vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht für Anteilsveräußerungsgewinn und Gewinnausschüttung nach DBA-Jugoslawien

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Art. 8 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 3 des (für Bosnien-Herzegowina fortgeltenden) DBA-Jugoslawien, die das Besteuerungsrecht Jugoslawiens für Gewinnausschüttungen einer dort ansässigen Organisation der Vereinten Arbeit und Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer solchen Organisation regeln, umfassen alle steuerpflichtigen juristischen Personen, die nach der Reform des jugoslawischen Gesellschaftsrechts im Jahr 1988 in Übereinstimmung mit dessen Vorgaben bzw. dem Gesellschaftsrecht der Nachfolgestaaten errichtet worden sind.
  2. Die hieraus folgende Freistellung von dem Besteuerungsrecht Bosnien-Herzegowinas unterliegender Einkünfte von der deutschen Besteuerung kann nicht nach § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG versagt werden, wenn allein nach dem nationalen Recht Bosnien-Herzegowinas auf deren Besteuerung verzichtet wird.
 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1, § 3 Nr. 40 Buchst. c, § 3c Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 50d Abs. 9; DBA Jugoslawien Art. 3 Abs. 1 Buchst. d Ziff. i), Abs. 2, Art. 8 Abs. 1, Art. 14 Abs. 3, 5, Art. 24 Abs. 1 Buchst. A; OECD-MA Art. 3 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2009, 2012

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.07.2021; Aktenzeichen I R 63/17)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für einen Anteilsveräußerungsgewinn und eine Gewinnausschüttung, die im Zusammenhang mit Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz in Bosnien und Herzegowina – BIH – angefallen sind, nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland – BRD – und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien – SFRJ – zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 26. März 1987 – DBA-Jugoslawien – (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 1988, 744), dessen unveränderte Fortgeltung die BRD und BIH am 13. November 1992 (BGBl II 1992, 1196) vereinbart haben, ein deutsches Besteuerungsrecht besteht.

Die in der BRD wohnhaften Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2009 und 2012 zudem Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte.

Am 26. Juli 1991 gründete der Kläger auf der Grundlage des damaligen jugoslawischen Gesetzes über Unternehmen vom 29. Dezember 1988 die Gesellschaft A mit Sitz in Jugoslawien. Die Gesellschaft wurde mit Beschluss des Gerichts der Vereinten Arbeit vom 5. August 1991 in das Gerichtsregister eingetragen. Mit Gesellschafterbeschluss vom 25. November 1995 wurde die Gesellschaft an das Unternehmensgesetz der Föderation von BIH vom 11. Februar 1995 angepasst. Es erfolgte eine Umbenennung. Auf der Grundlage des Gesetzes über Wirtschaftsgesellschaften vom 12. Juni 1999 erfolgte per Gesellschafterbeschluss vom 25. Dezember 1999 eine erneute Satzungsänderung.

Am 20. Mai 1995 gründete der Kläger zudem auf der Grundlage des Unternehmensgesetzes der Föderation von BIH vom 11. Februar 1995 eine weitere Gesellschaft B. Am 4. Mai 2000 passte der Kläger die Satzung der Gesellschaft an die neuen gesetzlichen Regelungen in BIH (Gesetz über Wirtschaftsgesellschaften der Föderation BIH vom 12. Juni 1999) an.

Am 25. Mai 2009 veräußerte der Kläger seine Anteile an der B an die A”. Der Veräußerungsgewinn betrug – unstreitig – 73.093,27 € (Veräußerungserlös: 74.115,85 €, Anschaffungskosten: 511,29 €). Eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns in BIH erfolgte nicht.

Am 19. September 2012 beschloss die Gesellschafterversammlung der A eine Ausschüttung des „akkumulierten und nicht zugewiesenen Gewinns aus vergangenen Jahren” i. H. v. insgesamt 4.090.335,05 €. Davon entfielen 70 % (2.863.234,00 €) auf den Kläger, der zwischenzeitlich eine Beteiligung von 30 % schenkweise auf seinen Bruder übertragen hatte. Eine (Quellen-) Besteuerung nahm die zuständige Finanzbehörde in BIH nicht vor.

Die Kläger wurden mit Bescheiden vom 15. August 2011 bzw. 7. Februar 2014 hinsichtlich der hier streitigen Punkte erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2009 und 2012 veranlagt. Darin wurde der Gewinn aus der Anteilsveräußerung nicht der Besteuerung unterworfen, sondern – mit einem Betrag von 44.162 € – allein im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt (2009). Entsprechendes gilt für die Gewinnausschüttung i. H. v. 2.863.234 € (2012). Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nachdem das beklagte Finanzamt bei den Klägern angefragt hatte, ob die vorgenannten Einkünfte in BIH besteuert worden seien und die Kläger dies verneint hatten, erließ der Beklagte am 8. Dezember 2014 nach § 164 Abs. 2 der AbgabenordnungAO – geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Im Bescheid für 2009 erfasste er einen gewerblichen Veräußerungsgewinn i. H. v. 43.856 € (60 % von 73.093,27 €). Der Nachprüfungsvorbehalt wurde...

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