicht des Stpfl., seine Beteiligungsverhältnisse an Gesellschaften offen zu legen und gegebenenfalls Veränderungen in den Beteiligungsquoten nachzuweisen. Anderenfalls können die Beteiligungshöhe und der Wert veräußerter Gesellschaftsanteile geschätzt werden.
  2. Die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG i. d. F. des SEStEG (zinslose Stundung des Steueranspruchs) verstößt nicht gegen die Niederlassungsfreiheit des EG- Vertrages.
  3. In der rückwirkenden Anwendung des § 6 Abs. 2 bis 7 AStG n.F. auf alle noch nicht bestandskräftig entschiedenen Einkommenssteuerfestsetzungen liegt keine verfassungswidrige Rückwirkung.
 

Normenkette

AO § 90 Abs. 1 S. 2, § 162 Abs. 1 S. 1; EStG 1990 § 17 Abs. 1; AStG a.F. § 6 Abs. 1 S. 1; AStG i.d.F. des SEStEG § 6; AStG i.d.F. des SEStEG § 21 Abs. 13 S. 1; AStG i.d.F. des SEStEG § 21 Abs. 13 S. 2; EG Art. 43; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.08.2009; Aktenzeichen I R 88, 89/07)

BFH (Urteil vom 25.08.2009; Aktenzeichen I R 88/07)

 

Tatbestand

Streitig sind die Feststellungen einer Betriebsprüfung bei dem Kläger und bei dessen Ehefrau, der Klägerin in dem Verfahren 9 K 1274/04 E.

Der Kläger war in der Wertpapierbranche tätig. Er war u.a. Gesellschafter und seit 1990 Vorsitzender des Vorstands der N-AG (im Folgenden: NNN) sowie der I-AG (im Folgenden: III). Er war ferner an verschiedenen andern in- und ausländischen Gesellschaften beteiligt und gehörte teilweise auch deren Leitungsgremien an. Wegen der Betätigungen im Einzelnen wird auf Tz. 11 des BP-Berichtes vom 18.6.2003 Bezug genommen.

Bis zum Jahre 1998 lebten der Kläger und seine Ehefrau in der Bundesrepublik. Im Oktober oder Dezember 1998 – das genaue Datum ist zwischen den Beteiligten umstritten – verzogen sie zunächst nach Belgien. Nach einer Hausdurchsuchung am 6.3.2001 u.a. in ihrem Wohnhaus in Belgien verzogen sie zunächst in die Schweiz. Der derzeitige genaue Aufenthaltsort ist dem Gericht nicht bekannt.

Der Kläger gab zusammen mit seiner Frau zunächst für die Streitjahre Einkommenssteuererklärungen ab, aufgrund derer der Beklagte die Einkommenssteuer festsetzte. Vom 1.3.2000 an fand bei dem Kläger und seiner Ehefrau eine Betriebsprüfung statt, die mit dem hier streitigen Bericht vom 18.6.2003 endete. Am 6.3.2001 wurde gegen sie ein Steuerstrafverfahren eingeleitet.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung in Tz. 7 des Berichtes haben der Kläger und seine Ehefrau nicht an der Aufklärung des steuerrechtlich erheblichen Sachverhaltes mitgewirkt. Insbesondere seien keine Angaben über die genauen Beteiligungshöhen an den Gesellschaften, insbesondere der NNN und der III gemacht worden. Auch seien Aufforderungen zur Vorlage von Kontoauszügen über ausländische Konten unerfüllt geblieben. Ferner seien Vorgänge und Sachverhalte hinsichtlich der Kapitaleinlagen und Veräußerungsvorgänge im Zusammenhang mit ausländischen Gesellschaften, der Tätigkeiten für die ausländischen Gesellschaften und deren Vergütung, Einnahmen aus Kapitalvermögen auf Guthaben bzw. Depots bei ausländischen Banken, Spekulationsgewinnen aus Depots bei ausländischen Instituten und Arbeitslohn aus Kommissionsnachlässen mangels hinreichender Mitwirkung unaufgeklärt geblieben.

Im Einzelnen traf die Betriebsprüfung folgende Feststellungen:

Im Rahmen der Feststellung einer Besteuerung von Kapitaleinkünften nach § 6 des Außensteuergesetzes (AStG) wurde die Beteiligungsquote des Klägers an der NNN in dem Zeitraum von fünf Jahren vor dem Wegzug nach Belgien auf mehr als 25 v.H. geschätzt. In dem Bericht heißt es unter Tz. 20 hierzu, auch nach Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen sei eine genaue Entwicklung der Gesellschafterstruktur der NNN nicht einwandfrei möglich. Bei den Aktien der NNN habe es sich um leicht übertragbare, bis zum Börsengang in den USA im Jahre 1995 auch nicht depotbankverwahrte Inhaberaktien gehandelt. Nach dem Börsengang seien von US-amerikanischen Banken für diese Aktien Aktienzertifikate, sogen. ADR (American Depositary Receipt's) ausgegeben worden, die den Handel in den USA ermöglichten. Dabei repräsentierten zunächst 10 ADR eine Aktie; nach einem im Jahre 1998 durchgeführten Split standen für eine Aktie 30 ADR.

Grundlage für die Schätzung, dass der Kläger zu verschiedenen Zeitpunkten an der NNN mit mehr als 25 v.H. beteiligt gewesen sein soll, waren nach Ansicht der Betriebsprüfung u.a. seine Teilnahme an Hauptversammlungen am 10.12.1991 und 29.6.1992. Auf diesen Versammlungen war der Kläger ausweislich der vorliegenden Aktionärslisten mit 66,67 v.H. am Kapital der NNN beteiligt. Anlässlich der Vorbereitung des Börsengangs der NNN in den USA im Jahre 1995 machte der Kläger in verschiedenen Schreiben an die NNNinc Angaben über seine Beteiligungshöhe. So gab er nach Tz. 20 lit.g)seine Beteiligung in zwei Schreiben vom 18.8.1994 und 17.10.1994 mit 67,85 v.H. an.

Nach Tz. 21 veräußerte...

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