Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Berücksichtigung von rechtgrundlos erhaltenem und zurückgezahltem Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Rückzahlung rechtsgrundlos erhaltenen Arbeitslohns ist gemäß § 11 EStG im Rückzahlungsjahr und nicht im Jahr des Zuflusses der Einnahmen zu berücksichtigen; die Rückzahlung ist kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO .
  2. Für das Rechtsinstitut negativer Einnahmen anstelle der Berücksichtigung von Werbungskosten besteht weder eine steuersystematische Rechtfertigung noch eine sachliche Notwendigkeit.
  3. Eine Berücksichtigung der unterbliebenen Besteuerung zurückgezahlter steuerpflichtiger Beträge im Jahr des Zuflusses kommt im Rahmen der Auslegung des Werbungskostenbegriffes mangels Auswirkung auf die steuerliche Einordnung der Rückzahlung nicht in Betracht.
  4. Die unrichtige Behandlung der Einnahmen im Vorjahr steht auch nach Treu und Glauben der Berücksichtigung der Rückzahlung als Werbungskosten nicht entgegen.
 

Normenkette

EStG § 3c Abs. 1, §§ 8, 9 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.01.2009; Aktenzeichen VI R 12/06)

BFH (Urteil vom 29.01.2009; Aktenzeichen VI R 12/06)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zurückgezahlter Arbeitslohn als sog. negative Einnahmen bzw. als Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

Die verheirateten Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war von 1988 bis einschließlich Februar 1998 als Geschäftsführerin der „A"GmbH (fortan: GmbH) tätig. Der Bruttoarbeitslohn aus dieser Tätigkeit in den ersten drei Monaten des Jahres 1998 betrug 39.142 DM. Für die Monate März bis Dezember 1998 zahlte die GmbH der Klägerin weiterhin ein Gehalt i.H.v. insgesamt 118.000 DM, obgleich die Klägerin ab diesem Zeitraum wegen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit keinen weiteren Anspruch auf Gehaltszahlungen hatte.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Einkommensteuer 1998 zunächst mit Bescheid vom 22.02.2000 auf 61 DM fest. Das FA legte der Steuerfestsetzung Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von brutto 39.142 DM zu Grunde.

Mit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO - geändertem Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 10.04.2000 setzte das FA die Einkommensteuer auf 39.455 DM herauf. Zur Begründung führte es an, es seien Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von 157.142 DM zu berücksichtigen, da das Dienstverhältnis unverändert weiterbestanden habe. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2000, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben die Kläger beim Finanzgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 17 K 7732/00 E Klage. Sie machten geltend, das FA habe den Änderungsbescheid zu Unrecht auf die Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. Im Klageverfahren erließ das FA am 29.07.2000 einen erneut geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, in welchem der Steuerfestsetzung wiederum Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von 39.142 DM zu Grunde gelegt wurden. Die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte die Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen von 118.000 DM geltend. Zur Begründung wies sie darauf hin, sie habe im Jahre 1998 Gehaltszahlungen von 118.000 DM ohne Rechtsgrund erhalten. Der entsprechende Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers sei durch Zahlung am 23.03.1999 getilgt worden.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 18.12.2002 setzte das FA die Einkommensteuer für 1999 auf 0 DM fest. Bei der Festsetzung berücksichtigte es Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit von brutto 4.302 DM. Der Steuerbescheid weist einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 22.519 DM aus.

Mit Schreiben vom 20.12.2002 beantragten die Kläger die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrages nach § 10 d Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - auf den 31.12.1999 von 47.796 €. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer sei die Gehaltsrückzahlung von 118.000 DM zu Unrecht nicht steuermindernd berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 11.03.2003 wies das FA den Antrag auf gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs ab. Es vertrat die Auffassung, die Rückzahlung der zuviel gezahlten Gehälter sei steuerrechtlich nicht zu berücksichtigten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Beschluss vom 04.08.1999 VIII B 51/98, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2000, 204) könne die Rückzahlung von Arbeitslohn nur dann als negative Einnahmen berücksichtigt werden, wenn solche Einnahmen zurückgezahlt würden, die in einem früheren Veranlagungszeitraum versteuert worden seien. Da das in 1998 erhaltene strittige Gehalt nicht versteuert worden sei, könne dessen Rückzahlung steuerlich nicht berücksichtigt werden.

Im Einspruc...

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