vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnrealisierung bei Bauingenieurleistungen - Vereinbarung eines fiktiven Abnahmezeitpunkts

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Abnahme der Werkleistung ist auch bei Bauingenieurleistungen als maßgeblicher Zeitpunkt für die Gewinnrealisierung durch Entstehung der Honorarforderung anzusehen.
  2. Die Festlegung der Voraussetzungen der Abnahme unterliegt der dispositiven Regelungsbefugnis der Vertragsparteien; sie können auf das Erfordernis einer ausdrücklichen oder konkludenten Abnahme verzichten und dieses durch eine Abnahmefiktion ersetzen.
  3. Vereinbaren die Parteien abweichend von der gesetzlichen Regelung, dass die Verjährung der Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche mit der Übergabe der baulichen Anlage an die nutzende Verwaltung beginnen soll, liegt darin zugleich die stillschweigende Vereinbarung eines fiktiven Abnahmezeitpunkts.
  4. Die Erbringung der letzten nach dem Vertrag auszuführenden Leistung, die Mitteilung der anrechenbaren Kosten, die Erstellung einer prüffähigen Honorarschlussrechnung oder die Fälligkeit der Forderung sind dagegen nicht Voraussetzung für eine steuerliche Aktivierung des Honoraranspruchs.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4; BGB §§ 133, 157, 631, 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 640 Abs. 1 S. 1; BGB a.F. § 638 Abs. 1 S. 2; HOAI § 8 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen VIII R 25/11)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Ingenieurgesellschaft für Bautechnik in der Rechtsform einer GmbH & Co KG. Im Streitjahr 2000 firmierte die Klägerin noch als KG. In den Veranlagungszeiträumen vor dem Streitjahr schloss die Klägerin Ingenieurverträge für verschiedene Bauprojekte ab, für die sie die „Planung” erstellen sollte. Unter anderem übernahm die Klägerin im Auftrag des Architekturbüros „F”, heute firmierend unter „F-GmbH” (künftig „F”), die „Planung” für den Umbau/Neubau des „C” („C”). In dem Ingenieurvertrag vom 4.9.1997 heißt es auszugsweise:

1. Gegenstand des Vertrages

Gegenstand des Vertrages sind Ingenieurleistungen für die Herrichtung der Gebäude (...) sowie Neubau (...) für das „C”.

2. Grundlagen des Vertrages

Grundlage des Vertrages ist der Generalplanungsvertrag zwischen der „öffentlichen Hand” und dem Auftraggeber vom 19.12.1996. Der Generalplanungsvertrag ist diesem Vertrag in Kopie beigefügt und wird Vertragsbestandteil.

3. Leistungen des Auftragnehmers

Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer zu den Bedingungen des Generalplanungsvertrages die in diesem Vertrag unter 1.2 Teilleistungen Nr. 3 ff. genannten Planungsleistungen für die „Planung”.

4. Vergütung

Die Vergütung erfolgt zu den Bedingungen im Generalplanungsvertrag. Der Generalplanerzuschlag von 5% der Fachplanerhonorare verbleibt beim Auftraggeber. Darüber hinaus erfolgt vereinbarungsgemäß ein vom Auftragnehmer zu tragender Anteil als Abzug von 1% des Fachplanerhonorars (netto, ohne Nebenkosten).

Im Generalplanungsvertrag zwischen „F” und der „öffentlichen Hand”, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise:

§ 1 Gegenstand des Vertrages

Gegenstand des Vertrages sind Generalplanerleistungen für die Baumaßnahme: Herrichtung der Gebäude „N-Straße 1/M-Straße 1” und „K-Straße 2” sowie Neubau „M-Straße 3” für das „C”.

1.1 Objekteinteilung

Objekte im Sinne von § 22 (1) und § 10 (1) HOAI sind im einzelnen (...):

1. Bauwerk 1

Außenstelle „C” (...), „...” (...), Umbau/Integrierung in Gesamtkomplex

1.1.2 Bauwerk 2

Außenstelle „C” (...), zukünftiger „...” „...”

1.1.3 Bauwerk 3

„...” (...), Umbau- und Modernisierung

1.1.4 Bauwerk 4

Neubau „M-Straße 3”

1.1.5 Sämtliche Freianlagen(...)

§ 3 Leistungsumfang des Generalplaners

(...)

3.7 Besondere Leistungen

3.7.3 „Planung”

Aus Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung (...)

Aus Leistungsphase 2-8 (Vorplanung, Objektüberwachung) (...)

Aus Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) (...)

Aus Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) (...)

Gemäß § 2.1 des Generalplanungsvertrags waren Vertragsbestandteil u.a. auch die Allgemeinen Vertragsbestimmungen zu den Verträgen für freiberuflich Tätige (AVB) in der seinerzeit gültigen Fassung (16. Austauschlieferung, Stand Februar 1995).

§ 9.4 der AVB sah folgende Regelung vor:

Die Ansprüche des Auftraggebers aus diesem Vertrag verjähren in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Erfüllung der letzten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens jedoch bei Übergabe der baulichen Anlage an die nutzende Verwaltung. Für Leistungen, die nach der Übergabe noch zu erbringen sind, beginnt die Verjährung mit der Erfüllung der letzten Leistung. Für Schadenersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung gelten die gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung.

Über das Projekt „C” hinaus hatte die Klägerin u.a. die „Planung” für folgende weitere Projekte übernommen:

Projektnummer

Ort

Projektbezeichnung

"1"

"E2-Stadt"

"Z1"

"2"

"C-Stadt"

"Z2"

"3"

"X-Stadt"

"Z3"

"4"

"C-Stadt"

"Z4"

"5"

"O-Stadt"

"Z5"

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