vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kehrbezirk eines Schornsteinfegers als großräumige Betriebsstätte und Tätigkeitsmittelpunkt - Abzugsbeschränkung für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Kehrbezirk eines selbständigen Schornsteinfegers kann nicht als großräumige regelmäßige Betriebsstätte i.S. der Fahrtkosten-Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG oder als ein den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung ausschließender Tätigkeitsmittelpunkt i.S.d. § 4 Nr. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG beurteilt werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nrn. 5-6, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

2009

 

Tatbestand

Der Kläger ist als Bezirksschornsteinfeger selbständig tätig. Sein Kehrbezirk in Z-Stadt erstreckt sich in Richtung Westen und Osten über ca. 4 km und in Richtung Norden und Süden über ca. 3 km, insgesamt ca. 12 qkm.

Er erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn von 80.494 EUR, den der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 10.2.2011 sowie bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags berücksichtigte.

Gegen die Bescheide legte der Kläger Einspruch ein. Er trug vor, im Gewinn seien unentgeltliche Wertabgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 1.469 EUR enthalten. Laut der Rechtsprechung des BFH (VI R 22/04, VI R 21/07, VI R 61/06, VI R 21/08 und VI R 20/09) sei der Kehrbezirk eines Schornsteinfegers keine regelmäßige Arbeitsstätte bzw. stelle keinen regelmäßigen Tätigkeitsmittelpunkt dar. Die betriebliche Einrichtung eines Kunden begründe keine regelmäßige Arbeitsstätte. Auch sei der Kehrbezirk keine ortsfeste betriebliche Einrichtung, die mit einem Betriebssitz vergleichbar sei. Der Kläger reichte eine korrigierte Bilanz ein und erklärte einen Gewinn von 70.419,16 EUR. Weiterhin machte er nachträglich Verpflegungsmehraufwendungen von 690 EUR (115 Arbeitstage Abwesenheit über 8 Stunden) geltend. Der Gewinn wurde auf 70.050,16 EUR korrigiert.

Der Beklagte führte aus, die Urteile VI R 21/07 und VI R 21/08 seien nicht einschlägig. Vorliegend sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige in einem weiträumig zusammenhängenden Arbeitsgebiet tätig sei. Am 23.2.2012 wies der Beklagte die Einsprüche zurück. Er führte aus, nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 und 6 EStG dürften grundsätzlich weder Mehraufwendungen für Verpflegung noch Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn mindern. Unter Betriebsstätte sei die Beschäftigungsstätte zu verstehen, an der oder von der aus die gewerblichen Leistungen erbracht würden. Auch der Kehrbezirk eines selbständigen Schornsteinfegers könne eine Betriebsstätte darstellen. Der Kehrbezirk des Klägers umfasse ein größeres räumliches Gebiet mit einem Durchmesser von ca. 12 km. Es handle sich um einen feststehenden Einsatzbereich.

Hiergegen richten sich die Klagen.

Die Kläger tragen vor:

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH sei der Betriebssitz eines Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer aufsuche, ohne dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, nicht die regelmäßige Arbeitsstätte. Ein Arbeitnehmer könne nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben. Er übe eine Auswärtstätigkeit aus, wenn keine der Tätigkeitsstätten eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den anderen habe. Eine Tätigkeitsstätte beim Kunden des Arbeitgebers sei keine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers. Ein weiträumiges Arbeitsgebiet ohne jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sei keine regelmäßige Arbeitsstätte. Der Kläger habe sein Büro im Wohnhaus in Y-Stadt und sein Lager dort in einer separaten Garage. Im Kehrbezirk in Z-Stadt habe er weder Büro noch Lager, auch keine bei Beschäftigung eines Mitarbeiters erforderlichen sozialen Einrichtungen. Für den Kläger als Arbeitgeber sei fraglich, ob es sich bei seinem Kehrbezirk um eine Betriebsstätte handle oder ob nicht das Büro und Lager im Wohnhaus die Betriebsstätte darstellten oder ob keine Betriebsstätte vorhanden sei. Die für Arbeitnehmer ergangene Rechtsprechung müsse aus Gleichbehandlungsgründen auch für die Beurteilung des Vorliegens einer Betriebsstätte des Arbeitgebers gelten. Ein größeres weiträumiges Gebiet könne nach der Rechtsprechung nur regelmäßige Arbeitsstätte sein, wenn die Einsatzstellen aneinander grenzten und in unmittelbarer Nähe zueinander lägen. Davon könne hier bei einer Fläche von 12 qkm nicht ausgegangen werden. Ein Stadtbereich könne nicht als sog. großräumige Arbeitsstätte anzusehen sein. Der Schornsteinfeger könne auch nicht einfach ein Haus nach dem anderen in seinem Bezirk abarbeiten; er müsse oft die Häuser mehrfach anfahren, um alle Bewohner zu erreichen. Zudem habe beim Beruf des Schornsteinfegers die Verwaltungstätigkeit erheblich zugenommen, sie mache ca. die Hälfte der Arbeitszeit aus.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid 2009

unter Berücksichtigung eines gewerblichen Gewinns von 70.050 EUR zu ändern.

Der Be...

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