vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung der Nachzahlung des festgesetzten Kindergeldes gemäß § 66 Abs. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG, nach der das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats des Antragseingangs gezahlt wird, ist dem Festsetzungsverfahren und nicht dem Erhebungsverfahren zuzuordnen.
  2. § 66 Abs. 3 EStG bildet keine Grundlage dafür, einem Kindergeldberechtigten die Zahlung bestandskräftig festgesetzter Kindergeldansprüche zu verweigern (entgegen Abschnitt V 22.2 DA-KG).
 

Normenkette

EStG i.d.F. des StUmgBG v. 23.06.2017 § 52 Abs. 49a S. 8; EStG i.d.F. des StUmgBG v. 23.06.2017 § 66 Abs. 3; EStG i.d.F. des StUmgBG v. 23.06.2017 § 70 Abs. 1; EStG i.d.F. des Gesetzes v. 11.07.2019 § 52 Abs. 50; EStG i.d.F. des Gesetzes v. 11.07.2019 § 70 Abs. 1 S. 2; AO § 169

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte die Auszahlung des für den Streitzeitraum von Januar 2014 bis einschließlich August 2017 festgesetzten Kindergeldes für die am 28.02.1994 geborene Tochter B sowie die Auszahlung des für den Streitzeitraum von März 2015 bis einschließlich August 2017 festgesetzten Kindergeldes für den am 13.09.1996 geborenen Sohn C aufgrund der Regelung in § 66 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu Recht abgelehnt hat.

Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und lebt in Z-Stadt. Am 02.03.2018 beantragte sie bei der Beklagten rückwirkend die Bewilligung von Kindergeld für ihre Tochter B und ihren Sohn C.

Mit Bescheiden vom 23.05.2018 setzte die Beklagte antragsgemäß ab Januar 2014 Kindergeld für das Kind B sowie ab August 2015 Kindergeld für das Kind C in gesetzlicher Höhe fest, versagte jedoch jeweils unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 66 Abs. 3 EStG die Auszahlung des Kindergeldes für die Anspruchszeiträume vor November 2017.

Hiergegen legte die Klägerin am 22.06.2018 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Sohn C sich bereits ab Januar 2015 um einen Studienplatz für Elektrotechnik und Maschinenbau bemüht und studienvorbereitend ab März 2015 ein in der Studienordnung vorgeschriebenes Praktikum absolviert habe. Kindergeld sei für den Sohn C daher ab Januar 2015 festzusetzen. Darüber hinaus sei die durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz erstmals eingefügte Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG verfassungswidrig, soweit sie die Auszahlung rechtskräftig festgestellter Kindergeldansprüche nur beschränkt auf einen Zeitraum von lediglich sechs Monaten vorsehe. § 66 Abs. 3 EStG stelle eine unzulässige Umgehung der Verjährungsfristen dar. Unabhängig hiervon sei das für die Tochter B festgesetzte Kindergeld ab Januar 2014 und das für den Sohn C festgesetzte Kindergeld ab August 2015 auszuzahlen, weil die Bescheide, mit denen das Kindergeld von der Beklagten bewilligt und festgesetzt wurde, rechtskräftig seien. Rechtskräftig festgestellte Kindergeldansprüche seien von der Beklagten auszuzahlen.

Mit Änderungsbescheid vom 04.09.2018 erweiterte die Beklagte die Nachzahlung des Kindergeldes für das Kind B auf September und Oktober 2017. Mit Änderungsbescheid vom 01.10.2018 setzte die Beklagte Kindergeld für den Sohn C auch für die Zeit ab März 2015 fest und erweiterte die Nachzahlung des Kindergeldes für C auf die Monate September und Oktober 2017. Im Übrigen wies die Beklagte die Einsprüche vom 22.06.2018 mit Einspruchsentscheidungen vom 02.10.2018 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass auf Grund der gesetzlichen Neuregelung des § 66 Abs. 3 EStG eine Nachzahlung über den Sechs-Monats-Zeitraum des § 66 Abs. 3 EStG hinaus und damit für die Zeit vor September 2017 nicht gewährt werden könne.

Am 31.10.2018 hat die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidungen vom 02.10.2018 Klage erhoben. Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren und führt ergänzend aus, dass erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 66 Abs. 3 EStG bestünden. Unabhängig hiervon sei nach der Festsetzung der berechtigten Kindergeldansprüche nach allgemeinen verwaltungsverfahrensmäßigen Grundsätzen davon auszugehen, dass diese auch zur Auszahlung gelangen müssten. Wäre die Beklagte der Auffassung gewesen, dass wegen der Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG eine Auszahlung von Kindergeld für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vor der Antragstellung nicht in Betracht zu ziehen sei, hätte sie das Kindergeld für den darüber hinausgehenden Zeitraum nicht festsetzen dürfen. Die gleichwohl erfolgte Festsetzung sei in Rechtskraft erwachsen und führe zu einem unmittelbaren Auszahlungsanspruch.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 23.05.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2018 und in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2018 zu verpflichten, an sie für deren Kind B für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.08.2017 das staatliche Kindergeld in Höhe eines Gesamtbetrages von 8.2...

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