Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungskonforme Auslegung des Begriffs des Auslandsvermögens in § 21 Abs. 2 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der durch § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 121 BewG bewirkte Ausschluss des Kapitalvermögens von dem die Anrechnung der Erbschaftsteuer ermöglichenden Auslandsvermögen verstößt nicht gegen die durch Art. 56 EG gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit.
  2. Das Übermaßverbot gebietet keine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs des Auslandsvermögens, wenn dem Stpfl. das ererbte ausländische Kapitalvermögen zumindest zum deutlich überwiegenden Teil zugute kommt (im Streitfall: Kapitalvermögen rd. 300.000 EUR; Gesamtbelastung mit britischer und deutscher Erbschaftsteuer von maximal 28,1 v.H.).
  3. Die auf das Kapitalvermögen entfallende und von dem Erwerber zu entrichtende britische Erbschaftsteuer kann nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, da das einschlägige Verbot des § 10 Abs. 8 ErbStG sich auch auf die vom Erben zu entrichtende ausländische Erbschaftsteuer bezieht.
  4. Bei der Ermittlung des Steuerermäßigungsbetrags nach § 27 Abs. 3 ErbStG ist die von dem Erben auf Grund einer strafbefreienden Erklärung als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers für dessen Erwerb von Todes wegen entrichtete Steuer zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der Steuerpflicht des Erblassers auf Grund des ErbStG ist es unerheblich, dass die Steuer letztlich auf der Grundlage des StraBEG erhoben worden ist.
  5. Die Qualifikation des zu entrichtenden Betrags als Einkommensteuer in § 10 Abs. 1 StraBEG hat ausschließlich Bedeutung für die Verteilung des Steueraufkommens.
  6. Ein Abzug der vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG kommt nur in Betracht, wenn diese bereits bei der Entstehung der Erbschaftsteuer eine wirtschaftliche Belastung darstellten. Daran fehlt es bei einer bewussten Verheimlichung des Sachverhalts durch den Erblasser und einer erst mehr als drei Monate nach dem Erbfall eingegangenen strafbefreienden Erklärung des Erben.
  7. Die Aussetzung des Klageverfahrens wegen eines noch nicht beschiedenen Antrags auf abweichende Festsetzung der Steuer aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind.
 

Normenkette

ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 5 Nrn. 1, 3 S. 1, Abs. 8, § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1, 3, § 30 Abs. 1; BewG § 121; StraBEG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 1, § 10 Abs. 1; GG Art. 106 Abs. 3; EG Art. 56; FGO § 74; AO § 163

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Stiefsohn der Erblasserin A, die mit B verheiratet war. B verstarb am…Juni 2001 und wurde hinsichtlich seines im Inland belegenen Vermögens von der Erblasserin beerbt. Die Erblasserin verstarb am…Juni 2002 und wurde bezüglich ihres beweglichen Vermögens vom Kläger beerbt. Zum Nachlass gehörte neben in Großbritannien belegenem Grundvermögen auch Kapitalvermögen in Großbritannien mit einem Wert von umgerechnet 319.918 EUR. Der Kläger entrichtete für sämtliche auf Großbritannien entfallenden Nachlassgegenstände eine von der britischen Finanzbehörde erhobene Erbschaftsteuer (inheritance tax) von umgerechnet 58.569 EUR.

Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 29. Juli 2003 gegen den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin wegen ihres Erwerbs von Todes wegen nach B 400,85 EUR Erbschaftsteuer fest. Dabei legte es einen Wert ihres Erwerbs von Todes wegen von 611.242 DM (312.523 EUR) zugrunde. Der Kläger gab als Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin beim Finanzamt am 30. Dezember 2004 eine strafbefreiende Erklärung nach dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (StraBEG) ab, mit der er u.a. bezüglich des Erwerbs der Erblasserin von Todes wegen nach B zum Nachlass gehörende Vermögensgegenstände mit einem Wert von insgesamt 888.264,06 EUR angab und hieraus Einnahmen i.S. des § 1 Abs. 5 StraBEG von 177.652,81 EUR ermittelte.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger für seinen Erwerb von Todes wegen mit Bescheid vom 21. August 2006 165.027 EUR Erbschaftsteuer fest. Dabei setzte es als Vermögensgegenstände u.a. das Kapitalvermögen in Großbritannien mit 319.918 EUR an und berücksichtigte als Nachlassverbindlichkeiten u.a. Steuerschulden der Erblasserin aus dem Erbfall nach B mit insgesamt 46.637 EUR, die der Kläger auf Grund der von ihm abgegebenen strafbefreienden Erklärung entrichtet hatte. Die von ihm entrichtete britische Erbschaftsteuer rechnete es lediglich in Höhe von 29.466 EUR an. Hierbei handelt es sich um den Anteil, der auf das in Großbritannien belegene Grundvermögen entfällt. Die Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) gewährte das beklagte Finanzamt nur in Höhe von 181 EUR (45 v.H. von 401 EUR).

Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch begehrte der Kläger die vollständige Anrechnung der von ihm entrichteten...

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